Mittlerer Ring:München muss Diesel-Fahrverbot wohl doch verschärfen

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Auf dem Mittleren Ring staut es sich fast täglich. (Foto: Wolfgang Maria Weber/IMAGO)

Die Stadt verliert den Streit um die Fortschreibung des Luftreinhalteplans. Euro-5-Diesel-Fahrverbote auf dem Mittleren Ring werden nun wahrscheinlicher.

Von Andreas Schubert

Das Dieselfahrverbot in München muss voraussichtlich doch verschärft werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat eine Nichtzulassungsbeschwerde der Stadt abgewiesen. Mit dieser wollte die Stadt eine Revision des Diesel-Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) erreichen.

Der hatte am 21. März dieses Jahres die Stadt dazu verdonnert, den Grenzwert für Stickstoffdioxid (NO₂) am Mittleren Ring einzuhalten und ausdrücklich ein neues Fahrverbot gefordert, das im Sinne des Luftreinhalteplans ein Gesundheitsgebot sein soll. Dieses Urteil haben die Leipziger Richter nun ausdrücklich bestätigt.

Das verschärfte Fahrverbot, von dem auch Dieselfahrzeuge der Schadstoffnorm Euro 5 betroffen sind, schien Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sowie den Fraktionen von SPD/Volt und CSU/Freie Wähler unverhältnismäßig. Mit einer knappen Mehrheit drückten sie im April im Stadtrat statt des Fahrverbots ein Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde auf dem betroffenen Abschnitt des Rings durch. Gleichzeitig beschlossen die Stadträte, besagte Nichtzulassungsbeschwerde einzureichen. Bis zur Entscheidung in Leipzig war das Urteil des BayVGH noch nicht rechtskräftig.

Mit der neuen Entscheidung hat die Stadt den jahrelangen Rechtsstreit um die Luftreinhaltung verloren. Geklagt hatten die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Verkehrsclub Deutschland (VCD). OB Reiter teilte am Mittwoch mit: „Natürlich werden wir das jetzt rechtskräftige Urteil akzeptieren. Ich habe mein Fachreferat deshalb gebeten, das weitere Vorgehen zu prüfen und dem Stadtrat zur Entscheidung vorzulegen.“

Reiter ließ es sich trotz des neuen Gerichtsurteils nicht nehmen, das Tempolimit als Erfolg darzustellen. „Die Grenzwerte wurden seit Einführung von Tempo 30 im Juni hier durchwegs eingehalten“, sagte der OB. „Auch wenn grundsätzlich der Jahresmittelwert gilt, ist das ein Hinweis, dass das Tempolimit auf der Landshuter Allee zu einer Verbesserung der Luftwerte geführt hat.“

Seitdem Tempo 30 gilt, ist die Belastung gesunken

Seit Juni gilt zwischen der Dachauer Straße (Parkharfe Olympiapark) und der Arnulfstraße (Donnersbergerbrücke) Tempo 30. Binnen eines Jahres soll sich dann erweisen, ob der NO₂-Grenzwert im Durchschnitt eingehalten wird. Der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm NO₂ pro Kubikmeter Luft. Vorher wurden an der Landshuter Allee durchschnittlich 45 Mikrogramm gemessen, seitdem Tempo 30 gilt, ist die Belastung von Juni bis September auf knapp unter den Grenzwert gesunken – ein Wert, der wegen der kurzen Zeitspanne von nur vier Monaten lediglich begrenzte Aussagekraft hat. Einzusehen sind die Monatswerte auf der Homepage des Landesamts für Umwelt.

Für die Fraktionen Linke/Die Partei und ÖDP/München Liste im Stadtrat zählen solche Zahlenspiele nicht. Sie sind für eine möglichst rasche Einführung des Fahrverbots. „Es ist endlich an der Zeit, dass die Stadt München ihrer Verantwortung nachkommt und die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger schützt“, teilte ÖDP-Fraktionschef Tobias Ruff mit.

Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, kommentierte, das Bundesverwaltungsgericht habe endgültig klargestellt, dass die Stadt München die gerichtlichen Vorgaben ignoriere und die Gesundheit ihrer Bürgerinnen und Bürger gefährde. „Der Versuch, mit Tempo 30 die Einführung der notwendigen Diesel-Fahrverbote zu umgehen, war rechtswidrig“, so Resch.

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Kommt ein zonales oder streckenbezogenes Fahrverbot?

Zuständig für den Luftreinhalteplan ist das Umweltreferat. Dessen Chefin Christine Kugler hatte sich schon nach dem Urteil im März für ein Fahrverbot ausgesprochen. Wie lange es nun dauert, bis ein solches kommt und wie es umgesetzt wird, ist offen. Davor muss noch geklärt werden, ob die Stadt lieber ein zonales Fahrverbot einführen will, das in der gesamten Umweltzone inklusive des Mittleren Rings gelten würde, oder ein streckenbezogenes. Für Letzteres müsste der Luftreinhalteplan neu aufgestellt und eine Öffentlichkeitsbeteiligung veranstaltet werden. Das kann Monate dauern, weshalb sich der BayVGH seinerzeit für ein zonales Fahrverbot ausgesprochen hatte.

Sebastian Schall, umweltpolitischer Sprecher der CSU/FW-Fraktion, sagte, man werde nun abwarten, welchen Entscheidungsvorschlag man fachlich und rechtlich bekomme. Fest stehe, dass Münchens Luft seit Jahren immer sauberer werde. „Selbst minimale Überschreitungen an nur einem Punkt im Stadtgebiet rechtfertigen kein flächendeckendes Fahrverbot“, so Schall.

SPD-Fraktionsvorsitzende Anne Hübner erklärte, die genauen Folgen des Urteils seien noch nicht klar. „Wir fänden es auf jeden Fall sehr ärgerlich, wenn es jetzt zwangsläufig zu weiteren Fahrverboten käme, obwohl die Messwerte an der Landshuter Allee seit Einführung von Tempo 30 konstant unter dem Grenzwert von 40 Mikrogramm liegen.“ 

Und selbst die Grünen zeigten sich zurückhaltend. Fraktionsvorsitzende Mona Fuchs sagte, man nehme Gerichtsentscheidungen immer ernst. „Was die jetzige Situation angeht, ist allerdings noch vieles im Unklaren, da noch keine witterungsbereinigten Werte vorliegen“, so Fuchs. „Wir warten also ab, was die Verwaltung nach juristischer Beratung vorschlägt.“

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