München:Deutsches Museum erhält als erstes Haus weltweit Googles Quantenprozessor

Eine Weltsensation - zumindest für Computerspezialisten - auf zwei Mal zweieinhalb Zentimetern: der Quantenprozessor Sycamore.

Eine Weltsensation - zumindest für Computerspezialisten - auf zwei Mal zweieinhalb Zentimetern: der Quantenprozessor Sycamore.

(Foto: Robert Haas)

Der Prozessor ist ein weltweit begehrtes Ausstellungsstück, es wurden weniger als zehn Exemplare davon hergestellt. Was das kleine Stück Technik so besonders macht.

Von Helmut Martin-Jung

Die Revolution misst zwei Mal zweieinhalb Zentimeter. Sie besteht aus Aluminium, das auf ein Stück Silizium aufgebracht wurde. Das kleine Ding hat vor knapp zwei Jahren einen ziemlichen Wirbel verursacht. Es konnte eine knifflige Rechenaufgabe in gut drei Minuten lösen, für die ein Supercomputer Tausende von Jahren gebraucht hätte - es ist ein Quantenprozessor. Sycamore (Platane), wie ihn seine Erfinder - Forscher des Internetkonzerns Google - tauften, bewies als erster die Überlegenheit von Quantenrechnern gegenüber herkömmlichen Computern.

Quantencomputer gelten als vielversprechende Möglichkeit, die Rechenleistung von Computern zu steigern, sie sind die Speerspitze des Fortschritts. Der aber dreht sich schnell, und so ist der Sycamore-Prozessor bereits museumsreif. Als erstes Haus weltweit hat das Deutsche Museum ein Exemplar des Chips erhalten. "Das Deutsche Museum war nicht das einzige Museum, das angefragt hat", sagt Hartmut Neven, leitender Forscher für das Projekt bei Google, "aber das erste."

Viele Häuser werden leer ausgehen, denn Google hat von den Sycamore-Prozessoren weniger als zehn Stück herstellen lassen. Auf eine Live-Demonstration werden die Besucher des Deutschen Museums allerdings verzichten müssen, denn der Chip funktioniert nur dann, wenn er bei absoluter Dunkelheit betrieben und heruntergekühlt wird bis nahe an den absoluten Nullpunkt - so kalt ist es nicht einmal im Universum.

Das Universum kommt auch ins Spiel, wenn man eine Vorstellung davon bekommen will, was so ein Quantenrechner eigentlich leistet. Würde der über etwa 300 Qubits verfügen - das Äquivalent zu den Bits in einem herkömmlichen Computerchip -, könnte er mehr Zustände annehmen, als es Atome im gesamten Universum gibt.

Die Technologie steht noch ziemlich am Anfang

Der Sycamore kam da noch nicht heran, er besitzt 54 Qubits, 53 davon haben funktioniert, als er 2019 die schwierige Rechenaufgabe löste. Inzwischen ist das Google-Labor in Santa Barbara, Kalifornien, etwa bei 100 Qubits - der Weg ist also noch weit, zumal man für Quantenrechner, wie man sie sich eigentlich wünscht, Hunderttausende von Qubits bräuchte. Das Problem dabei: Die Chips in Quantencomputern rechnen nicht so zuverlässig wie herkömmliche. Daher braucht man für jedes Qubit mehrere andere Qubits, die mögliche Fehler korrigieren.

Warum aber dann der ganze Hype? Nun, das liegt an der besonderen Eigenschaft der Qubits. Diese können nicht bloß wie die Transistoren auf gewöhnlichen Chips entweder den Zustand eins oder null annehmen, sondern beide gleichzeitig. Und zusätzlich lassen sie sich verschränken. Das bedeutet, dass sich die Rechenleistung mit jedem Qubit verdoppelt. Da kommt man schnell zu astronomischen Summen. Und die braucht man auch, wenn es darum geht, etwa die Eigenschaften neuer Materialien zu erforschen, die Faltungen von Proteinen mit ihren unendlichen Möglichkeiten oder wenn - sehr aktuell - berechnet werden soll, wie sich das Klima entwickelt.

Wolfgang Heckl, Generaldirektor des Deutschen Museums, ist jedenfalls überglücklich, diesen Meilenstein der Technikgeschichte in seinem Haus zeigen zu können. Dort ist er das jüngste Exponat einer langen Ahnenreihe - wie etwa das erste Automobil oder der erste Dieselmotor.

Ähnlich wie diese technischen Erstlinge muss man auch den Stand der Quantentechnologie sehen. Es gibt noch viele Hindernisse zu überwinden. Dass eines davon unüberwindbar sei, glauben die meisten Forscher zwar nicht. Aber, gibt Google-Experte Neven zu, "die Wahrscheinlichkeit ist nicht null". Sorge bereitet den Forschern etwa, wie sie die Fehlerkorrektur in den Griff bekommen sollen. Was es derzeit brauche, so Neven, sei Grundlagenforschung und die Ausbildung des Nachwuchses an den Unis - sonst könnten am Ende die Leute fehlen, die diese Technologie beherrschen.

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