Kultur in München:Demo mit dem falschen Partner

"Kulturlieferdienst" mit Konzert in München während der Corona-Krise, 2020

Wie hier im Mai hat es sich der Kulturlieferdienst zum Ziel gesetzt, trotz der Corona-Krise Veranstaltungen abzuhalten, die den aktuellen Hygienevorschriften entsprechen.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Der den Grünen nahe stehende Kulturlieferdienst München will am Sonntag eine Veranstaltung abhalten, zu der auch ein AfD-naher Verein eingeladen hat. Nun ist unklar, ob das Event stattfindet.

Von Franz Kotteder

Ärger um eine geplante Demonstration der Initiative Kulturlieferdienst München am kommenden Sonntag: Eigentlich will sie um 13 Uhr zu einer Info- und Unterhaltungsveranstaltung mit den Rattlesnake Torpedos vor dem Rattlesnake Saloon in der Fasanerie einladen. Ob die Veranstaltung stattfindet, ist aber noch ungewiss. Denn zur Demonstration hat auch der "Verein zum Erhalt der Bayerischen Wirtshauskultur" (VEBWK) aufgerufen, und dessen Mitbegründer und erster Vorsitzender ist der AfD-Landtagsabgeordnete Franz Bergmüller. Der eher grünennahe Kulturlieferdienst arbeitet jedoch nicht mit AfD-nahen Vereinigungen zusammen. Wegen Bergmüller hatte 2016 der ehemalige CSU-Vorsitzende Theo Waigel eine Laudatio für den Preis "Bayerischer Stammtischbruder" des gleichen Vereins abgesagt. Am Freitag berieten die Mitglieder noch länger ohne konkretes Ergebnis, wie sie mit der Situation umgehen wollen.

Der Kulturlieferdienst wurde unter anderem von Benjamin David (Urbanauten, Kulturstrand) und dem Musiker Jürgen Reiter ins Leben gerufen, um auch unter Corona-Bedingungen Kulturereignisse veranstalten zu können - für einen kleinen Besucherkreis auf Abstand und nach Voranmeldung sowie für Zuhörer und Zuschauer in den angrenzenden Häusern. Eine solche Demo war auch für Sonntag geplant, zusammen mit der Band Rattlesnake Torpedos des Wirts und Musikers Bruno Theil, der den Rattlesnake Saloon betreibt. Theil ist jedoch, ebenso wie die Münchner Wirte Jürgen Lochbihler (Pschorr) und Wiggerl Hagn (Hirschau), Vorstandsmitglied des Wirtshausvereins.

Der Verein zur Erhaltung der bayerischen Wirtshauskultur ist ursprünglich eine vergleichsweise unpolitische Angelegenheit. Gegründet wurde er im Dezember 2007, unter anderem von Bergmüller, um das damals geltende, erste Rauchverbot in Gaststätten umgehen zu können. Damals war es nach dem Gesundheitsschutzgesetz noch erlaubt, in öffentlichen Lokalen zu rauchen, wenn dort geschlossene Vereinsveranstaltungen stattfanden. So kam es binnen Kurzem zu einer beeindruckenden Zahl von Vereinsneugründungen. Die Mitgliederzahl des VEBWK wuchs zum Beispiel zwischen Februar und April 2008 von 10 000 Mitgliedern auf 80 000 Mitglieder.

Nach dem Volksentscheid für ein striktes Rauchverbot 2010 war die Luft allerdings raus. Der Verein kümmerte sich fortan um andere Anliegen der bayerischen Wirtshäuser. Bergmüller, der zuvor schon in diversen Parteien und im Deutschen Hotel- und Gaststättenverband aktiv war und dort zeitweise auch oberbayerischer Kreisvorsitzender, zog dann bei der Wahl 2018 als Abgeordneter der AfD in den Landtag ein. In der zerstrittenen Rechtsaußenfraktion gehört er zum Kreis der Gemäßigten.

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