Noch gut eine Woche Ferien? Nicht für die Münchner Polizei. Am Wochenende stehen mehrere Kundgebungen mit Tausenden Teilnehmern an. Konfliktpotenzial ist vorhanden. Laut Polizeipräsidium werden am Samstag und Sonntag mehrere Hundert Beamtinnen und Beamte im Einsatz sein, um die Versammlungen von „Reichsbürgern“ und Klimaschützern, Querdenkern und – wohl am unproblematischsten – Gewerkschaften zu begleiten. Und zu schützen.
König oder Kaiser? Hauptsache Reich ...
Am Samstag um 12 Uhr versammeln sich Aktivisten aus der „Reichsbürger“-Szene zum „Großen Treffen der 25+1 Bundesstaaten“ auf dem Königsplatz. Der Name des Netzwerks bezieht sich auf die Teilstaaten des deutschen Kaiserreichs einschließlich des damals annektierten „Reichslands“ Elsass-Lothringen.
Bei einem Treffen der Gruppierung in Gera im Frühjahr traten auch Angehörige der extrem rechten Szene auf. Einer der Organisatoren des Münchner Treffens traf sich im Frühjahr mit dem Anführer des vom Verfassungsschutz beobachteten „Königreichs Deutschland“, ein Ideengeber steht in Stuttgart vor Gericht, weil er an der mutmaßlichen Prinz-Reuß-Verschwörung beteiligt gewesen sein soll.
Szene in München:Reichsbürger mit Handgranaten: Die Gefahr vom rechten Rand
Ermittler rechnen in München mehr als 400 Menschen der Reichsbürgerszene zu. Häufig horten diese ganze Waffenarsenale in ihren Wohnungen - und brutales Vorgehen gegen Beamte ist keine Seltenheit. Die Zahl rechter Straftaten steigt.
Man stehe „im Austausch mit mehreren Polizeibehörden aus den neuen Bundesländern, um Erkenntnisse über dort in der Vergangenheit stattgefundenen Versammlungen in die Einsatzplanung einfließen lassen zu können“, sagt ein Münchner Polizeisprecher auf Nachfrage. Das städtische Kreisverwaltungsreferat habe bereits einen Auflagenbescheid erlassen. Ein Demonstrationszug, der erst um 17 Uhr starten soll, führt die „Reichsbürger“ aus dem gesamten Bundesgebiet durch die Maxvorstadt wieder zurück zum Königsplatz.
Ebenfalls am Samstagmittag beginnt eine angemeldete Versammlung der „Letzten Generation“ in der Prielmayerstraße – also neben dem Justizpalast. Die Klimaschutz-Aktivisten haben über die zweistündige Versammlungsdauer hinaus in den sozialen Netzwerken weitere „ungehorsame Versammlungen“ angekündigt. „Das Ziel: 24 Stunden auf der Straße!“ kündigt die „Letzte Generation“ auf ihrem Telegram-Kanal an. Sitzblockaden gehören dabei zum Konzept.
Auf Aktionen am Flughafen ist die Polizei vorbereitet
Gegebenenfalls werde die Polizei die Prielmayerstraße sperren, bestätigt ein Sprecher des Polizeipräsidiums. „Darüber hinaus werden wir aufmerksam sein, um mögliche anderweitige Aktionen frühzeitig zu erkennen.“ Man stehe zudem auch in Kontakt mit dem Polizeipräsidium Oberbayern Nord, „um einen schnellen Austausch von relevanten Lageerkenntnissen zu gewährleisten“. Sprich: um zügig reagieren zu können, falls die radikalen Klimaschützer am vorletzten Ferienwochenende ihre „ungehorsamen“ Aktionen auch auf den Flughafen im Erdinger Moos ausweiten sollten.
Am Sonntag beginnen um 14 Uhr zwei Veranstaltungen zum 85. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen, mit dem der Zweite Weltkrieg begann. Ein „Friedensfestival“ auf dem Marienplatz wurde von Gruppen aus der einstigen Querdenker-Szene angekündigt. Unter den Einladenden sind Verschwörungsgläubige wie „Captain Future“, der den menschengemachten Klimawandel ebenso leugnet wie Corona und der die Anschläge vom 11. September 2001 für eine False Flag-Aktion der USA hält. Man wolle „dem Reiter eine Heidenangst einjagen“, warnte ein Sprecher der „Friedensfestival“-Organisatoren jüngst vor dem Rathaus den Münchner Oberbürgermeister.
Die Gewerkschaften wollen ihren Antikriegstag nicht hergeben
Die Querdenker, hinter denen die Gruppierung „München steht auf“ steht, wollen nach Musik und Reden vom Marienplatz aus durch die Stadt ziehen. Eine Konfrontation mit den ebenfalls demonstrierenden Gewerkschaftsmitgliedern auf dem Königsplatz ist eher unwahrscheinlich. Die Organisatoren des gewerkschaftlichen Antikriegstags hatten angekündigt, diesen nicht „den AfD-affinen Gruppierungen“ überlassen zu wollen.
Die Demonstranten aus der verschwörungsideologischen Szene werden jedoch nicht in die Nähe des Königsplatzes kommen. Ihr Marsch führt laut Polizei über Rindermarkt, Gärtnerplatz, Tal und Viktualienmarkt wieder zurück zum Marienplatz. Sollte sich dennoch abzeichnen, dass Aktivisten der konkurrierenden Friedensbewegungen aufeinandertreffen, werde die Polizei „mit entsprechenden Kräften vor Ort sein, um eine Trennung zu gewährleisten“, kündigte ein Polizeisprecher an.
Trotz des bevorstehenden heißen Wochenendes gibt man sich in der Ettstraße gelassen: „Die Münchner Polizei ist einsatzerfahren, auch was eine Vielzahl von parallel stattfindenden Versammlungen mit zum Teil gegensätzlichen Positionen anbelangt“, sagt der Polizeisprecher, Kriminalkommissar Ralf Kästle. Angepasst an die Lage würden dann eventuell auch Sperrgitter aufgestellt.