Shopping während Corona:Das Handy als Eintrittskarte zum Einkaufen

click & meet, Einzelhandel in der Innenstadt

Wer bei Sport Schuster shoppen will, muss nachweisen, dass er sich zuvor online registriert hat - oder seine Daten vor Ort hinterlassen.

(Foto: Florian Peljak)

Wer shoppen will, muss sich vorher im jeweiligen Laden anmelden - oder seine Kontaktdaten vor Ort hinterlegen. Zumindest meistens, denn nicht alle Geschäfte kontrollieren den Zugang so penibel.

Von Tom Soyer

Das neue Shopping heißt nun "Click & Meet", obwohl sich die Leute ja gerade pandemiebedingt gar nicht treffen, sondern Abstand halten sollen. Doch die Sache mit den online gebuchten Einkaufsterminen in der Münchner Innenstadt funktioniert. Es ist mäßig voll in den Läden und mäßig voll draußen in der Fußgängerzone - so war das ja auch gewollt. Aber es ist allem Anschein nach auch ein großer Liebesdienst des Handels an seiner Kundschaft. Denn die Geschäfte halten viel Personal vor, damit eine sehr stark reduzierte Kundenzahl in die Läden kommen darf. Das hilft den gebeutelten Unternehmen wohl nicht, all das auszugleichen, was ihnen seit Mitte Dezember, seit Lockdown im Weihnachtsgeschäft, entgangen ist.

Bei Alpinskiern versucht Sport Schuster die Verkaufs-Aufholjagd erst gar nicht, da sei bis auf einen kleinen Rest das meiste Material schon eingelagert, sagt Michael Decker, der stellvertretende Store-Leiter. Und auch Langlaufskier werden erst im Oktober wieder rausgeholt. Decker ist dennoch richtig zufrieden. Seit Montag ist der Laden geöffnet, und nach anfänglicher Zurückhaltung ist das Geschäft im Münchner Zentrum inzwischen fast ständig mit den maximal möglichen 150 Besuchern ausgebucht. Zwei ungemein freundliche Schuster-Mitarbeiter managen den Einlass am Haupteingang. Wer online angemeldet ist, erhält direkt Zutritt. Doch auch Spontaneinkäufe sind möglich, wenn man an Ort und Stelle mit dem Handy einen QR-Code einscannt und seine Daten hinterlegt.

Und wenn die entsprechende Abteilung nicht schon ausgebucht ist. Denn bei Schuster wird zielgenau nach Abteilung gebucht, und so kann es schon sein, dass die Bergschuh-Abteilung gerade belegt ist. Wanderschuhe seien nämlich ebenso wie Laufschuhe grad der große Renner, sagt Store-Vizechef Decker. Bei Schuster haben sie inzwischen schon alles auf Sommer umgestellt - und hadern nicht mehr mit der einigermaßen entgangenen Wintersaison.

Die Kunden brächten Geduld mit, seien "zu 99,9 Prozent positiv und dankbar eingestellt". Und sie bescherten dem Sporthändler sogar in dieser Zeit, in der nur maximal ein Zehntel der üblichen Kundenmenge ins Haus dürfe, einen ziemlich fabelhaften Erfolg, scherzt Decker: "Es war bisher noch selten so, dass die Schlange vor unserer Türe länger war als die vor dem Apple-Store nebenan." Am Samstagvormittag ist das tatsächlich so. Bei Apple stehen drei Menschen und warten auf ihren Termin, bei Schuster mehr als doppelt so viele.

Bei Kaufhof am Marienplatz wird am Einlass ebenfalls streng kontrolliert. Es gibt zwei Spuren, und beide sind ohne Menschenschlange: eine für die spontane Registrierung für den Einlass, die auch wieder übers Smartphone und über einen QR-Code auf einer Tafel funktioniert, eine zweite Spur für bereits gebuchte Shopping-Termine. Einkaufen in Pandemiezeiten erfährt einen eindeutigen digitalen Schub. Wer nicht gleich online kauft und alles an die armen Paketbotinnen und -boten abwälzt, braucht im Augenblick sein Handy gleichsam als Eintrittskarte zum Einkaufen.

Im Familienbetrieb "Holz-Leute" fühlt man sich den Kunden gegenüber verpflichtet, wieder zu öffnen - auch wenn sich das finanziell kaum rechnet

Zumindest fast immer. Denn im Traditionshaus Kustermann kommt man sowohl vom Hintereingang am Viktualienmarkt als auch vom Haupteingang am Rindermarkt ohne jede Einlasskontrolle ins Haus. Tafeln bitten, sich die Hände zu desinfizieren an den Spendern und ansonsten "die geltenden Hygienevorschriften zu beachten". Aber das war's dann auch schon. Vergleichsweise niederschwelliges Einkaufsvergnügen, wenn man davon absieht, dass große Bereiche im Laden hinter rot-weißem Trassierband weggesperrt sind, die Geschirr- und Gläser-Regale etwa. Möglicherweise, weil das die Rückverfolgung zweifelhafter Fingertapper erübrigt. Der Füllgrad im Laden ist, gemessen an früheren Samstagvormittagen bei Kustermann, aber ebenfalls deutlich reduziert, Töpfe und Tassen kann man hier ohne Gedränge und mit viel Platz einkaufen.

click & meet, Einzelhandel in der Innenstadt

Zutritt ohne gesonderte Einlasskontrolle: Haushaltswaren-Kaufhaus Kustermann.

(Foto: Florian Peljak)

Christine Österle, die Seniorchefin des exklusiven Fachgeschäftes "Holz-Leute" an der Ecke von Viktualienmarkt und Marienplatz, macht sich da mehr Gedanken, wie das mit dem Einzelhandel unter den Vorgaben der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 5. März 2021 zu funktionieren hat. Am Eingang kontrolliert ihre Auszubildende und lässt nur ein, wenn Name und Kontaktdaten in einer Liste hinterlegt werden. Die Senior-Chefin weiß natürlich genau, dass sich die Ladenöffnung nicht rechnet, wenn nur so Wenige reingelassen werden dürfen. "Wir hatten unter der Woche Stunden, da war niemand im Laden". Es brauche schon Durchhaltevermögen, trotzdem auch dann zu öffnen, wenn niemand exklusive Holz-Schachfiguren, edle Messer oder Bürsten und Besen aus schönem Holz kaufen will.

Der vor 148 Jahren gegründete Familienbetrieb, "der schon den König gesehen hat", wie Österle sagt, "der hat eine gewisse Verpflichtung gegenüber den Kunden", insbesondere den Stammkunden. "Denn die brauchen wir ja auch wieder, wenn das alles mal vorbei ist." Dass nicht richtig geöffnet werden darf und sie von der beschränkten Öffnung auch erst drei Tage vorher von der Politik erfahren habe, stimme sie recht unfroh, sagt Christine Österle: "Wir sind alle ein bisserl geladen". Sie haben dann doch noch rasch für Ostern dekoriert, erzählt sie.

click & meet, Einzelhandel in der Innenstadt

Christine Österle sagt, sie sei "ein bisserl geladen".

(Foto: Florian Peljak)

Die Senior-Chefin hofft, dass es nicht wieder so läuft wie mit der Weihnachtsware ("nicht aus China, aus dem Erzgebirge!"), die sie im Lockdown wieder wegräumen mussten. Österle besinnt sich aber auch gleich wieder auf den Stolz, ein angestammtes Fachgeschäft zu sein: "Wenn man so lang da ist, dann ist man hart im Nehmen!"

Das müssen an diesem Samstag auch die Elektronik-Bastler sein, die im Tal beim Elektronik-Händler Conrad Leiterplatinen oder externe Festplattenlaufwerke kaufen wollten. Da prangt heute ein Schild am Eingang, welches einer Kundin vernehmlichen Grant entlockt: Heute Jahresinventur. "Des is a Super-Idee! Da hättn's so lang Zeit ghabt dafür!", schimpft die verhinderte Kundin. Beim Elektronik-Laden helfen heute weder ein QR-Code am Eingang noch das Smartphone, und die Corona-Inzidenz war ausnahmsweise auch nicht schuld.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusLudwig Beck-Chef Christian Greiner
:"München hat den Schuss oft nicht gehört"

Christian Greiner, Chef des Traditions-Kaufhauses Ludwig Beck, wirft der Politik im Kampf gegen Corona Einfallslosigkeit vor. Ein Gespräch über Einkaufen in und nach der Pandemie.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: