Demonstration auf dem KönigsplatzFünf-Punkte-Plan gegen Antisemitismus

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Auf dem Königsplatz wehen zahlreiche Israel-Flaggen.
Auf dem Königsplatz wehen zahlreiche Israel-Flaggen. (Foto: Catherina Hess)

Bei einer Kundgebung auf dem Königsplatz bilden mehrere Tausend Menschen ein „Dach gegen Hass“. Die Redner wollen jüdisches Leben sichtbarer machen und stärker schützen. Eine entsprechende Petition hat bereits 30 000 Unterstützer gefunden.

Von Martin Mühlfenzl

Ein kalter Wind weht an diesem Sonntagnachmittag über den Königsplatz. Der aber hat den Vorteil, dass die zahlreichen blau-weißen Fahnen des Staates Israel weithin sichtbar sind. Und die Münchnerinnen und Münchner trotzen in großer Zahl diesem grauen Herbstwetter; mehrere Tausend Menschen sind dem Aufruf des Münchner Wirtschaftswissenschaftlers Guy Katz und seinen Unterstützern gefolgt, die zur Demonstration „Dach gegen Hass“ aufgerufen haben.

Unter ihnen ist auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, der auf der Bühne ein klares Bekenntnis zum jüdischen Leben in Deutschland abgibt. Es dürfe nicht sein, so der Christsoziale, dass Antisemitismus das Leben in unseren Straßen dominiere. Mit Blick auf den Friedensplan des US-Präsidenten Donald Trump im Nahen Osten betont Söder, die Hamas müsse die Geiseln freilassen, dann könne es im Gazastreifen Frieden geben.

Wie Söder betonen auch Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) und Kulturstaatsminister Wolfram Weimer, dass jüdisches Leben zu Deutschland gehöre. Dass aber diese Demonstration stattfinden müsse, so Aigner, sei kein gutes Zeichen für dieses Land – denn der Judenhass mache sich „breit und breiter“. Dass in Deutschland einige das „Pogrom vom 7. Oktober“ – den Terrorangriff der Hamas auf Israel vor zwei Jahren – feierten, sei unterträglich, so Bayerns Landtagspräsidentin. „Es stimmt etwas nicht in diesem Land, und das darf so nicht bleiben“, sagt Aigner unter dem Beifall der Menge.

Guy Katz berichtet in seiner Begrüßung von Nachrichten, die Jüdinnen und Juden immer wieder erhielten. „Ab ins Gas mit euch.“ Dies sei ein Beispiel dafür, dass auch im Jahr 2025 der Judenhass noch immer präsent sei. Und der Königsplatz sei genau der richtige Ort, um dagegen anzugehen. „Dieser Platz war eine Bühne für Hass und Vernichtung“, sagt der Münchner – an diesem Tag aber werde er zur Bühne gegen Hass. Heute, so Katz, gelte mehr denn je: „Nie wieder!“

Es ist aber nicht nur die Politik, die sich an diesem Sonntag gegen Antisemitismus stellt. Aus den Kirchen, der Münchner Zivilgesellschaft und der jüdischen Gemeinschaft erheben viele ihre Stimme gegen den Hass auf Jüdinnen und Juden. Immer wieder brandet auf dem Königsplatz Beifall auf – vor allem dann, wenn die Freilassung der noch in der Gewalt der Hamas verbliebenen Geiseln gefordert wird.

Initiiert hatten die Demonstration „Dach gegen Hass“ Katz sowie unter anderem das Netzwerk jüdischer Hochschullehrender, die Jüdische Studierendenunion Deutschland und die „Conference of European Rabbis“. Zudem unterstützen weit mehr als 200 Organisationen, Vereine, Religionsgemeinschaften und Initiativen die Kundgebung gegen Antisemitismus und Hass.

Bereits im Vorfeld der Demonstration hatten die Organisatoren auf ihre Petition aufmerksam gemacht. Diese hatten sie gemeinsam mit Charlotte Knobloch, der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung gegen Antisemitismus sowie Kulturstaatsminister Wolfram Weimer und zahlreichen Organisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erarbeitet.

Unter den Rednern waren (v. l.) Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner, Kulturstaatsminister Wolfram Weimer und Ministerpräsident Markus Söder. Am Mikrofon: Initiator Guy Katz.
Unter den Rednern waren (v. l.) Bayerns Landtagspräsidentin Ilse Aigner, Kulturstaatsminister Wolfram Weimer und Ministerpräsident Markus Söder. Am Mikrofon: Initiator Guy Katz. (Foto: Catherina Hess)

Die Petition, die online unterschrieben werden kann und bereits von mehr als 30 000 Menschen unterzeichnet worden ist, beinhaltet einen Fünf-Punkte-Plan. Darin fordern die Initiatoren mehr Bildung zu jüdischem Leben, außerdem wollen sie Begegnungen wie Austauschprogramme mit Israel stärken. Jüdisches Leben soll stärker geschützt und antisemitische Übergriffe sollen „mit spürbaren Konsequenzen“ rechtlich geahndet werden. Zudem fordern sie mehr Sichtbarkeit jüdischen Lebens in der Gesellschaft, die Förderung jüdischer Kultur sowie den Ausbau zivilgesellschaftlicher wie grenzüberschreitender Initiativen.

Auf dem Königsplatz beendet nach etwa einer Stunde ein heftiger Schauer unter den Klängen der Blasmusik die Veranstaltung. Eine Frau trägt ihr Transparent nach Hause. „Es liegt nicht nur an den Juden, gegen den Antisemitismus in der Welt zu kämpfen“, steht auf Englisch darauf. Die Münchnerinnen und Münchner haben gezeigt, dass sie dazu bereit sind.

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