Süddeutsche Zeitung

Gastronomie:Diese Dachterrassen lohnen sich auch im Winter

Wenn es draußen kalt wird, zieht es viele ausgerechnet auf die Terrasse. Nicht nur auf den Dächern der Luxushotels geht es festlich zu. Von Eisstockschießen bis Flammkuchen: Wo man die Adventszeit mit Aussicht genießen kann.

Von Franz Kotteder und Sarah Maderer

Dem Winter aufs Dach steigen - das scheint den Münchnerinnen und Münchnern zu liegen. Eigentlich gibt es zu ebener Erde ja schon ausreichend viele Christkindlmärkte, Glühweinbuden und Bratwurststände. Nichtsdestotrotz werden jetzt zunehmend auch Dachterrassen für vorweihnachtliche Aktivitäten genutzt. Einige große Hotels machen das bereits seit Jahren, andere Gastronomen ziehen nach. Dabei scheint sich ein neuer Trend abzuzeichnen: Eisstockbahnen sind offenbar im Kommen - statt Natureis spielt man dann allerdings auf weißem Plastik. Die Klassiker der winterlichen Dachterrassennutzung scheint dieser Trend allerdings kalt zu lassen.

Schon vom Promenadenplatz aus lässt sich die bunte Beleuchtung der Polar Bar auf der Blue-Spa-Terrasse des Bayerischen Hofs ausmachen, deren Eröffnung am Donnerstagabend vor etwa 200 Gästen zum 16. Mal gefeiert wurde. Wobei man die Corona-Winter in dieser Zählung nicht einmal weglassen müsste, denn mindestens für Hotelgäste öffnete die Polar Bar auch in den vergangenen beiden Jahren. Nun also wieder in gewohnter Geselligkeit.

Inhaberin Innegrit Volkhardt hieß die Gäste im siebten Stock ihres Luxushotels willkommen und forderte sie dazu auf, "trotz aller aktueller Widrigkeiten" die Zuversicht nicht zu verlieren. Der Münchner Dachterrasseneröffnungsgesellschaft muss man das nicht zweimal sagen. Während Uschi Glas mit Dieter Hermann am lodernden Ofen im verglasten Innenbereich neben Charlotte Knobloch Platz nimmt, stellt die Außenbar ihr Sortiment zur Schau. Zum Aufwärmen gibt es Glühwein, "Hot Mai Tai" und heißen Bratapfel, dazu Kreationen wie "A Kiss From Kitz" aus Birne und Ginger Ale oder "Polar Island", eine Sour-Variation aus Whisky und Averna. Der kleine Hunger kann durch Mini-Burger, Mini-Naan-Brot oder Mango-Kokos-Suppe gestillt werden, alkoholfreie und fleischlose Alternativen sind auf dieser Karte würdig vertreten.

Für den Rundumblick von der Frauenkirche bis zum Riesenrad im Werksviertel nimmt man gerne den zugigen Außenbereich in Kauf, wobei brennende Holzöfen inmitten von geschützten Polsterbänken und ein mit Fell ausgekleidetes Iglu genug Zufluchtsmöglichkeiten bieten. Unter der Woche ist die Polar Bar von 16 bis 22 Uhr geöffnet, am Wochenende sogar schon ab der Mittagszeit zum Verschnaufen zwischen Weihnachtseinkäufen.

Die andere große Dachterrasse eines Luxushotels in der Altstadt findet man auf dem Mandarin Oriental in der Neuturmstraße beim Hofbräuhaus. Zwischen 2010 und 2014 baute man hier sogar eine richtige Almhütte auf und setzte damit selbst einen Trend. Ein paar Jahre lang schien jeder Wirt, der genug Platz dafür hatte, eine Almhütte in seinem Gastgarten aufzustellen. Inzwischen hat sich das größtenteils wieder gegeben.

Auch im Mandarin Oriental ist man vom Haus auf dem Haus abgekommen. Iglus aber dürfen es sein. Zwei davon - aus transparentem Plastik, hergestellt von einem Start-up aus Garmisch - stehen nun auf dem Hoteldach. Dort standen sie bereits im vergangenen Winter, konnten dann aber wegen des Lockdowns nicht genutzt werden. Diesmal sieht's gut aus. Allerdings wird das Vergnügen nun durch die Energiekrise beeinträchtigt: Der Blick auf das hell erleuchtete Häusermeer entfällt, weil in diesem Winter auf Festbeleuchtung verzichtet werden muss.

Das Mandarin Oriental ist eine Kooperation eingegangen mit der Tourismusbehörde von Kitzbühel - schließlich ist der Tiroler Promi-Hotspot für München das, was St. Moritz für London oder Paris ist. Die Kitzbüheler haben unter anderem eine Zweier-Sessellift-Gondel, viele Tannenbäume und allerhand urige Deko beigesteuert. Die eine Iglu-Kuppel bietet Platz für zwölf Personen an einem runden Tisch, die andere für acht Personen. 1800 Euro beziehungsweise 1500 Euro kostet der Abend dort insgesamt, mit allen Getränken und einem ausführlichen Menü. "Wir bieten ein bayerisches Menü an oder eines aus unserem Matsuhisa-Restaurant", sagt Hoteldirektor Dominik Reiner, "bisher hat allerdings noch niemand ein bayerisches Menü bestellt."

Was keineswegs gegen die heimische Küche spricht, denn bayerisch kann man überall in der Stadt speisen, die japanisch-peruanische Fusionsküche des Starkochs Nobuyuki Matsuhisa gibt es allerdings nur hier im Hotel. Und tatsächlich sind die Gelbschwanzmakrele mit Jalapeño, die Sashimi- und Maki-Platten, der berühmte Black Cod und das Rindsfilet im Nobu-Stil köstlich, da möchte man nicht drauf verzichten. Möglicherweise wird der Chef sein Menü noch höchstpersönlich auf dem Dach genießen, er hat eine Visite für Februar angekündigt, verriet Reiner. Und die beiden Iglus bleiben bis zum 28. Februar auf dem Dach.

Drinnen ist es kuschelig warm, und die Akustik ist erstaunlich: Teilweise hört man die Gespräche der am Tisch direkt gegenüber Sitzenden so deutlich, als säßen sie direkt an den eigenen Ohren. Kann bei Weihnachtsfeiern schwierig werden, wenn man sich den neuesten Büroklatsch zuflüstert.

Auf der großen Freiterrasse des Restaurants Fitzroy im 15. Stock des Adina-Hotels im Werksviertel hinter dem Ostbahnhof ist's weniger kuschelig. Dafür kann man problemlos flüstern, falls der Wind nicht zu stark bläst. Die Aussicht, Alpenblick inklusive, ist hier natürlich fantastisch, da lassen sich ein paar frische Böen schon mal ertragen. Und außerdem gibt's da ja noch das "Glühwein-Package" zu 99 Euro für zehn Personen. Etwas Bewegung an der gute zehn Meter langen Eisstockbahn wärmt auch; man kann sie jeweils für 45 Minuten buchen. Momentan ist die Freiterrasse mit Bar nur freitags, samstags und sonntags von zwölf Uhr bis 21.30 Uhr geöffnet - der Personalmangel in der Gastronomie ist schuld daran. Man kann sie aber auch exklusiv an anderen Terminen buchen, bis zu 110 Personen haben auf der Terrasse Platz.

Im Werksviertel findet sich noch eine weitere weihnachtliche Dachterrasse. Sie einen "Tiefpunkt" zu nennen, wäre bösartig, aber tatsächlich handelt es sich hier um die niedrigstmögliche Lösung, denn sie befindet sich auf dem Containerdorf am Eingang des Werksviertels. Glitzernde und leuchtende Tannenbäume schmücken die Bar auf dem Dach; das Ganze nennt sich "Christmas Transit Rooftop", und zu ebener Erde finden sich dort auch gleich noch drei Eisstockbahnen.

Eine Ecke näher zur Innenstadt findet man eine weitere winterliche Szene-Attraktion. Anfang Juli eröffnete im Deutschen Museum die neue Museumsgastronomie "Frau im Mond"-Bar und Restaurant. Team und Speisekarte haben sich mittlerweile eingespielt, und auch die Location zeigt sich bereit für die kalte Jahreszeit: Lichterketten spiegeln sich in der Fensterfront, weiße Stofftischdecken veredeln die Kantinentafeln, blaues Licht sorgt für Polareis-Flair.

Doch der eigentliche Winterspaß beginnt auf der ebenso weihnachtlich geschmückten Außenterrasse mit Isarblick. Zwei Hütten sorgen hier für das leibliche Wohl, die eine mit frisch gehobelten Käsespätzle aus dem Bergkäselaib (Fr-So ab 17 Uhr), die andere mit beerigem, hausgemachtem Glühwein auf Roséwein-Basis und kleinen Snacks wie Maroni, Mandeln und Kürbissuppe aus dem Brotlaib.

Von innen wärmen Suppe und Punsch, von außen Deckenheizstrahler. Dazu bietet die überdachte und ringsum mit Bistro- und Lounge-Tischen bestuhlte Terrasse viel Platz. Der wird besonders in der Terrassenmitte von einer - na, was wohl? - Eisstockbahn genutzt, die für 60 Euro die Stunde gemietet werden kann. Am Wochenende wird die Dachterrasse von einem DJ bespielt und ist ab 15 Uhr zwei Stunden früher geöffnet als unter der Woche.

Wem der Trubel um Marienplatz und Viktualienmarkt an den Adventswochenenden zu viel wird, kann sich auf die Dachterrasse des Louis-Hotels flüchten. Von 16 bis 20 Uhr öffnet hier jeden Freitag und Samstag der "Louis Winterzauber". Über den Hoteleingang oder direkt über den Aufzug am Viktualienmarkt gelangt man in den sechsten Stock des Fünf-Sterne-Hotels. Mehr zwischen als über den Dächern der Stadt liegt hier die Terrasse eingebettet mit Blick auf den Alten Peter nebenan.

Auf der Karte stehen klassisch weißer und roter Glühwein, aber auch alkoholfreie Punschvarianten aus Früchten oder hausgemachtem Jasminsirup, dazu Speisen auf die Hand wie Flammkuchen oder Bratwurst vom Ochsen. Ein Sonnensegel schützt vor leichtem Regen- oder Schneefall, bei starkem Unwetter bleibt die Terrasse jedoch geschlossen.

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