Süddeutsche Zeitung

Forstenried:Neues Leben für Münchens ältestes Bauernhaus

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Der denkmalgeschützte Derzbachhof aus dem Jahr 1751 an der Forstenrieder Allee wird saniert und ausgebaut. Nach langem Verfall und vielen Diskussionen kann der Investor Euroboden nun Richtfest feiern.

Von Jürgen Wolfram

Eine längere Vorgeschichte hat kaum ein Projekt im Münchner Süden aufzuweisen, intensiver diskutiert und behördlich geprüft worden ist selten eines: Die Sanierung des 1751 erbauten, denkmalgeschützten Derzbachhofs in Forstenried, arrondiert durch einen Neubau mit 17 Wohnungen, nimmt immer konkretere Formen an. Am Freitag wurde Richtfest gefeiert an der Forstenrieder Allee 179. Der Firma Euroboden des Immobilienentwicklers Stefan Höglmaier war das als Bauherrin einen größeren Empfang mit "Werkstatt" und Führungen wert. Für den Architekten Walter Waldrauch (Raumstation Architekten) und Projektleiter Julius Haas hieß das: Dauereinsatz. Aber nichts im Vergleich zu den logistischen Problemen der 21 Monate Bauzeit. Denn die Verhältnisse auf dem Hofgelände sind trotz weitläufigen Gartens im rückwärtigen Grundstücksteil beengt.

Der historische Derzbachhof ist das älteste erhaltene Bauernhaus in München. Ein solches Denkmal, "ein solches Stück Geschichte" zu erhalten und zugleich in seine ehemalige Tenne vier Mietwohnungen, einen Gemeinschaftsraum sowie ein Gästeapartment einzubauen, sei eine ungewöhnliche Herausforderung, sagte Waldrauch. Inwieweit die Weiternutzung der historischen Bausubstanz gelungen ist, davon konnten sich die Festgäste überzeugen. Erstmals nach langer Zeit präsentierte sich der Derzbachhof ohne sein monströses Wetterschutzdach.

Zusammen mit dem in rustikalem Stil entstehenden Neubau ergebe der 270 Jahre alte Hof nun ein "komplexes Gebilde", das die Identität des Forstenrieder Ortskerns stärke, heißt es von Euroboden. Manches ist im Original erhalten geblieben, etwa Türstöcke und Holzböden. Die Fertigstellung der gesamten Anlage ist für Sommer 2022 geplant. Zwei der eher hochpreisigen Eigentumswohnungen mit schicker Holzfassade, raffiniertem Lichteinfall und ausgetüfteltem Energiekonzept sollen noch zu haben sein.

Spannend liest sich die jüngere Geschichte des Derzbachhofs. Sie war jahrzehntelang von Verfall geprägt, ehe Euroboden das Baudenkmal erwarb. Die Idee, aus dem Hof ein Museum oder Begegnungszentrum zu machen, hatte die Stadt aus Kostengründen abgelehnt. Begleitet von anhaltender Kritik einer örtlichen Initiative, aber mit Rückenwind des Landesdenkmalrats entwickelten Stefan Höglmaier und Architekt Peter Haimerl ein Konzept, das dem Denkmalschutz und der Rentabilität, der ökologischen wie sozialen Nachhaltigkeit gleichermaßen genügen soll. Lokalpolitischen Bedenken, die Hofsanierung könnte nicht originalgetreu genug ausfallen, hielt der Bauherr stets seine enge Abstimmung mit dem Denkmalschutz entgegen. Laut Richtspruch ist jetzt die "Erweckung eines Hofes mit einst traurigem Gesicht" in vollem Gange.

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