Schule während Corona:Das große Quarantäne-Kuddelmuddel

Coronavirus · Unterricht in einer Schulklasse

Über die Quarantäne-Regeln an Münchner Schulen herrscht Verwirrung.

(Foto: dpa)

Viele Eltern, Lehrer und Schüler gehen ohne eindeutige Signale der Politik ins Wochenende. Über die aktuell geltenden Regeln herrscht Verwirrung.

Von Ekaterina Kel und Jakob Wetzel

Können Schulkinder ihre Quarantäne tatsächlich schon vom fünften Tag an beenden? Eigentlich ja: Bayernweit gilt das seit diesem Donnerstag. Doch in München ist die Lage unklar: Die betroffenen Klassen in der Stadt - am Freitagnachmittag waren es 223 von insgesamt gut 6800 - sind im Schwebezustand. Viele Eltern, Schüler, Lehrer und Schulleiter gehen wohl ohne klares Signal ins Wochenende, wie es am Montag weitergeht.

Im Mittelpunkt der Verwirrung steht eine neue Allgemeinverfügung des bayerischen Gesundheitsministeriums vom 2. Dezember. Schüler werden dort gesondert behandelt. So sieht die Regelung vor, dass für Schüler, die im gesamten Klassenverbund in Quarantäne sind, weil ein Mitschüler positiv auf das Coronavirus getestet wurde (sogenannte Kohortenisolation), die Quarantäne schon früher als bisher erst nach 14 Tagen beendet werden kann. Und zwar mit einem negativem Ergebnis eines PCR-Tests oder eines Antigentests, der frühestens am fünften Tag nach dem positiven Test des infizierten Mitschülers vorgenommen wurde.

Wenn der Schüler vom Gesundheitsamt allerdings als Kontaktperson der Kategorie 1 identifiziert wurde, gilt dasselbe frühestens am zehnten Tag. Wie auch für alle Menschen außerhalb der Schule. Die Verfügung trat am Donnerstag in Kraft und gilt auch für Schüler, die bereits in Quarantäne sind. Eine Verkürzung ist theoretisch also bereits möglich. Die Schulen und das Gesundheitsamt stellt das in der Praxis allerdings vor Herausforderungen.

Eine Mutter, deren beide Kinder sich seit vergangener Woche an verschiedenen Schulen in Quarantäne befinden, fragt sich seit Donnerstag: "Warum reicht ein Test nicht aus?" Beide Kinder seien schon über den fünften Tag hinaus und haben auch schon negative Testergebnisse, die den Kriterien entsprechen. Trotzdem müssten beide weiterhin zu Hause bleiben, die Klassen blieben geschlossen. Die jeweilige Schulleitung verweise aufs Gesundheitsamt, das für die Anordnung und Auflösung der Quarantäne zuständig sei, sagt die betroffene Mutter. Auch mehrere Schulen berichten, es gebe noch offene Fragen. "Wir haben am Dienstag eine Klasse in Quarantäne geschickt und wissen noch nicht, für wie lange", sagt zum Beispiel Susanne Asam, Direktorin des Gymnasiums Trudering.

Es fehlten noch klare Informationen aus dem Gesundheitsamt. Das Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU), das auch das zuständige Gesundheitsamt ist, antwortet zwar auf Anfrage, dass die neue Allgemeinverfügung ab diesem Donnerstag auch an den Münchner Schulen umgesetzt werde. Das RGU müsse die Quarantäne für die kohortenisolierten Schüler einer Klasse auch nicht formal aufheben, heißt es. Jedoch gibt es auf die Frage, ob also jede Schule nun selbständig die Klasse wieder öffnen könne, nur soviel: "Wir warten hier noch auf eine verbindliche abschließende Regelung des Freistaates Bayern." Die Aufhebung der Quarantäne gelte nicht für eine gesamte Klasse, sondern nur für die einzelnen Schüler, die negativ getestet wurden.

Das bayerische Gesundheitsministerium sagt, man habe die Ämter mit einem Schreiben am 2. Dezember darüber informiert, dass am Tag darauf eine neue Regelung in Kraft tritt. Womöglich war das eine zu kurze Zeit zur Vorbereitung für die Kommunen? Zur Frage, ob man vorher sichergestellt habe, dass die Gesundheitsämter in den Kommunen die Regelung umsetzen können, gab das Ministerium vor Redaktionsschluss keine Auskunft. Jedoch den Hinweis, dass es da durchaus Rückfragen von den Kommunen gegeben habe. Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) hat am Freitagnachmittag deshalb ein weiteres Schreiben an die Gesundheitsämter angekündigt, das "in Kürze" über "zusätzliche Details zur Umsetzung" informieren soll.

Die "sogenannte Kohortenisolation" schicke eine Schulklasse ab jetzt für mindestens fünf Tage in Quarantäne. Danach sei ein Coronatest für die Schüler "geplant". Wer negativ getestet sei, dürfe wieder zur Schule gehen. "Weitere Entscheidungen trifft das örtliche Gesundheitsamt", so Huml. Das wiederum wartet selbst auf weitere Informationen vom Gesundheitsministerium.

Wie organisiert man unter diesem Umständen den Unterricht? Was, wenn Kinder zu unterschiedlichen Zeitpunkten wieder in die Klasse dürfen? Dem möglichen Durcheinander sieht Direktorin Asam vom Gymnasium Trudering entspannt entgegen. Dass manche Schüler zu Hause bleiben müssen, andere aber nicht, ist für die Schulen nicht grundsätzlich neu. Von den Abschlussklassen an den Gymnasien etwa werden oft nur einzelne Kurse in Quarantäne geschickt. Wie sie damit umgehen, entscheiden die Schulen: Manche bitten den Rest des Jahrgangs, ebenfalls von zu Hause aus digital am Unterricht teilzunehmen.

Andere setzen auf Präsenzunterricht, und die fehlenden Schüler erhalten Unterrichtsmaterial für daheim oder werden digital zugeschaltet. An ihrem Gymnasium würden schon lange solche Mischformen praktiziert, sagt Asam. Und es gebe auch schon Regeln für den Fall, dass nur einzelne Schüler aus der Quarantäne zurückkehren. Dann werde der Distanzunterricht fortgesetzt, bis die ganze Gruppe zurückkommen darf.

Birgit Reiter, Direktorin des Maria-Theresia-Gymnasiums in der Oberen Au geht davon aus, dass die einzelnen Testergebnisse aus einer Klasse binnen weniger Tage einträfen. "Da wird uns was einfallen." Möglich sei etwa, alle Schüler zunächst noch zu Hause zu beschulen. Möglich sei auch, einzelne Tage hybrid zu unterrichten - dann säßen die einen in der Schule, die anderen daheim vor ihren Rechnern. Und wenn nur einzelne Kinder einen negativen Test hätten, diese aber zwingend in die Schule kommen müssten, finde man auch einen Weg. "Es gilt immer die oberste Devise: Gelassenheit."

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