München:Das Ufo ist gelandet

Im Theatron im Ostpark steht ein ungewöhnliches Kuppelzelt namens Lunatico. Dort ist Platz für großes Theater. Schauspieler und Zuschauer sind nah beieinander - ideal für eine Shakespeare-Aufführung

Von Hubert Grundner, Ramersdorf

Die Begegnung muss beeindruckend gewesen sein: "Ein Monsterbau stand da in der Landschaft, wie ein gelandetes Ufo. Drumherum gab's nichts, nur ein Bauernhof war in der Nähe." Noch heute, Jahre später, ist Helmut von Ahnen, dem Geschäftsführer des Festspielhauses Neuperlach, die Begeisterung anzumerken, die ihn vom Fleck weg gepackt hatte, wenn er von diesem Erlebnis erzählt. Bei dem "Monsterbau" handelte es ich um zwei miteinander verbundene Kuppelzelte, in der eine Schauspielgruppe im englischen Cornwall auftrat. Ahnen war auf die Truppe aufmerksam geworden, weil er 2013 für die Uni ein Proseminar über Kindertheater in Europa vorbereitete. Aus dem Seminar wurde zwar nichts, aber eine Idee war geboren: "Das könnten wir doch auch machen", habe er sich gedacht.

Vier Jahre später ist aus dieser Vision Realität geworden: Im Theatron im Ostpark ist jetzt ebenfalls ein "Ufo" gelandet. Von Ferne betrachtet, könnte man auch glauben, ein gigantischer weiß-blauer Wasserball sei in eine Suppenschüssel gefallen - an deren Rand ein sichtlich zufriedener Helmut von Ahnen sitzt. Nach rund acht Tagen harter Arbeit war das Theaterzelt namens Lunatico auf dem Boden des Theatrons aufgebaut. Es handelt sich um ein freitragendes Kuppelzelt, einen sogenannten geodätischen Dom, dessen tragende Struktur aus Dreiecken zusammengesetzt ist. Er hat einen Durchmesser von 22,5 Metern und eine Höhe von 8,5 Metern. Im Inneren sind die Bühne und eine Zuschauertribüne mit Platz - inklusive einiger Stühle - für rund 150 Besucher. Die Installation von Licht- und Tontechnik ist fast abgeschlossen, es sind nur noch kleinere Arbeiten zu erledigen, bevor sich am Wochenende der Vorhang erstmals hebt.

Geodätischer Dom Lunatico Ostpark Festspielhaus

Das Lunatico-Zelt soll in den kommenden Tagen Platz für großes Theater bieten.

(Foto: Festspielhaus)

Hersteller des Kuppelzeltes ist die österreichische Firma "Futurum Domes" aus Kloster Neuburg bei Wien. Angestellte des Unternehmens hatten in einem Container die Einzelteile angeliefert und anschließend den Leuten vom Festspielhaus beim Aufbau geholfen. Dabei wurden 120 Erdnägel mit einer Länge von 1,30 Meter und einer Dicke von 40 Millimetern in den Boden getrieben, um das Zelt zu befestigen. "Das muss halten, wenn der Wind reinfährt", so Ahnen. Am vergangenen Montag waren dann Statiker sowie Vertreter von Lokalbaukommission und Branddirektion an Ort und Stelle und haben alles abgenommen, zum Beispiel die vorgeschriebenen Fluchtwege. Von offizieller Seite steht dem Theaterevent im Grünen somit nichts mehr im Weg.

Und es soll nicht bei einem einmaligen Erlebnis bleiben. "Die Idee war und ist, den Dom jährlich im Stadtbezirk Ramersdorf-Perlach aufzubauen", sagt Ahnen. Allerdings schiebt der Geschäftsführer gleich hinterher, dass man angesichts der ungewissen Zukunft des Festspielhauses erst schauen müsse, wie es weitergeht: Bis Herbst 2018 muss die Schauspieltruppe ihr bisheriges Domizil an der Quiddestraße räumen, und ein neuer Standort ist noch nicht gefunden. "Aber prinzipiell geht's mit dem Kuppelzelt weiter", gibt sich Ahnen zuversichtlich. Nach dem hoffentlich erfolgreichen Testlauf in den nächsten Tagen suche man sich für das nächste Mal vielleicht einen Partner. Dann könnte man das Kuppelzelt mit einem zweiten Programm bespielen, wobei es sich nicht unbedingt um Theater handeln müsste. "Wir wollen aber kein zweites Tollwood werden", es werde im Umfeld auch keine Gastronomie geben, betont Ahnen. Kunst statt Kommerz lautet also das Motto. Dabei sei das Kuppelzelt "eine archaische Form für ein archaisches Theatererlebnis mit viel Handlung. Schauspieler und Zuschauer sind ganz nah beieinander, und die Akustik ist phänomenal - ideal für Shakespeare", schwärmt er.

Helmut von Ahnen Lunatico Ostpark Theatron Festspielhaus

Die Bühne steht: Regisseur Helmut von Ahnen will den Zuschauern im Lunatico-Zelt in den kommenden Tagen ein "archaisches Theatererlebnis" bereiten.

(Foto: Festspielhaus)

Was also läge näher, als dem Theatergott mit einer Aufführung von "Cymbeline" zu huldigen? Das märchenhafte und wilde Spätwerk Shakespeares erzählt eine Geschichte vom Erwachsenwerden und Selbstfinden. Alle machen sich irgendwohin auf die Reise, in die Ferne, zu sich selbst und nach Hause. Es sind abenteuerliche Wege. Sie führen für die einen durch die Wildnis, für andere durch einen Krieg und für alle durch unverschuldete oder selbst verschuldete Notlagen. Yorick's Company widmet sich der Vorlage mit ausreichender Ehrfurcht und der notwendigen Unbeschwertheit - und viel Musik.

Es spielen Sophie Jentsch, Lena Köstler, Daniel Pink, Martin Schülke, Georg Schulze, Markus Maria Winkler und Catinca Wolf. Die Musik stammt von Peter Geierhaas, Regie führt Helmut von Ahnen. Premiere ist am Freitag 30. Juni. Weitere Vorstellungen: Samstag, 1., Mittwoch, 5., Freitag, 7., und Samstag, 8. Juli, Beginn jeweils 21 Uhr, sowie Sonntag, 2. und 9. Juli, Beginn 19 Uhr. Karten zu neun/ermäßigt fünf Euro unter Tel. 672020 oder E-Mail an info@festspielhaus.biz. Das Theatron liegt im östlichen Teil des Ostparks (U-Bahn Quiddestraße).

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