Comic-Lesung und Ausstellung an besonderem Ort:David Bowie im Boxwerk München

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Raus aus dem irren Los Angeles und rein ins seltsam faszinierende, geteilte Berlin: David Bowie in Reinhard Kleists Comic. (Foto: Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2024)

Reinhard Kleist stellt den zweiten Teil seiner Comic-Biografie über den Popstar David Bowie vor. Am Tag darauf eröffnet er eine Ausstellung als Live-Zeichner. Warum die Events gut ins Boxwerk München passen.

Von Jürgen Moises

Was hat David Bowie mit dem Boxen zu tun? Das werden sich die nächsten Tage manche fragen, wenn der Berliner Zeichner Reinhard Kleist den zweiten Teil seiner David-Bowie-Comic-Trilogie am 1. Februar im Boxwerk München vorstellt.

In dem mit „Low“ betitelten Buch geht es um David Bowies Berliner Jahre. Der 2016 verstorbene Popstar hat von 1976 bis 1978 in der geteilten Stadt gelebt. Er ging dorthin, um sich unter anderem mit einem kalten Entzug von seiner extremen Drogen-Zeit im grellen Los Angeles zu erholen. Begleitet wurde er dabei von Iggy Pop. Vor Ort wurde die Sängerin und Schauspielerin Romy Haag zu einer wichtigen Begleiterin. Und über Edgar Froese von Tangerine Dream tauchte Bowie in die deutsche Krautrockszene ein.

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Der Comic „Low“ begleitet David Bowie dabei, wie er in Berlin vom Koks loskommt und sich einmal mehr künstlerisch häutet. Ein mitreißender Trip – nur über eine Sache erfährt man leider brüllend wenig.

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Vom Boxen ist in „Low“, das mindestens genauso ein Berlin- wie Bowie-Porträt ist, nicht die Rede. Aber spult man ein paar Jahre vor, ins Jahr 1983, dann landet man in Richard Lords Box-Gym in Austin. Dort hat David Bowie damals sechs Wochen trainiert, um sich für seine „Serious Moonlight“-Tour in Form zu bringen. Und weil er, so Richard Lord in einem Interview, „eine Elvis-Presley-Phobie“ hatte. Was heißen soll: Bowie hatte Angst, wie der King of Rock’n’Roll auf Tour zu sterben, wenn er nicht sein Leben drastisch ändert.

Und dann ist da ja auch noch das Cover des Erfolgs-Albums „Let’s Dance“ von 1983. Auf dem ist der Musiker, siehe da, als Boxer dargestellt. Und es heißt, dass die Erfahrungen in Lords Gym ihn dazu inspiriert hätten.

So gesehen gibt es da also eine klare Verbindung zwischen Bowie und Boxen. Aber noch klarer wird die Sache, wenn man den Zeichner Reinhard Kleist mit ins Spiel bringt. Der war nämlich 2019 schon einmal im Boxwerk München, um seinen Comic „Knock Out!“ über den schwarzen, bisexuellen Boxer Emile Griffith vorzustellen. Und seitdem sind der Zeichner und Boxwerk-Inhaber Nick Trachte in Kontakt. Beim neuen „Bowie“-Comic war es dann so, dass es dafür, wie Trachte bemerkte, noch keinen Lesungstermin in München gab. Er kontaktierte Alke Müller-Wendlandt. Die war sofort mit im Ring und konnte zudem den Schauspieler Klaus B. Wolf für die Lesung gewinnen.

Reinhard Kleists Werke sind auch in einer Ausstellung zu sehen, die am Tag nach der Bowie-Lesung im Boxwerk eröffnet wird. (Foto: Carlsen Verlag GmbH, Hamburg 2024)

Das hat nun zur Folge, dass man bei der Comic-Lesung unter anderem den Original-Olympia-Boxring von 1972 als illustre Kulisse hat. Da dieser sich im Boxwerk befindet. Und was man vielleicht auch schon sehen kann, das sind die Bilder von der Ausstellung, die einen Tag später dort eröffnet wird. Gezeigt werden Comic-Zeichnungen, Illustrationen und Plakate zum Thema Boxen. Und Reinhard Kleist wird mit Originalen und Drucken zu seinem „Knock Out!“-Comic dort abermals vertreten sein. Außerdem ist er an der um 16 Uhr startenden Vernissage als Live-Zeichner beteiligt. Seine Motive: Zwei Profiboxer aus den Boxwerk-Reihen, die um etwa 19 Uhr drei Runden lang für einen Sparrings-Kampf in den Ring steigen.

Die dabei entstehende Zeichnung wird danach versteigert. Der Erlös geht an eine gemeinnützige Organisation, über die Kleist selbst entscheiden kann. Auch einige der ausgestellten Werke lassen sich erwerben. Und auch hier geht ein Teil an einen gemeinnützigen Verein: den Boxwerk München e.V. zur Förderung des Sports. Der Großteil geht aber an die Künstler. Weil, so erklärt es Nick Trachte am Telefon, „ich das unterstützen möchte, dass gerade in der heutigen Zeit, mit KI und allem, bei den Künstlern auch wirklich etwas ankommt.“

Unter diesen Künstlern ist mit Uli Oesterle einer der bekanntesten Münchner Comic-Künstler, der extra für die Ausstellung ein zweieinhalb mal zweieinhalb Meter großes Wandbild geschaffen hat.  Ein Wimmelbild mit Blick auf einen ungewöhnlichen Boxkampf und so einigen Insider-Gags. Mit dem gerade mal 13 Jahre alten Valentin Legath ist aber auch ein sehr junger Newcomer dabei. Legath ist ein Boxschüler, der zusammen mit Trachtes Sohn trainiert. Er ist aber auch ein sehr talentierter Zeichner. Und als Trachte den anderen Künstlern dessen gezeichnetes Porträt des Boxers Evander Holyfield gezeigt hat, sei denen, sagt er, „die Kinnlade heruntergefallen“.

Auch im Rahmen der Ausstellung wird hier natürlich geboxt. (Foto: Boxwerk)

Der Schweizer Grafiker und Illustrator Michel Casarramona stellt Plakate zum Thema Boxen aus. Der Münchner Illustrator Marc Herold hat, so Trachte, „einen richtig kleinen Comic gezeichnet fürs Boxwerk“.  Und Simon Gehrke, ebenfalls aus München, hat eine „Wall Of Fame“ geschaffen, die aus Tusche-Porträts von 48 Boxern besteht. Der Grafikdesigner zeichnet bereits seit 15 Jahren immer wieder mal für das Boxwerk. Dieses hat der heute 50 Jahre alte Trachte einst in einem Münchner Hinterhof gegründet. Seit ein paar Jahren befindet sich der Box-Club in einer ehemaligen Eisenschmiede in der Schwindstraße. Mit zwei Hallen und deutlich mehr Platz fürs Boxen und für die Kultur.

Denn Ausstellungen gibt es unter dem Übertitel „Boxwerk. Kunst/Werk“ dort schon länger. Im letzten November waren dort etwa Gemälde von Milan Mihajlovic zu sehen. Dann ist da aber auch noch die Stand-up-Comedy-Reihe „Punchlines“, die am 22. Februar ihren zehnten Geburtstag feiert. Es gab Opernsängerinnen im Boxring. Und mit den „Footwork Sessions“ an jedem zweiten Samstag im Monat gibt es seit Kurzem auch noch eine Jazzreihe. Die Idee dahinter? „Brücken zu bauen“, erklärt Trachte, für Leute, die sonst „vielleicht nie einen Fuß ins Boxwerk setzen würden“. Und in der Tat sollte man sich darauf einstellen, dass man beim Ausstellungsbesuch unter der Woche mitten im Boxtraining landet.

Reinhard Kleist: Low, Comic-Lesung, Samstag, 1. Februar, 18 Uhr; Zeichnerische Arbeiten zum Boxsport, Sonntag, 2. Februar, 16 Uhr (Eröffnung), bis 9. Februar, Boxwerk München, Schwindstraße 14, boxwerk.de

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