Vor dem CSD:LGBTIQ-Aktivisten stellen Forderungen an Politik

Christopher Street Day - München

In diesem Jahr findet der CSD wieder auf Münchens Straßen statt.

(Foto: dpa)

Lehrkräfte oder Polizisten verhielten sich oft unsensibel gegenüber queeren jungen Menschen, kritisieren sie. Deshalb fordern sie Fortbildungen und einen Aktionsplan.

Von Thomas Anlauf

Der Christopher Street Day (CSD) in München ist nicht nur ein buntes Fest der Szene von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen, sondern auch eine durchaus politische Veranstaltung. Die Jugendgruppen "die Jungs" und "plusPol" haben einen ganzen Forderungskatalog an die Politik zusammengestellt. Denn wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass ein unsensibler oder homophober Umgang mit diesen jungen Menschen dramatische Folgen haben kann.

So hat die Studie eines Teams um die US-Forscherin Kirsty Clark ergeben, dass bei den als LGBTIQ klassifizierten Jugendlichen mehr als jeder fünfte gemobbt wurde, bei anderen Jugendlichen waren es knapp jeder zwanzigste. Auch das Risiko für Depressionen ist laut Stefan Gartner, Leiter der Münchner Jugendgruppen, besonders hoch, wenn nicht der gewünschte Name verwendet wird.

Die jungen Menschen, die sich regelmäßig bei Diversity München in der Blumenstraße treffen und diskutieren, fordern deshalb die Schulung aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Bereichs zu queeren Themen - insbesondere Polizei, Behörden und Justiz. "Wenn man sich an die Polizei wendet, wird man allzu oft nicht wahrgenommen", sagt Gartner. Polizisten würden sich gegenüber queeren Personen oft nicht sensibel verhalten. Auch in der Schule fordern die jungen Menschen "verpflichtende Fortbildungen" für die Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher.

So blieben nicht-binäre Personen, also Menschen, die sich nicht ausschließlich als männlich oder weiblich identifizieren, oftmals im Unterricht und in Schulbüchern unbeachtet oder würden sogar ausgeschlossen, wenn es bei Fragestellungen einzig um Mädchen oder Buben gehe. Wichtig sei auch die Schaffung queerer betreuter Wohnformen, Unterkünfte und Schutzstellen. Denn es passiert offenbar häufig, dass Jugendliche, die sich vor der Familie outen, zu Hause rausfliegen und dann auf der Straße stehen ohne Betreuung.

Die jungen Aktivistinnen und Aktivisten fordern genauso wie die CSD-Verantwortlichen einen "Aktionsplan LGBTIQ für Bayern". Lediglich der Freistaat habe im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern noch keinen Aktionsplan zur Gleichstellung von LGBTIQ. Gewalt und Hasskriminalität gegenüber queeren Menschen seien in Deutschland bis heute allgegenwärtig. Das Schwule Kommunikations- und Kulturzentrum Münchner Sub und ein CSD-Gesellschafter haben deshalb eine Petition für den Aktionsplan gestartet.

So sollen unter anderem in Bayern queer-spezifische Gewalt- und Diskriminierungszahlen erfasst, die Beratungsinfrastruktur ausgebaut werden und eine Landesbeauftragte oder ein Landesbeauftragter alle Maßnahmen entwickeln und umsetzen. Während des CSD gibt es in diesem Jahr auch wieder Infostände, an denen Menschen sich dieser Forderung anschließen können. Insgesamt mehr als 50 Organisationen und Initiativen aus ganz Bayern sind Erstunterzeichner der Petition.

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