Die CSU München wählt einen neuen Chef: Justizminister Georg Eisenreich soll ab Donnerstagabend die Partei in die Zukunft führen - und als dringendsten Auftrag im Jahr 2026 das Amt des Oberbürgermeisters holen. Nicht als Kandidat, sondern als Stratege und oberster Vorkämpfer. Er löst als starken Mann in der Münchner CSU nach zehn Jahren Ludwig Spaenle ab, und mit einem eigenen Bezirk im Rücken will Eisenreich auch weiter im Kabinett mitmischen. Eine Garantie für einen Platz am Regierungstisch ist der Posten zwar nicht, wie Spaenle 2018 schmerzhaft erfahren musste. Aber dass ein Ministerpräsident zweimal hintereinander einen Münchner CSU-Chef aus dem Kabinett kegelt, darf als unwahrscheinlich gelten.
Spannung bezieht die geplante und seit Monaten abgesprochene Wahl von Eisenreich aus den besonderen Münchner Verhältnissen. Die Frage wird nicht sein, ob er gewählt wird, sondern mit welchem Ergebnis. Lange galt der Bezirk als zerstritten, doch unter Spaenle gab es in den letzten Jahren nach außen hin kaum noch Zank oder Querelen. Nur selten beklagten sich Kritiker vernehmbar, dass einige wenige an der Spitze über die Linie der Partei und Karrieren entscheiden würden. Eisenreich selbst gehört seit 2003 dem Landtag an und regierte als langjähriger Vize in München innerparteilich bereits kräftig mit. So hart und kräftig manchmal, dass er von den Delegierten bei vergangenen Vorstandswahlen auch mal mit einem sehr durchschnittlichen Ergebnis abgestraft wurde, wie etwa 2017. Doch schon bei der letzten Wiederwahl als Vize erhielt Eisenreich 92,3 Prozent der Stimmen. Das dürfte die Messlatte sein für den Abend.
Spaenle hatte im Herbst 2020 überraschend verkündet, dass er den Bezirk vorzeitig an Eisenreich übergeben wolle. Doch das Coronavirus verhinderte alle Versuche für eine vorgezogene Neuwahl. Nun erfolgt sie auf einem Parteitag im regulären Turnus. Einen ernsthaften Gegenkandidaten gab es für Eisenreich nicht. CSU-Generalsekretär Markus Blume hätte ein Bezirk im Rücken für seine Machtoptionen in Bayern nicht geschadet, doch die bisherige Spitze hatte dem früh einen Riegel vorgeschoben. In der Runde der neun Kreisvorsitzenden, in der die wichtigsten Personal- und Sachentscheidungen der Münchner CSU fallen, sollen sich bis auf ihn alle für Eisenreich ausgesprochen haben.
Münchner CSU:Eine Karriere voller Höhen und Tiefen
Ludwig Spaenle tritt als Münchner CSU-Chef ab - nach fast zehn Jahren im Amt. Der Bezirksverband gilt als kompliziert und schwer zu führen. Jetzt muss sein designierter Nachfolger Georg Eisenreich das Erfolgsrezept für die Zukunft finden.
Hoch hergegangen sein soll es bei einer anderen Personalie: Kristina Frank, die Oberbürgermeister-Kandidatin der letzten Kommunalwahl, gilt als sehr umstritten. Ihr werfen einige Parteigranden hinter verschlossenen Türen vor, dass sie die Aufarbeitung des schlechten Ergebnisses der CSU 2020 nicht sehr interessiert habe und dass sie sich um die Basis nicht kümmere. Der künftige Chef Eisenreich soll zu einem ersten Machtwort gezwungen gewesen sein. Dass Frank als stellvertretende Vorsitzende wiedergewählt wird, ist deshalb anzunehmen. Aber das Ergebnis könnte schon ein Fingerzeig sein, über welche Karrierechancen sie in der Münchner CSU noch verfügt.
Die Stadtpartei will Eisenreich mit einem Strategieprozess fit für die Kommunalwahl 2026 machen. Auf breiter Basis soll bis 2024 ein Grundsatzprogramm erarbeitet werden. Dafür sind bereits 17 Fachforen beschlossen, die sich mit den künftigen Inhalten der CSU befassen sollen. Eisenreich weiß sehr genau, dass er den Münchner Bezirk in einer Phase eines deutlichen Abwärtstrends übernimmt. Seit der erfolgreichen Kommunalwahl 2014 jagte eine Niederlage die andere.
Besonders bitter verlief das Jahr 2018 für die Münchner CSU: Zuerst warf Ministerpräsident Markus Söder den Bezirksvorsitzenden und bis dahin als Freund geltenden Superminister Spaenle aus dem Kabinett. Im Herbst bei der Landtagswahl verlor die CSU fünf von neun Direktmandaten an die Grünen, darunter auch das von Spaenle. Bei der Kommunalwahl 2020 verfehlte die Partei ebenfalls alle drei ausgegebenen Ziele: den Sieg bei der OB-Wahl, den Einzug in den Stadtrat als stärkste Fraktion und eine Regierungsbeteiligung. Ein Hauen und Stechen in der Partei blieb wohl nur aus zwei Gründen aus: Die Fraktion konnte sich mit 20 Mitgliedern gerade so über dieser wichtigen Grenze halten, und OB-Kandidatin Frank erreichte mit hauchdünnem Vorsprung vor der Grünen Katrin Habenschaden die Stichwahl.
Die Grünen stehen als künftiger Hauptgegner in München schon länger im Fokus der CSU - und werden dort auch bleiben. In der Spitze der CSU rechnet man angesichts des aktuellen Zustands der SPD auf allen politischen Ebenen nicht damit, dass es 2026 einen Dreikampf um die Macht in der Stadt geben wird. Auch bei den Wahlen im Bund diesen Herbst und im Land im Jahr 2023 werden sich die CSU-Kandidaten an den Grünen abarbeiten, so ist zu hören. Eisenreich soll bei den Ergebnissen die Trendwende bringen - und steht dafür auch in der Pflicht.