Wirtschaft:Das sind Münchens Dax-Konzerne

Nirgendwo in Deutschland sitzen so viele Konzerne, die im wichtigsten deutschen Aktienindex gelistet sind, wie in München. Mit MTU ist Ende September der achte dazugekommen. Wer sind sie?

Von Kassian Stroh

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MTU

Dax-Aufsteiger MTU: Eines von acht Dax-Unternehmen in MÜnchen

Quelle: dpa

Umsatz: 4,6 Milliarden Euro Mitarbeiter: 9700 Börsenwert: 12 Milliarden Euro

Zwei runde Geburtstage hat die Firma MTU in diesem Jahr gefeiert - und sie illustrieren die komplizierte Geschichte des Unternehmens, zumindest seiner Besitzverhältnisse: Vor 85 Jahren wurde die BMW Flugmotorenbau GmbH gegründet, eine ihrer Vorgängerfirmen, die im Laufe der Zeit zu MAN hinüber wanderte. Und 1969, vor 50 Jahren, wurde schließlich von MAN und Daimler-Benz die Motoren- und Turbinen-Union (kurz: MTU) gegründet. Wirklich eigenständig wurde die Firma MTU erst 2004, damals verkauft Daimler seine Tochter. Der Hersteller von Triebwerken für zivile und militärische Flugzeuge sitzt in Allach an der Dachauer Straße, beschäftigt nach eigenen Angaben knapp 10 000 Menschen und ist, gemessen am Börsenwert, höchst erfolgreich: In den vergangenen 15 Jahren hat sich der Aktienkurs mehr als verzehnfacht. Deshalb ist MTU seit dem 23. September 2019 das jüngste Mitglied im Aktienindex Dax, dem Klub der 30 wichtigsten deutschen Aktiengesellschaften.

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Siemens

Siemens Zentrale in München mit Skulptur von Daniel Libeskind

Quelle: dpa

Umsatz: 83 Milliarden Euro Mitarbeiter: 379 000 Börsenwert: 83 Milliarden Euro

Mit Siemens sitzt ein weltweit agierendes Unternehmen in München, seine Zentrale könnte zentraler kaum liegen in der Stadt: am Wittelsbacherplatz. Dabei ist der Konzern ein zugezogener Preuße. Berlin war sein Sitz, dort wurde er 1847 gegründet, doch weil nach dem Zweiten Weltkrieg die Lage in der geteilten Stadt unsicher war, zog er 1949 nach München. Sein Verhältnis zur Stadt ist wechselhaft: Einst arbeiteten hier 50 000 Menschen für ihn, heute nur noch ein Bruchteil. Telefone, Handys, Netzwerke, Halbleiter, Computer und Licht: Geschäftsbereich um Geschäftsbereich wurde verkauft oder verkleinert, viele Standorte wie den einst weltgrößten in Obersendling gab der Konzern auf. Dass Siemens 2016 seine neue Firmenzentrale in München eröffnete, wurde daher auch als Bekenntnis zur Stadt gewertet.

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Infineon

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Quelle: Claus Schunk

Umsatz: 7,6 Milliarden Euro Mitarbeiter: 40 000 Börsenwert: 20 Milliarden Euro

Unter den vielen Firmen, die Siemens nach und nach ausgegliedert oder verkauft hat, gehört Infineon zu den erfolgreichen. Dies war einst die Halbleitersparte des Technikkonzerns, beheimatet an der Balan- und der St.-Martin-Straße in Ramersdorf. Diese Sparte wurde im Jahr 1999 ausgegliedert, 2000 an die Börse gebracht und bis 2006 von Siemens komplett verkauft. Die neue Firma Infineon baute sich direkt hinter der Stadtgrenze in Neubiberg einen neuen Hauptsitz, "Campeon" genannt. Hier finden sich bis heute nicht nur die Büros der Hauptverwaltung, hier arbeiten vor allem viele Entwickler. Die aktuell größte Investition tätigt der Konzern allerdings in Villach in Österreich. Dort baut er seit dem vergangenen Jahr für mehr als 1,5 Milliarden Euro eine neue Fertigung samt Forschungszentrum.

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Allianz

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Quelle: PR

Umsatz: 131 Milliarden Euro Mitarbeiter: 142 000 Börsenwert: 90 Milliarden Euro

Wie Siemens hat auch die Allianz-Versicherung, die 1890 von den führenden Köpfen der Münchner Rück gegründet worden war, ihre Zentrale nach dem Zweiten Weltkrieg von Berlin nach München verlagert. Hier sitzt sie bis heute, an der Königinstraße am Englischen Garten. Ihr größter Standort ist inzwischen aber Unterföhring. Der boomende Ort im Landkreis München zählt etwa 11 000 Einwohner und 18 000 Arbeitsplätze - 7000 davon bei der Allianz. Nicht zuletzt ihretwegen ist München heute einer der weltweit wichtigsten Standorte für Versicherungen, für sie arbeiten etwa 33 000 Menschen in und um München. Dieser Teil der Finanzbranche ist also nicht zu vernachlässigen - auch weil sich das Bankengewerbe wiederum in den vergangenen Jahren aus der Stadt weitgehend zurückgezogen hat.

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Munich Re

Munich Re - Hauptversammlung

Quelle: Lino Mirgeler/dpa

Umsatz: 49 Milliarden Euro Mitarbeiter: 41 000 Börsenwert: 35 Milliarden Euro

Mag der Konzern auch seit nunmehr zehn Jahren offiziell Munich Re heißen, für viele ist er die Münchner Rück geblieben. 1880 wurde diese Rückversicherungsgesellschaft gegründet, eng verbunden mit dem bald danach gegründeten Versicherer Allianz nebenan in Schwabing. Die Zentrale sitzt in noblen Gebäuden an der Königinstraße, die bekannte Skulptur "Walking Man" steht an der Leopoldstraße, wenn man es genau nimmt, vor einem Nebengebäude. Neben dem Rückversicherungsgeschäft gehört zum Konzern mit der Ergo-Gruppe auch ein Versicherungsunternehmen. Zwar ist Munich Re weltweit bedeutend und dementsprechend wichtig als Steuerzahler in der Stadt, in München tritt die Firma aber kaum in Erscheinung. Zumindest ist sie in der Öffentlichkeit weniger präsent als die anderen Dax-Konzerne.

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Linde

Bilanz PK Linde Group

Quelle: Frank Leonhardt/dpa

Umsatz: 27 Milliarden Euro Mitarbeiter: 80 000 Börsenwert: 98 Milliarden Euro

Formal gesehen ist Linde seit Oktober 2018 kein Münchner Unternehmen mehr. Seit der Fusion mit dem US-amerikanischen Konzern Praxair ist Dublin der Firmensitz. Davor aber war die Zentrale zehn Jahre lang am Oberanger in der Altstadt. Und vor allem ist München die Keimzelle des Industriegasherstellers: Hier baute Carl von Linde, Professor an der hiesigen Technischen Hochschule, vor bald 150 Jahren für die Spaten-Brauerei seine erste Kältemaschine. Und in Höllriegelskreuth im Süden von München befindet sich nach wie vor einer der wichtigsten Standorte des Konzerns weltweit, hier arbeiten etwa 3000 Menschen. Viele Mitarbeiter haben heftig gegen die Fusion mit Praxair protestiert - sie fürchten den Verlust von Arbeitsplätzen und dass es den Sitz in München nicht mehr lange geben wird.

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BMW

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Quelle: Stadler/PR

Umsatz: 97 Milliarden Euro Mitarbeiter: 135 000 Börsenwert: 39 Milliarden Euro

BMW ist der größte Arbeitgeber in München - und mit ziemlicher Sicherheit auch der größte Gewerbesteuerzahler. Etwa 43 000 Menschen sollen im Großraum für die Autofirma arbeiten, das wäre ein Drittel ihrer Mitarbeiter weltweit. Nicht nur deshalb ist BMW fest verankert in München. Wo sonst hat man noch eine Autofabrik dieser Größe in einer Stadt, umgeben von Wohngebieten, wie es beim BMW-Werk in Milbertshofen der Fall ist? Im Münchner Norden macht sich BMW zunehmend breit: Dort entsteht das neue Forschungs- und Entwicklungszentrum, dort sind viele weitere Standorte dazugekommen, diesseits wie jenseits der Stadtgrenze. Die Firmenzentrale, der sogenannte Vierzylinder, ist eines der markantesten Gebäude Münchens, die BMW-Welt gegenüber eines der meist besuchten Touristenziele in Bayern.

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Wirecard

The headquarters of Wirecard AG is seen in Aschheim near Munich

Quelle: Michael Dalder/Reuters

Umsatz: 2,0 Milliarden Euro Mitarbeiter: 5000 Börsenwert: 18 Milliarden Euro

Der letzte Neuzugang im Aktienindex Dax vor MTU war die Firma Wirecard, die in Aschheim östlich von München sitzt. So unscheinbar ihre Zentrale ist, ein schmuckloser Gewerbegebiets-Bürobau, so unbekannt war diese Firma auch den an Wirtschaftsthemen nicht ganz so interessierten Menschen - bis sie vor einem Jahr in den Dax aufgenommen wurde. Wirecard ist ein Finanzdienstleister, die Firma verdient ihr Geld mit (neuen) Wegen, elektronisch zu bezahlen. Anfangs tat sie das vor allem für Kunden in der Glücksspiel- und Pornobranche, inzwischen für alle möglichen Firmen. Wirecard wächst rasant. Vor einigen Monaten stand die Firma schwer unter Beschuss und beständig in den Schlagzeilen. Ihr wurde vorgeworfen, Geschäftszahlen manipuliert zu haben. Inzwischen hat sich die Lage wieder etwas beruhigt.

Anmerkung: Die Angaben zu den Firmenumsätzen beziehen sich auf das Jahr 2018. Die Zahl der Mitarbeiter ist die zum 31. Dezember 2018, der Börsenwert ist der am 20. September 2019.

© SZ vom 14.09.2019
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