Überwältigendes Ergebnis:Münchner CSU wählt Georg Eisenreich zum Bezirkschef

Lesezeit: 4 Min.

Der 50 Jahre alte bayerische Justizminister erhält auf dem Parteitag 83 von 84 Stimmen. OB-Kandidatin Kristina Frank wird von den Delegierten abgestraft.

Von Heiner Effern, München

Die CSU München hat einen neuen Chef: Justizminister Georg Eisenreich wird die Partei in die Zukunft führen - und soll als dringendsten Auftrag im Jahr 2026 das Amt des Oberbürgermeisters holen. Nicht als Kandidat, sondern als Stratege und oberster Vorkämpfer. Er sei "stolz, Mitglied dieser CSU München zu sein. Wir können noch mehr daraus machen und das will ich zusammen mit euch Schritt für Schritt angehen", sagte Eisenreich in seiner Rede am Donnerstagabend auf dem Parteitag der Münchner CSU am Nockherberg. Bei der anschließenden Wahl erhielt er 83 von 84 Stimmen. "Wahnsinn, herzlichen Dank. Ich nehme die Wahl sehr gerne an", sagte der neue Bezirksvorsitzende.

Der 50 Jahre alte Eisenreich löst als starken Mann in der Münchner CSU nach zehn Jahren Ludwig Spaenle ab, der von seinen Parteikollegen mit Standing Ovations verabschiedet und gleich noch zum Ehrenvorsitzenden gewählt wurde. "Es war mir eine Ehre", schloss dieser seine letzte Rede als München-Chef. Mit einem eigenen Bezirk im Rücken will Eisenreich auch weiter im Kabinett mitmischen.

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Eine Garantie für einen Platz am Regierungstisch ist der Posten zwar nicht, wie Spaenle 2018 schmerzhaft erfahren musste. Aber dass ein Ministerpräsident zweimal hintereinander einen Münchner CSU-Chef aus dem Kabinett kegelt, darf als unwahrscheinlich gelten. Am Donnerstag lobte Söder in seiner Rede auf dem Parteitag jedenfalls Eisenreich, wie es sich für einen Kandidaten gehört, allerdings galt das auch für die gesamte Münchner CSU - und natürlich für den Ministerpräsidenten selbst, der nach eigener Meinung ganz hervorragend regiert.

"Ihr habt Rückhalt von meiner Seite", sagte Söder. Ihm sei bewusst, dass es die CSU in der Stadt schwerer habe als auf dem Land. Und um Eisenreich nicht gleich zu viel Selbstbewusstsein mitzugeben, erinnerter er ihn noch daran, dass sie nicht immer einer Meinung seien. Was aus Söders Sicht nicht sein Fehler sein dürfte.

Spannung bezog die seit Monaten abgesprochene Wahl von Eisenreich nur aus den besonderen Münchner Verhältnissen. Die Frage war nicht, ob er gewählt wird, sondern mit welchem Ergebnis. Die Zeit der parteiinternen Querelen scheint zwar überwunden zu sein, doch einige wenige an der Spitze entscheiden über die Linie der Partei und über Karrieren. Zu denen gehört vor allem auch Eisenreich, er regierte als langjähriger Vize in München innerparteilich bereits kräftig mit. So hart und kräftig manchmal, dass er von den Delegierten bei vergangenen Vorstandswahlen auch mal mit einem sehr durchschnittlichen Ergebnis abgestraft wurde, wie etwa 2017. Das Ergebnis vom Donnerstagabend zeigt nun: Eisenreich kann die Münchner CSU sehr geschlossen hinter sich versammeln.

Spaenle hatte im Herbst 2020 überraschend verkündet, dass er den Bezirk vorzeitig an Eisenreich übergeben wolle. Doch das Coronavirus verhinderte alle Versuche für eine vorgezogene Neuwahl. Nun erfolgte sie auf einem Parteitag im regulären Turnus. Einen ernsthaften Gegenkandidaten gab es für Eisenreich nicht. CSU-Generalsekretär Markus Blume hätte ein Bezirk im Rücken für seine Machtoptionen in Bayern nicht geschadet, doch von den mächtigen neun Kreisvorsitzenden sollen sich bis auf ihn alle für Eisenreich ausgesprochen haben.

Hoch hergegangen sein soll es bei einer anderen Personalie: Kristina Frank, der Oberbürgermeister-Kandidatin der letzten Kommunalwahl, werfen einige Parteigranden hinter verschlossenen Türen vor, dass sie die Aufarbeitung des schlechten Ergebnisses der CSU 2020 nicht sehr interessiert habe und dass sie sich um die Basis nicht kümmere. Der künftige Chef Eisenreich soll im Vorfeld zu einem ersten Machtwort gezwungen gewesen sein. Dass Frank als stellvertretende Vorsitzende wiedergewählt wurde, war anzunehmen. Mit nur 46 von 79 gültigen Stimmen erzielte sie ein Ergebnis, das als brachialer Denkzettel gelten darf und zeigt, dass ihre künftige Karriere kein Selbstläufer sein dürfte.

Die Stadtpartei will Eisenreich mit einem Strategieprozess fit für die Kommunalwahl 2026 machen. Auf breiter Basis soll bis 2024 ein Grundsatzprogramm erarbeitet werden. Dafür sind bereits 17 Fachforen beschlossen, die sich mit den künftigen Inhalten der CSU befassen sollen. Das soll auch neue Wählerschichten anlocken, sagte Eisenreich. "Ich möchte, dass wir für Frauen und junge Menschen attraktiver werden."

Er will weiter den Spagat versuchen zwischen konservativen Werten (ein Strauß-Bezug darf da in einer Rede nie fehlen) und liberaler Großstadtpartei. Dazu will er soziale Schwerpunkte setzen. "München ist teuer, sehr teuer. Menschen mit normalen Einkommen, Familien und Senioren, müssen sich auch künftig das Leben in München noch leisten können. Das ist mir ein ganz persönliches Anliegen."

Eisenreich weiß sehr genau, dass neue Ideen und Zugänge nötig sein werden, dass er den Münchner Bezirk in einer Phase eines deutlichen Abwärtstrends übernimmt. Seit der erfolgreichen Kommunalwahl 2014 jagte eine Niederlage die andere. Besonders bitter verlief das Jahr 2018 für die Münchner CSU: Zuerst warf Ministerpräsident Söder den Bezirksvorsitzenden und bis dahin als Freund geltenden Superminister Spaenle aus dem Kabinett.

Im Herbst bei der Landtagswahl verlor die CSU fünf von neun Direktmandaten an die Grünen, darunter auch das von Spaenle. Bei der Kommunalwahl 2020 verfehlte die Partei alle drei ausgegebenen Ziele: den Sieg bei der OB-Wahl, den Einzug in den Stadtrat als stärkste Fraktion und eine Regierungsbeteiligung.

Die Grünen stehen als künftiger Hauptgegner in München schon länger im Fokus der CSU - und werden dort auch bleiben. In der Spitze der CSU rechnet man angesichts des aktuellen Zustands der SPD auf allen politischen Ebenen nicht damit, dass es 2026 einen Dreikampf um die Macht in der Stadt geben wird. Auch bei den Wahlen im Bund diesen Herbst und im Land im Jahr 2023 werden sich die CSU-Kandidaten an den Grünen abarbeiten, so ist zu hören. Eisenreich soll bei den Ergebnissen die Trendwende bringen - und steht dafür auch in der Pflicht.

© SZ vom 16.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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