Deutsches Museum:Wo Milch und Fleisch herkommen

Deutsches Museum: Nutztiere wie Hausschwein, Schaf, Huhn und Bulle sind in Lebensgröße abgebildet.

Nutztiere wie Hausschwein, Schaf, Huhn und Bulle sind in Lebensgröße abgebildet.

(Foto: Florian Peljak)

Seit sieben Jahren wird das Deutsche Museum saniert, nun eröffnet die erste der neuen Dauerausstellungen. Beim Thema "Landwirtschaft und Ernährung" soll nicht nur die Technik im Zentrum stehen - sondern auch die gesellschaftliche Bedeutung.

Von Martina Scherf

Manches ist bekannt, einiges neu, vor allem empfängt die überarbeitete Landwirtschaftsausstellung im Deutschen Museum die Besucher mit einem frischen, freundlichen Design. Es ist die erste "Sneak Preview", sagt Generaldirektor Wolfgang Heckl zur Begrüßung, bevor im Sommer 19 neue Ausstellungen des ersten Bauabschnitts eröffnet werden. Alles wird luftiger, bunter - und es soll in Zukunft nicht allein die Technik im Zentrum stehen, vielmehr sollen gesellschaftliche Debatten nicht mehr ausgespart werden.

Dass es in einem Münchner Museum zuerst ums Bier geht, verwundert nicht. So steht gleich im ersten Raum der Sudkessel aus der alten Ausstellung. Zusammen mit dem liebevoll restaurierten Diorama der Spatenbrauerei aus dem Jahr 1812 wird anschaulich in allen Schritten erklärt, wie aus Wasser, Hopfen, Malz und Hefe das bayerische Grundnahrungsmittel entsteht. Am Grundprinzip hat sich nämlich nichts geändert, auch wenn heute moderne Maschinen die Arbeit übernehmen.

Eine raumhohe Regalwand mit bunten Objekten macht die Besucher dann neugierig auf Themen rund um Landwirtschaft und Ernährung, von der Babymilch über künstliche Aromen und Astronautennahrung bis zur Heuschrecke als künftigem Proteinlieferanten.

Ein Drittel der Lebensmittel auf dem Weg vom Feld zum Teller verloren

Alte und neue Landmaschinen werden vorgestellt, Traktoren, Mähdrescher und eine automatische Rinderwaschanlage. "Schließlich haben Erfindungen wie Pflug oder Dampfmaschine die Menschheit entscheidend vorangebracht", sagt Heckl. Doch sollen Besucher auch zum Nachdenken angeregt werden, etwa durch Fragen wie: Woher kommen unsere Lebensmittel? Wie sind Überfluss und Mangel auf der Welt verteilt? Wie viele Lebensmittel werden verschwendet?

Deutsches Museum: Auch Traktoren sind zu sehen: Generaldirektor Wolfgang Heckl sitzt schon einmal auf einem besonders kleinen Exemplar Probe, das ihm Maria Thon, Geschäftsführerin der BayWa-Stiftung, überreicht hat.

Auch Traktoren sind zu sehen: Generaldirektor Wolfgang Heckl sitzt schon einmal auf einem besonders kleinen Exemplar Probe, das ihm Maria Thon, Geschäftsführerin der BayWa-Stiftung, überreicht hat.

(Foto: Florian Peljak)

Die Antwort auf diese letzte Frage ist erschütternd: Weltweit geht ein Drittel aller Lebensmittel auf dem Weg vom Feld zum Teller verloren. In armen Ländern, so erfährt man, fehlt es an Infrastruktur und Transportmitteln; in reichen Ländern werfen Menschen das Essen einfach weg, weil sie es sich leisten können. Bei der Frage, was dagegen getan werden könnte, bleiben die Texttafeln dann allerdings, wie an den meisten Stationen, vage: "Bewusster Konsum und bessere Planung würden helfen, knappe Ressourcen, Umwelt und Klima zu schonen." Punkt.

Politische Fragen klammert die Ausstellung bewusst aus - obwohl die Frage, wie eine klimafreundliche, umweltschonende und global gerechte Landwirtschaft zu erzielen wäre, eine der drängendsten dieses Jahrhunderts ist. Massentierhaltung, Pestizideinsatz, Kunstdünger, Samenbanken, alles wird angeschnitten, aber mit wenigen Worten abgehakt.

Ein Schwein hat im Stall nur einen Quadratmeter Platz

Beim Thema Nutztierhaltung begegnen einem Modelle von Kuh, Schwein und Schaf in Lebensgröße, freundlich in die Runde blickend. Man liest, dass ein Schwein in deutschen Ställen im Schnitt nur einen Quadratmeter Platz hat - und sieht dazu das Foto einer glücklichen Sau in ihrem natürlichen Pfuhl vor einer grünen Wiese. Die Massenhaltung von Schweinen sei effizient, heißt es weiter, und nötig, "denn die weltweite Nachfrage steigt". Die Frage, warum Deutschland jedes Jahr Millionen Schweine exportieren muss, vorzugsweise nach China, soll sich wohl jeder Besucher selbst beantworten.

Deutsches Museum: Die Almhütte aus dem Tegernseer Land wurde restauriert.

Die Almhütte aus dem Tegernseer Land wurde restauriert.

(Foto: Florian Peljak)

Um Fleisch anbieten zu können, das zugleich günstig und hochwertig sei und aus artgerechter Haltung stamme, so liest man auf der nächsten Texttafel, seien "gesetzliche Maßnahmen zum Wohl der Tiere sowie gut ausgebildete Fachkräfte in der Landwirtschaft" nötig. In einem Monitor wird dann gleich noch für die Ausbildung in der Landwirtschaft geworben. Zum Beispiel für den Beruf Großtierarzt: Das sei ein Doktor, der kranke Tiere behandelt. Zum Thema Dünger und Pestizide heißt es, sie sollten "mit Bedacht eingesetzt werden". Keine Zahlen, keine Fakten, etwa zum Glyphosat-Einsatz. Lediglich die Aussage, dass "das Grundwasser in vielen Regionen mehr als die erlaubten 50 Milligramm Nitrat pro Liter" enthalte.

Die BayWa-Stiftung hat die Ausstellung mit einer Million Euro unterstützt. Die Stiftung unterhält vielfältige, sehr verdienstvolle Bildungsprojekte, um das Bewusstsein für gesunde Ernährung zu fördern. Gleichzeitig verdient die BayWa-AG als einer der größten internationalen Konzerne Milliarden mit Saatgut, Düngemitteln, Tierfutter, Herbiziden und Pestiziden. Auf die Inhalte der Ausstellung, so betont Wolfgang Heckl, habe die Förderung durch die BayWa-Stiftung aber keinerlei Einfluss gehabt.

Die Generalsanierung der Museums erfolgt in zwei Abschnitten. Wenn im Sommer 19 neue Ausstellungen eröffnet werden, beginnt das Ausräumen des zweiten Teils. Wer jetzt noch Starkstromversuche oder Schiffe sehen will, sollte also bald einen Besuch einplanen. Der Beliebtheit des Museums tut die Baustelle übrigens keinen Abbruch: Die Besucherzahlen haben im Frühjahr fast wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht.

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