Kommentar:Ohne Tunnel läuft es nicht

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Die Stadt pocht zu Recht darauf, dass der Ausbau der Trasse zwischen Daglfing und Johanneskirchen nicht oberirdisch erfolgt

Von Nicole Graner

Zahlen hin, Zahlen her. Mal kostet der Tunnel so viel, mal so viel. Man hat es leid. Und was die Aussagekraft des Bundesverkehrswegeplans 2030 betrifft, kann man nur den Kopf schütteln. Wie können Varianten sinnvoll geprüft werden, wenn wichtige Zahlen fehlen, etwa die des Brenner-Nordzulaufs? Auch wenn nicht alle Züge von dort durch München rattern, weil ein paar, wie die Bahn sagt, in Kufstein abgezweigt werden, spielt das keine Rolle mehr: Für die Anwohner in Trudering und in Daglfing/Johanneskirchen wäre der oberirdische, viergleisige Ausbau auf jeden Fall ein Schlag ins Gesicht.

Ja, die Züge werden leiser. Ja, die Bahn baut Schallschutzwände, deren Wirksamkeit, je nach Höhe und Lage, fraglich ist. An der Strecke München - Rosenheim - Kiefersfelden bewirken Lärmschutzwände zum Beispiel nur eine Minderung von fünf bis neun Dezibel - wie die Bahn auf ihrer Webseite zum Brenner-Nordzulauf selbst mitteilt. Das reicht nicht. Denn auch Schallschutzfenster wird man in warmen Sommernächten mal öffnen müssen.

Und dann wäre da noch die Transparenz. Warum ist es nicht möglich, die Menschen, die in Zukunft mit dem Dauer-Rattern leben müssen, kontinuierlich zu informieren, wirklich alle mit ins Boot zu holen? Warum hält die Deutsche Bahn nach langem Schweigen eine Pressekonferenz ab, ohne vorher mit der Stadt, den Anwohnern, den Bezirksausschüssen und den Bürgerinitiativen über das komplizierte Thema zu sprechen? Eine Debattenkultur, die zukunftsweisend mit dem Osten umgeht, in dem noch so viel passieren wird - etwa bei der Stadtentwicklungsmaßnahme (SEM) - wäre sehr viel hilfreicher, als sich ständig den Schwarzen Peter zuzuwerfen, wer, wie, wann was richtiger berechnet hat.

Die endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen. Aber die Rathaus-SPD, und nun auch CSU-Stadträte, haben die Haltung Münchens bekräftigt: Nur ein Tunnel kann Immissionsschutz gewähren. Nur mit einem Tunnel kann die geplante Wohnbebauung realisiert werden. Man will sich das auch sehr viel Geld kosten lassen. Aber die SPD will vom Bund als Eigentümer der Bahn und dem Freistaat Bayern nicht im Stich gelassen werden. Was aber, wenn ein Finanzierungsplan zwischen Bund, Freistaat, Bahn und Stadt München scheitert? Dann müssen die Anwohner eine oberirdische Trasse aushalten. Das darf nicht sein!

© SZ vom 27.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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