Fahrverbot in München:"Ein Spieler des FC Bayern wird wohl eher nicht mit einem alten Diesel fahren"

Fahrverbot in München: Zeigt sich skeptisch angesichts der politischen Festsetzungen zum Umgang mit Diesel- und Elektro-Autos: Ferdinand Dudenhöffer.

Zeigt sich skeptisch angesichts der politischen Festsetzungen zum Umgang mit Diesel- und Elektro-Autos: Ferdinand Dudenhöffer.

(Foto: Jan Schürmann/CAR)

Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer sieht als Leidtragende des Fahrverbots Taxifahrer und diejenigen, die sich kein neues Auto leisten können. Für Besitzer alter Wagen hat er einen Tipp.

Interview von Andreas Schubert

Die durchschnittliche Lebensdauer eines Autos liegt bei etwa zehn Jahren. Viele Modelle sind aber 15 Jahre oder noch länger im Einsatz, weil sie nicht so häufig bewegt werden. Viele Dieselfahrer, deren altes Auto noch funktioniert, beschweren sich, dass sie wegen des Fahrverbots in München nicht mehr in die Stadt fahren dürfen. Was soll man nun mit einem acht oder zehn Jahre alten Auto anfangen?

Ferdinand Dudenhöffer, 71, ist überzeugt, dass es immer noch Abnehmer für die gebrauchten Wagen gibt und man sie deshalb nicht gleich verschrotten muss. Der Wirtschaftswissenschaftler wird in den Medien gerne als "Autopapst" bezeichnet. Er hat lange Zeit als Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Automobilwirtschaft gelehrt und ist Gründer und Direktor des Car-Center Automotive Research in Duisburg, eines privatwirtschaftlichen Forschungsinstituts zu Fragen der Mobilität.

SZ: Halten Sie ein Diesel-Fahrverbot in München für sinnvoll?

Ferdinand Dudenhöffer: Der Diesel ist eigentlich ein Auslaufmodell. Die Zulassungszahlen gehen immer stärker zurück, vergangenes Jahr um etwa zehn Prozent. Da stellt sich die Frage: Soll man weiter gegen den Diesel kämpfen wie Don Quijote gegen die Windmühlen? Oder soll man es einfach auslaufen lassen?

Und, was sollte man?

Es gäbe durchaus andere Möglichkeiten, die Schadstoff-Grenzwerte zu unterschreiten, als mit Fahrverboten. In Bochum zum Beispiel hat man mit Tempo 30 gute Erfahrungen gemacht. Man könnte auch die Leute irgendwie dabei unterstützen, ihre alten Diesel zu verkaufen, und finanzielle Anreize schaffen, etwa für saubere Leasing- oder Leihautos. Die Leidtragenden eines Fahrverbots sind doch neben den Taxifahrern all die armen Teufel, die sich kein neues Auto leisten können. Ein Spieler des FC Bayern wird wohl eher nicht mit einem alten Diesel durch die Gegend fahren.

Das Fahrverbot hat die Stadt als Kompromiss mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) ausgehandelt, um die Grenzwerte endlich einzuhalten und die gerichtliche Auseinandersetzung zu beenden. Jetzt droht die DUH mit einer neuen Klage, wenn die Vereinbarung nicht eingehalten wird.

Das ist wieder ein super Marketing-Thema für die Deutsche Umwelthilfe. Das sind richtige Klage-Hansel. Mal gewinnen sie, mal verlieren sie - und wenn sie gewinnen, dann bekommen sie auch mehr Mitglieder.

Viele Dieselfahrer beklagen, dass ihr Auto nun viel an Wert verliert, manche reden gar von "Enteignung". Zu Recht?

Sicher verlieren bei Fahrverboten die alten Diesel an Wert. "Enteignung" ist jetzt aber wirklich zu hoch gegriffen. Der Markt für Diesel besteht nicht nur aus München, sondern auch aus Deggendorf, Hof oder Passau. Auf dem Land ist der Diesel unschädlich, und die Menschen freuen sich über Schnäppchen.

Dieses Jahr ist die Umweltprämie für E-Autos gesunken, für Hybride ist sie ganz entfallen. Was hat das für Folgen? Kaufen die Leute künftig weniger E-Autos?

Absolut. Völlig unverständlich, dass ausgerechnet der "kluge" grüne Wirtschaftsminister Habeck das Elektroauto in Deutschland ausbremst. Das ist schon sehr, sehr traurig.

Kann die Autoindustrie von einem Diesel-Fahrverbot profitieren, weil sich nun viele einen neuen Wagen anschaffen?

Das ist für die Autobauer kaum spürbar. Ob in München 1000 Diesel pro Jahr mehr oder weniger verkauft werden, ist für die Autoindustrie so wichtig wie der bekannte Sack Reis, der in China umfällt. Für die Autobauer zählen China und die USA. Dort ist der Markt, Deutschland als Automarkt hat geringe Bedeutung.

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