München:Die Ein-Buch-Messe

Menschen in Moosach und darüber hinaus werden in den kommenden Wochen den Roman "Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer" des Schweizer Autors Alex Capus lesen. Dazu treffen sie sich in Zügen, Kirchen, Wartezimmern oder setzen sich auf ihre Fahrräder

Von Anita Naujokat

Als die Anfrage kam, war Alex Capus nicht allzu überrascht. Lesereihen wie "Ein Buch für Moosach" seien so ungewöhnlich nicht und fänden sich im deutschsprachigen Raum unter anderen Titeln an vielen Orten, sagt er. Wo allerdings Moosach sein soll, davon habe er keine Ahnung, räumt er freimütig ein.

Keine Ahnung haben dürfte auch so mancher Moosacher davon, wer dieser Alex Capus ist. Dabei wird der Schweizer Schriftsteller mit französischen Wurzeln von kommendem Montag 23. April, an die nächsten vier Wochen nicht nur in Moosach in vieler Munde sein. Capus' 2013 erschienenes Buch "Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer" steht im Fokus von 13 gesellschaftlichen und kulturellen Veranstaltungen der Reihe "Ein Buch für Moosach". In dem Roman erzählt Capus von drei Helden wider Willen: von dem Pazifisten Felix Bloch, der nach 1933 in den USA beim Bau der Atombombe hilft. Von Laura D'Oriano, die Sängerin werden will und als alliierte Spionin in Italien endet. Und von Emile Gilliéron, der mit Schliemann nach Troja reist und zum größten Kunstfälscher aller Zeiten wird. Nur einmal könnten sich die drei begegnet sein: im November 1924 am Hauptbahnhof Zürich. Doch ihre Wege bleiben auf eigentümliche Weise miteinander verbunden.

Anders als bei der ersten Veranstaltung vor zwei Jahren um den Jugendroman "Wunder" der New Yorker Autorin Raquel J. Palacio wird der Schöpfer des Werks nicht nur per Videokonferenz zugeschaltet, sondern zu einer Lesung und einem Literatur-Frühstück selbst anwesend sein. Und dieses Mal gehen die Initiatoren Vera Kahl, Inhaberin der Moosacher Buchhandlung "blattgold", und ihr Lebensgefährte Georg Mang auch weit über die Grenzen des Stadtbezirks hinaus: Mit dem Kulturverein "Die Linie 1" begibt man sich per Fahrrad auf "Book-Tour" von Bücherschrank zu Bücherschrank von Pasing bis nach Bogenhausen, wo einzelne Episoden des Buches gelesen werden. Und: Regensburg liest zeitgleich das gleiche Buch mit.

Anders als im Roman werden sich die (Lese-)Helden beider Städte auch tatsächlich am Kreuzungspunkt zweier Züge begegnen: Je ein Team aus München und Regensburg fahren sich aus "Alex" (Capus') Werk im "Alex" lesend entgegen und treffen sich um 15.08 Uhr in Freising, um gemeinsam im Literaturwaggon lesend nach Regensburg zu fahren.

Filmisch umgesetzt wird das Thema mit drei Filmklassikern passend zu den drei Protagonisten in Capus' Roman: mit Audrey Hepburn als Tochter eines begnadeten Kunstfälschers, Greta Garbo als betörende Tänzerin und berüchtigte Spionin während des Ersten Weltkriegs und Paul Newman als Hauptfigur des "Manhattan-Projekts", bei dem Oppenheimer die Atombombe in der Wüste New Mexicos entwickelte. Zu letzterem Thema wird der weltweit anerkannte Experte für Fernwaffen Robert H. Schmucker über die atomare Bedrohung in der Welt ein Referat halten, Untertitel "Kim Jong-un, Trump, Putin und?".

Zu all dem sind bis 18. Mai noch eine Schreibwerkstatt, ein Malwettbewerb, Ausstellungen und Liveacts geboten. Erstmals wird es auch eine Nachlese vom 8. bis 15. Juli geben, bei der jeder überall im ganzen Viertel auf Plätzen, in Passagen, auf Bänken, in Vereinen, Kirchen, Läden, Wartezimmern, in Gärten, auf Balkonen oder in Wohnzimmern lesen und mit anderen ins Gespräch kommen kann. Eine Aktion, die von den Vorleserinnen und Vorlesern lebt. Welches Buch es sein würde, habe sich erst Anfang des Jahres entschieden, sagt Vera Kahl. Die Regensburger und Moosacher hatten sich mit jeweils einer Titelliste getroffen, doch die Oberpfälzer hätten sich schon so gut wie entschieden gehabt für Capus. "Für uns war das auf jeden Fall auch eine Option, weil er einfach großartig ist", so Vera Kahl.

Auch wenn ihm Moosach noch nichts sagt, freue er sich auf seinen dortigen Auftritt, sagt Capus. Nachdem er seinen neuesten Roman "Königskinder" - eine doppelte Liebesgeschichte" - fertig geschrieben habe, habe er jetzt richtig Zeit dafür, sagt der Vater von fünf Söhnen. "Ich freue mich immer auf Begegnungen mit Menschen, denn das Schreiben ist ein einsames Geschäft", sagt er. Und er lerne auch gerne seine Leser kennen. Zuvor werde er sich aber noch eingehend erinnern müssen, worum es "im Fälscher" geht, schließlich sei es schon eine ganze Weile her, dass er dieses Buch geschrieben habe. Nach seiner Diktion spricht sich sein Nachname im Übrigen aus "wie Albert Camus, nur eben mit ,p' statt ,m'".

Zum Auftakt wird an diesem Montag, 23. April, 20 Uhr, Vera Kahl in Harry's Home Hotel am Bunzlauer Platz 9 das Buch vorstellen. Auch beginnt die Anmeldefrist für etliche Veranstaltungen (Programm unter www.ein-buch-fuer-moosach.de, auf das Icon EBfM 2018 und auf Termine klicken).

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