Eine Entscheidung, die alle glücklich macht: Am Freitag haben Geschäftsführung und Aufsichtsrat der Gasteig München GmbH ihre Wahl für den Akustiker der Philharmonie bekannt gegeben. Es ist Yasuhisa Toyota. Voraussichtlich von 2021 an soll der Gasteig nach dem Siegerentwurf des Architekten Gunter Henn generalsaniert werden. Dabei soll die Philharmonie zu einem international konkurrenzfähigen Konzertsaal ertüchtigt werden, worum sich Toyota in Hinblick auf die akustischen Belange kümmern soll.
Toyota ist der Star der Akustik-Szene. Er war schon für die Akustik zahlreicher bedeutender Säle verantwortlich, darunter auch der Elbphilharmonie. Er galt stets als der erklärte Wunschkandidat von Valery Gergiev, dem Generalmusikdirektor der Münchner Philharmoniker. Für dessen Konzertsaal in St. Petersburg in der Nähe vom Mariinsky-Theater und für die im September von Gergiev in Anwesenheit von Wladimir Putin eröffnete Moscow Concert Hall Zaryadye zeichnet Toyota verantwortlich. Zwar waren Gergiev und auch der Philharmoniker-Intendant Paul Müller bei dem Auswahlverfahren nur als Berater in den Vorstellungsrunden dabei, dennoch war von Anfang an klar, dass Gergiev auf die Entscheidung Einfluss hat. Nun ja, die Philharmoniker müssen ja schließlich auch in der Philharmonie spielen.
Derzeit befindet sich das Orchester auf Tournee in Asien. Von dort meldet sich Matthias Ambrosius, Mitglied des Orchestervorstands: "Die Akustik ist für das Orchester das wichtigste Element bei der Philharmonie-Sanierung. Sie ist die entscheidende Komponente für unser Musizieren, und natürlich auch ganz entscheidend für unser Publikum. Mit Herrn Toyota nimmt sich ein wahrer Experte und ein für die Klassik brennender Musikliebhaber dieser wichtigen Aufgabe an. Darüber freuen wir uns sehr." Gerade diesen Samstag spiele man das erste von zwei Konzerten in der Suntory Hall in Tokyo, für deren Akustik Toyota ebenfalls verantwortlich sei. "Dieser Saal wird von allen Musikern als einer der besten der Welt gesehen", sagt Ambrosius.

Ähnlich freudig klingen die Statements von Paul Müller und Valery Gergiev. Gergiev kennt viele Toyota-Säle, kann nach eigenen Worten in jedem eine eigene Akustik entdecken. "Ich bin überzeugt, dass er auch für die neue Gasteig-Philharmonie die beste Lösung finden wird." Müller: "Die Weichen für die Zukunft sind gestellt, das freut uns sehr. Ein hochkarätig besetztes Tandem aus Akustiker und Architekt ist die beste Voraussetzung für die Bewältigung der Herausforderungen, die vor uns liegen." Ähnlich zufrieden äußert sich auch Gasteig-Geschäftsführer Max Wagner: "Jetzt ist das Team für die Generalsanierung komplett."
Unter den zehn Bewerbern war Toyota sicherlich der bekannteste; er sorgt auch für die Akustik im Ausweichquartier der Münchner Philharmoniker während des Umbaus. Aber er ist längst nicht der einzige, der einen guten Saal hinkriegt. Und: Die Säle, die Toyota in den vergangenen Jahren zum Klingen brachte, ähneln sich in der Klangphilosophie stark. Die viel gerühmte Suntory Hall wurde 1986 eröffnet, inzwischen hat sich Toyotas Klangvorstellung radikalisiert in Richtung auf ein extrem analytisches, helles, eher kaltes Klangbild. Die Suntory Hall klingt noch ein bisschen wie ein analoger Plattenspieler und dabei äußerst transparent; die Elbphilharmonie klingt digital. Und ist sehr schwierig zu bespielen.
Das spielt insofern eine Rolle, als auch Mariss Jansons, Chefdirigent des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks, Toyota als Akustiker für das neu zu bauende Konzerthaus im Werksviertel präferiert. Doch zwei Säle mit einer sehr ähnlichen Klangidee in einer Stadt wären eine verpasste Chance in Hinblick auf klangliche und damit letztlich auch künstlerische Vielfalt. Der Eindruck wäre dann der einer Globalisierung eines letztlich für sich allein stehenden Klangideals.

Allerdings ist Toyotas Erfahrung mit Konzertsälen ein großes Plus für den Gasteig. Wie sehr die architektonische Planung vom Büro Gunter Henn den derzeit problematischen, weil viel zu üppig dimensionierten Raumzuschnitt der Philharmonie verändern wird, kann man zum jetzigen Zeitpunkt kaum erahnen. Doch der vorliegende Entwurf ist weit mehr als ein Anhaltspunkt.
Bei einer Renovierung, egal wie weit diese geht, sind die Freiheiten eines Akustikers zumindest ansatzweise limitiert. Und da eben dürfte sich Toyotas Erfahrung auszahlen, der in seiner langen Karriere nicht nur die Akustik von neuen Sälen entworfen, sondern auch die bestehender überarbeitet hat. Das mag ein Grund sein, weshalb sich auch Kulturreferent Hans-Georg Küppers erleichtert zeigt. "Wir sind der Zukunftsvision für den Gasteig wieder einen Schritt näher gekommen. Ich bin überzeugt, dass wir für unser Münchner Publikum ein Hörerlebnis bekommen, das die Stärken der Münchner Philharmoniker voll zur Entfaltung bringt."
Während der ersten Phase des Architekturwettbewerbs war Toyota bereits Berater von Gunter Henns Büro; in der Phase der Überarbeitung der drei ausgewählten Entwürfe zog er sich zurück, um den Wettbewerb nicht zu verzerren. Doch, sagt Henn, es würde ihn sehr überraschen, wenn Toyota sich über den finalen Entwurf wundern würde. Henn hat Erfahrung mit Konzertsälen, er kennt wie Toyota auch das zentrale Problem der Philharmonie: Die Bühne muss weiter in den Raum. "Jetzt geht es um Feinabstimmungen mit Toyota, um das Material, die Deckensegel, die Beeinflussung der Performancewerte."