Süddeutsche Zeitung

Tourismus in München:Jede Buchung ist ein Hoffnungsschimmer

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An Pfingsten dürfen auch die Münchner Hotels wieder Touristen empfangen. Die Betreiber sind erleichtert, auch wenn sich die Nachfrage nach Urlaub in der Stadt in Grenzen hält. Bis sich die Branche erholt hat, könnte es Jahre dauern.

Von Catherine Hoffmann, München

Paul Peters freut sich. "Heute morgen wurde Wasser ins Schwimmbecken eingelassen. Auf Etagen, die geschlossen waren, brennt plötzlich Licht. Und die Fahrräder für unsere Gäste werden geputzt", sagt Peters. Der gebürtige Niederländer ist Hotelmanager vom The Westin Grand und vom Sheraton Arabellapark, das wegen Corona gerade geschlossen hat. Im Westin Grand werden immerhin Geschäftsreisende empfangen.

Vom 21. Mai an dürfen auch Touristen wieder Zimmer buchen. "Wir nennen diesen Tag Liberation Day", sagt Peters mit einem Grinsen, Befreiungstag also. Und tatsächlich: die Reservierungen nehmen wieder zu. Am Freitagnachmittag zählte er 25 Buchungen binnen 24 Stunden. Das ist eigentlich nichts für die beiden Hotels, die zusammen 1100 Zimmer haben. "Wir freuen uns trotzdem", sagt der Manager. "Die Zahlen werden weiter steigen."

Es ist vertrackt, das geht schon bei der Übernachtung los

Seit Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angekündigt hat, dass am Pfingstwochenende Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätze für Touristen öffnen dürfen, ist eine gewisse Erleichterung in der Branche zu spüren - auch wenn ein Buchungsboom in München bislang ausblieb. Das dürfte auch an den komplizierten Corona-Regeln liegen, die in jedem Bundesland ein wenig anders sind. Wer beispielsweise aus Hessen oder Sachsen anreist, muss sich erst mal schlau machen, was genau in München gilt, im Hotel, beim Einkaufen, im Restaurant. Haben die Museen auf? Gibt es Stadtführungen? Fahren die Schiffe über den Starnberger See? "Solange das nicht eindeutig geklärt und kommuniziert ist, werden wir keinen großen Boom erleben", sagt Steve Seeger, Manager des Louis Hotel am Viktualienmarkt. "Die Übernachtungszahlen werden nur Schritt für Schritt steigen."

Es ist vertrackt, das geht schon bei der Übernachtung los. Hotels dürfen nur für Touristen öffnen, wenn die Corona-Infektionszahlen niedrig sind, also in Landkreisen und Städten mit einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz unter 100. Die Übernachtungsgäste müssen ein negatives Coronatest-Ergebnis mitbringen. Das kann ein höchstens 24 Stunden alter PCR-Test oder Antigentest sein. Möglich wäre auch ein Selbsttest, der unter Aufsicht des Hotelpersonals durchgeführt wird. Bei längeren Aufenthalten muss der Test alle 48 Stunden wiederholt werden. Die Testpflicht bleibt auch bei einer Inzidenz von unter 50 bestehen, und sie gilt bislang auch im Wohnmobil auf dem Campingplatz. Von der Testpflicht ausgenommen sind Geimpfte sowie Genesene und Kinder bis zum sechsten Geburtstag. Gäste aus dem Ausland müssen zusätzlich die jeweils geltenden Vorgaben zu Einreise und Quarantäne beachten.

Beim Essen wird es nicht einfacher. In München hat bislang nur die sogenannte Außengastronomie auf. Hotelgäste dürfen allerdings auch im Innenraum bewirtet werden, sagt eine Sprecherin des bayerischen Wirtschaftsministeriums. "Sperrstunde ist 22 Uhr." Schwimmbäder, Wellnessbereiche sowie Solarien und Fitnessräume können ebenfalls für Gäste geöffnet werden. Im Hotel gelten die üblichen Schutzmaßnahmen: Abstandsgebot, Maskenpflicht und Kontaktbeschränkung. Das ist gar nicht so einfach umzusetzen. "Wir haben 72 Zimmer, aber wegen der Auflagen nur Platz für 25 Gäste im Restaurant", sagt Louis-Hotel-Manager Seeger. "Wenn alle frühstücken wollen, müssen wir uns etwas einfallen lassen."

Noch sind die meisten Menschen mit Buchungen zurückhaltend, viele reservieren nur kurzfristig ein Zimmer. "München lebt von Veranstaltungen und Messen, vieles wurde abgesagt, es gibt kein Oktoberfest", sagt Seeger. "Das reißt eine große Lücke." Zur Wiesn ist die Auslastung in den Hotels so hoch wie sonst nur selten. Auch von den Champions-League-Spielen des FC Bayern und der Europameisterschaft hätten Hotellerie und Gastronomie normalerweise profitiert. "Man darf seinen Optimismus nicht verlieren, aber man darf nicht denken, dass bald alles so wie früher wird", sagt Seegers, der hofft, dass dieses Jahr zumindest ein bisschen besser wird als 2020.

"Vielleicht können wir 2024 wieder dort anknüpfen, wo wir in Vor-Covid-Zeiten waren"

Auch Westin-Grand-Manager Peters glaubt, dass es nur langsam aufwärts geht. Immerhin hat Deutschland jetzt die Einreisebestimmungen für US-Amerikaner und einige arabische Staaten gelockert, aus denen viele Übernachtungsgäste herkommen. Auch die Geschäftsreisen nehmen allmählich wieder zu. "Wir sehen große Firmen, die für den November Präsenzveranstaltungen planen", sagt Peters. Doch der Weg zur Normalität sei weit. "Vielleicht können wir 2024 wieder dort anknüpfen, wo wir in Vor-Covid-Zeiten waren."

Wie viele Gäste künftig kommen, hängt auch davon ab, ob Gruppenreisen möglich sind. Bislang dürfen in einem Hotelzimmer nur Menschen aus einem Haushalt schlafen. Für die Meininger Hotels mit ihren Häusern in der Landsberger Straße und im Olympiapark ist das ein Problem, sie haben viele Gruppenreisende, Schulklassen etwa. "An Pfingsten ist nicht viel los, aber für den Sommer sehen die Buchungszahlen besser aus", sagt Malin Widmarc-Nilsson, die für das Marketing der Meininger Hotels verantwortlich ist. Zuversichtlich stimmen sie vor allem die Anfragen von Gruppen für das kommende Jahr.

Bei aller Freude über die Hotelöffnung gibt es auch Kritik. "Sie können einen Hotelbetrieb nicht wie einen Lichtschalter an- und ausknipsen", sagt Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer beim Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband. "Ist die Inzidenz drei Tage über 100, muss am vierten Tag alles geschlossen werden und die Touristen müssen abreisen." Der Schaden für die Hoteliers in diesem Fall wäre immens. Geppert fordert deshalb, den Hotelbetrieb von der Inzidenz zu entkoppeln. Das sei auch zu verantworten, solange alle 48 Stunden ein Test gemacht werde.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2021
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