Wlan in Gymnasien:Das Leben und die Schule

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Die Stadt München darf sich im Fach Digitalisierung gerade jetzt keine Schlampigkeitsfehler erlauben.

Kommentar von Benjamin Stolz

Satte 167 Millionen Euro kostet die Renovierung des Oskar-von-Miller- und des angrenzenden Maximiliansgymnasiums in Schwabing. Die Generalsanierung verspricht im Schulhof versenkte Turnhallen, neue Belüftungs- und Lichtanlagen sowie ein frisch überholtes Stüberl im 48 Meter hohen Schulturm. Jetzt haben sich die Direktoren der Schulen zu Wort gemeldet, dass es dort womöglich noch weit über den Schulstart hinaus im neuen Gebäude hinaus kein Wlan geben soll. Die Stadt kommentiert dies gegenüber der SZ kryptisch, gegenüber den Schulleitern erst gar nicht.

"Non vitae sed scholae discimus": Es war Seneca, der mit diesem berühmten Satz beklagte, dass Alltag und Schule oft schmerzlich wenig miteinander zu tun haben. Mit einer fragwürdigen Vorgehensweise im "Oskar" und "Max" schafft es die Stadtverwaltung, diese Sphären wieder zu vereinigen, denn es ist kein Geheimnis: Digitalisierung läuft in Deutschland weder in der Schule noch im Arbeitsleben rund. In einem Ranking der jüngsten Pisa-Studie aus dem Jahr 2018 dümpelte die Bundesrepublik in puncto digitale Ausstattung auf den letzten Plätzen der OECD-Länder. In einer jüngeren Studie des European Center for Digital Competitiveness belegt Deutschland auf einer Rangliste der digitalen Wettbewerbsfähigkeit unter den G7- und G20-Ländern jeweils einen der letzten Plätze. Schlechter läuft es nur in Japan und Indien.

Gerade in Zeiten von Homeschooling und hybridem Unterricht muss sich das Lehrpersonal auf eine angemessene technische Ausstattung verlassen können. Diese Prämisse haben sich Freistaat und Stadt mit tönenden Digitalisierungskampagnen selbst auferlegt. Ja, wir leben in den Zwanzigern des 21. Jahrhunderts und 92 Prozent der deutschen Haushalte besaßen im vergangenen Jahr einen Internetzugang. Dennoch gibt es nicht wenige Schülerinnen und Schüler, denen das Internet - laut Bundesgerichtshof seit fast zehn Jahren ein Grundrecht - immer noch verwehrt ist. Eine noch so teuer sanierte Schule ohne eine basale digitale Infrastruktur würde sich ins Zeitalter von miefenden Tafelschwämmen und Overheadprojektoren zurück katapultieren. Die Stadt München darf sich im Fach Digitalisierung gerade jetzt keine Schlampigkeitsfehler erlauben und muss zeigen, dass sie im Interesse aller Schülerinnen und Schüler handelt.

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