Hilfe für Demenzkranke:"Hühner kommen sehr gut an"

Hilfe für Demenzkranke: Pablo und Babette, Nora, Dori und Trudi heißen die Hühner, damit sie sich wohfühlen, wurde auch der Rat des Tierschutzvereins eingeholt.

Pablo und Babette, Nora, Dori und Trudi heißen die Hühner, damit sie sich wohfühlen, wurde auch der Rat des Tierschutzvereins eingeholt.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Tiere geben den Bewohnern eines Münchenstift-Hauses in Giesing ein Stück Sicherheit. Auch im übrigen Garten wurde viel umgebaut.

Von Sven Loerzer

Nein, der Hahn und seine Lieblingshenne heißen nicht Sigi und Vreni. Dabei hätten Münchenstift-Chef Siegfried Benker und die Münchenstift-Aufsichtsratsvorsitzende, Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD), gute Namenspaten abgegeben für die beiden chinesischen Zwerghühner. Aber die neuen Mitbewohner, die in den neugestalteten Außenbereich des beschützenden Bereichs des Münchenstift-Hauses St. Martin in Giesing eingezogen sind, heißen Pablo und Babette.

"Wir sind stolz auf unsere Hühner, sie kommen sehr gut an", sagt Hausleiterin Selda Ikonomou. Pablo und Babette, Nora, Dori und Trudi sprechen die Sinne der 25 Bewohner des beschützenden Bereichs an, die an Demenz erkrankt sind. Am neu errichteten Hühnerstall können die Bewohner Platz nehmen und den Hühnern zuschauen, wie sie im Sand scharren, Futter picken und durch ihr Gehege spazieren. Ab und zu kräht der junge Hahn, aber er muss wohl noch üben, denn seine Stimme klingt etwas dünn.

Die Rasse Zwerg-Cochin gilt als ruhig und zutraulich, die Hühner lassen sich nicht nur beobachten, sondern auch auf den Schoß nehmen und streicheln. Alle vier bis fünf Tage legen sie ein Ei, sagt Selda Ikonomou. Die Tiere können Sicherheit geben, Erinnerungen wecken, wenn vieles im Kopf durcheinander geht. Der Hühnerstall aber ist nur ein Teil der Neugestaltung des Außenbereichs, der vorher kaum nutzbar war für die demenzkranken und in ihrer Mobilität eingeschränkten Bewohner des Heims.

SZ-Leser haben den Umbau mit ihren Spenden ermöglicht

"Früher war das alles sehr uneben hier", sagt die Hausleiterin, "und damit auch gefährlich für die Bewohner". Eine Terrasse gab es auch nicht. Nur ein altes Tram-Wartehäuschen mit "Haltestelle", was Benker "pädagogisch für falsch" hielt und deshalb abbauen ließ. Die Neugestaltung, zu der auch ein Erinnerungshäuschen gehört, haben die SZ-Leser ermöglicht: Bei seiner 70. Aktion hatte der "Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung" zu Spenden für das "Green-Care"-Projekt aufgerufen, das rund 80 000 Euro kostet.

So können Sie spenden:

Adventskalender für gute Werke der Süddeutschen Zeitung e.V.

Kreissparkasse München Starnberg

IBAN: DE79 7025 0150 0430 0606 40 BIC: BYLADEM1KMS

www.sz-adventskalender.de

www.facebook.com/szadventskalender

Den Bewohnern soll es durch naturgestützte Pflege und Betreuung Geborgenheit und Wohlbefinden vermitteln. "Der Kontakt zu Tieren und Pflanzen ist dabei fester Bestandteil der Tagesstruktur", erklärt die Leiterin des Hauses, in dem insgesamt 272 Bewohner leben. Für die Hühnerhaltung hat sich Selda Ikonomou eigens fachlichen Rat vom Tierschutzverein geholt. So bleibt das Laub im Gehege liegen. "Im nächsten Jahr wollen wir es auch mit Nachwuchs versuchen und die Hühner brüten lassen."

Gerade für die heißen Sommertage sind die schattigen Plätze auf der neu geschaffenen Terrasse, an der nun unter einem alten Ahorn ein kleiner Säulenbrunnen plätschert, gefragt. Zum Verweilen lädt auch die neue halbrunde Baumbank gegenüber vom Hühnerstall ein. Dazu sind auch eine wetterfeste Hollywoodschaukel und weitere Bänke gekommen. Die Wildblumenwiese dagegen wird wohl erst im nächsten Jahr so aussehen wie erhofft. Das kleine Eckhäuschen an der Umfassungsmauer, früher nur als Abstellraum genutzt, hat einen neuen Anstrich und einen neuen Boden erhalten, jetzt führt auch ein Weg dorthin: Es soll die Erinnerungen der Bewohner anregen. Nach innen lockt ein Schaukelstuhl, darüber ein altes Bild, eine Landschaft mit Fluss und Bergen.

Im Vitrinenschrank stehen eine alte Instamatic-Kamera, ein graues Wählscheibentelefon, eine mechanische Schreibmaschine sowie eine handbetriebene Kaffeemühle. "Schöne, alte Gegenstände sind noch gesucht", sagt die Hausleiterin, weil Flohmarkttouren wegen Corona ausfielen. Eine Truhe will sie füllen, damit die Bewohner alles auch in die Hand nehmen können: Dinge, die ihnen aus den Sechziger- und Siebzigerjahren noch vertraut sind, auch wenn viele Erinnerungen verblasst sind.

Zur SZ-Startseite
Starnberg: Reithof Kammerlander- Fischer:  Persönlichkeitstraining

SZ PlusPsychologie
:"Was man nicht sehen kann, spüren die Pferde"

Die Psychologin Martina Kammerlander-Fischer bietet Coachings mit Pferden an. Zu ihr kommen Menschen, die während Corona gemerkt haben: Es muss sich etwas ändern. Wie Tiere Feedback geben.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: