Deutsches Museum:Die letzte Reise einer Flugzeugspitze

Lesezeit: 3 min

Im Oktober 1989 hob sie zum erste Mal ab, 2020 landete sie für immer. Die Lufthansa parkte ihr ausrangiertes Flugzeug in Spanien. Von dort kam nun ein Teil nach München - auf dem Landweg. Was das Deutsche Museum nun mit dem Cockpit vorhat.

Von Linus Freymark

Knapp 2000 Kilometer hat der Schwertransporter mit der eigentümlichen Fracht hinter sich, als er am frühen Freitagmorgen am Deutschen Museum ankommt. Los ging die Reise im spanischen Teruel, auf dessen Flugplatz die Lufthansa ihre ausgedienten Maschinen parkt. Die Flughafengebühren sind dort deutlich günstiger als in München oder Frankfurt, zudem gilt das südliche Klima dort als schonend für die Technik. Und so ist das Cockpit der A320, das der Schwertransporter am Deutschen Museum abliefert, in gutem Zustand - und bereit, den Besuchern der neuen Luftfahrtausstellung des Museum bald präsentiert zu werden.

In der Schau mit dem Namen "Moderne Luftfahrt" will das Deutsche Museum Interessierten die jüngere Luftfahrtgeschichte seit 1945 näherbringen. Wann genau die Ausstellung eröffnet wird, steht noch nicht fest. Ein erster Teil soll frühestens Ende dieses Jahres zugänglich sein. Dafür jedoch ist bereits klar, auf welche Exponate sich die Besucher freuen dürfen. Neben dem Cockpit der A320, einer Maschine der Lufthansa, die ihren ersten Flug am 18. Oktober 1989 absolvierte, findet sich dort auch die Pilotenkabine einer Boeing 707 aus dem Jahr 1959. Und schon bei diesem Gegensatz wird klar, worauf es Kurator Robert Kluge und den anderen Machern der Ausstellung ankommt. "Wir wollen die Luftfahrt in ihrem neuen Gewand zeigen", erklärt Kluge.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Denn auch wenn sich die Maschinen in den letzten Jahrzehnten äußerlich kaum verändert haben, seitdem sie ihre aerodynamische Form verpasst bekommen haben, hat sich einiges getan: Kunststoff statt Aluminium, digitale Anzeigen statt analoger. "Es hat sich jede Menge getan", sagt Kluge. Diese Veränderungen können sich die Besucher anhand verschiedener Prototypen von Flugzeugen anschauen. Doch auch einige in Serie hergestellte Maschinen finden sich in der Ausstellung. Kluge war das wichtig: nicht nur die Prototypen zeigen, für die deutsche Ingenieure in der Szene so berühmt-berüchtigt sind - es sollten schon auch Maschinen dabei sein, die wirklich im Einsatz waren und nun ausgedient haben.

So wie jene A320, deren Cockpit am Freitag angeliefert wurde: mehr als 72 000 Flugstunden hat die Maschine hinter sich - die übrigens ein Opfer der Corona-Krise ist: ihren letzten Linienflug absolvierte sie am 16. März 2020 von Hamburg nach München. Kurz darauf gab es kaum noch Bedarf an Flugzeugen und die sowieso schon veraltete Maschine wurde ausgemustert. Anschließend wurde sie nach Teruel gebracht und dort in ihre Einzelteile zerlegt. Kluge war dabei selbst vor Ort. "Das Abtrennen des Cockpits vom Rumpf hat rund vier Stunden gedauert", erzählt er.

Ausstellung von Thomas Kretschmann
:"Im Endeffekt geht es um Erinnerungen"

In Hollywood-Filmen stellt der deutsche Schauspieler Thomas Kretschmann oft coole Charaktere dar. Als Fotograf überrascht er mit sehr poetischen Aufnahmen seiner Lebensgefährtin und Muse Brittany Rice.

Von Evelyn Vogel

Eine weitere Besonderheit der Schau: einige Flugzeuge stehen nicht einfach nur in den Hallen herum, sondern wurden in dynamische Positionen gebracht. Eines verharrt in der Startposition, kurz vor dem Abheben, ein weiteres schwebt in der Luft. "Dadurch wird die Dynamik des Fliegens rübergebracht", erläutert Kluge.

Neben den verschiedenen Flugzeugtypen können sich die Besucher der Ausstellung auch ein Bild vom Ablauf eines möglichst reibungslosen Flugverkehrs machen. So geht es in einem Teil etwa um das Zusammenspiel zwischen Piloten und Fluglotsen sowie die unterschiedliche Technik, mit der beide Parteien arbeiten. Auch einen Flugsimulator gibt es, der einen Eindruck davon vermittelt, wie es sich anfühlen könnte, im Cockpit einer Maschine zu sitzen und diese in Richtung Mittelmeer zu steuern. Ein weiteres Kapitel der Ausstellung: die Untersuchung von Flugunfällen. "Nichts wird so akribisch untersucht wie Unfälle in der Luftfahrt", sagt Kluge. Dies geschehe vor allem, um aus vergangenen Unglücken Lehren zu ziehen.

In der Schau geht es auch um Hubschrauber und den Starfighter

Einen "Rundumschlag zum Thema Luftfahrt" wolle man seinen Besuchern mit der Ausstellung bieten, erklärt Kluge. Darum habe man sich nicht nur auf die einzelnen Flugzeugtypen konzentriert. Insgesamt sieben Themenbereiche gibt es, unter anderem geht es in der Schau auch um Hubschrauber oder den Starfighter, jenes sagenumwobene Kampfflugzeug, um das sich einst eine politische Affäre in Deutschland rankte. Seit sechs Jahren feilen Kluge und seine Kollegen am Konzept der Ausstellung, vor allem die baurechtlichen Vorgaben im denkmalgeschützten Museum waren des Öfteren eine Herausforderung. Ganz fertig ist die Ausstellung übrigens noch nicht: Kluge versucht gerade, eine Propellerturbine aus Kiew zu bekommen. Auch da gab es immer wieder rechtliche Hürden. Aber vielleicht klappt es ja bald - und dann würde wohl bald wieder ein Schwertransporter vor dem Deutschen Museum parken.

© SZ vom 06.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusDeutscher Historikertag in München
:Kampf um die Geschichte

Mit einem Jahr Verzögerung beginnt in München der größte geisteswissenschaftliche Kongress Europas. Sprecher Martin Zimmermann über Deutungsdebatten in der Wissenschaft und seine Hoffnung, dass die Veranstaltung nicht wie die vergangene endet.

Interview von Jakob Wetzel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: