Ausgangsbeschränkungen:"Bis zum Juni könnte die Hälfte der Betriebe schon aufgegeben haben"

Ausgangsbeschränkungen: Leere Betten, leere Stühle: Lokale und Bars verlagerten einen Teil ihres Mobiliars für ein paar Stunden auf den Odeonsplatz.

Leere Betten, leere Stühle: Lokale und Bars verlagerten einen Teil ihres Mobiliars für ein paar Stunden auf den Odeonsplatz.

(Foto: Stephan Rumpf)

400 Stühle und ein Doppelbett vor der Feldherrnhalle: Die Münchner Gastronomen weisen mit einer Demo auf ihre schwierige Lage hin. Das wollen sie nun jeden Freitag wiederholen - bis sie wieder öffnen dürfen.

Von Franz Kotteder

Martin Stürzer vom Hotel Europäischer Hof hat keinen Stuhl mitgebracht. Aber dafür ein Doppelbett mit zwei Nachtkästchen sowie eine Rückwand. "Man soll schon sehen", sagt er, "dass bei uns die Zimmer leer bleiben." Ja, doch, fällt auf, so ein Doppelbett, hier am Odeonsplatz, vor der Feldherrnhalle. Selbst wenn es so ein bisschen einsam inmitten von 400 leeren Stühlen steht.

Die Münchner Gastronomen protestierten am Freitagmittag erstmals vor der Feldherrnhalle mit sehr stillen Demonstrationsteilnehmern: sehr, sehr vielen Holzstühlen, auf denen niemand sitzt, die aber alle das Logo eines anderen Restaurants, einer Gaststätte, eines Wirtshauses oder einer Bar tragen. Auch ein Pizza-Service ist dabei. Die Idee stammt aus Dresden, dort hatten Wirte am Freitag vor einer Woche fast 1000 Stühle vor die Frauenkirche gestellt um darauf hinzuweisen, dass ihre Lokale noch immer geschlossen sind. Diese Aktion fand enormen Widerhall, eine Woche später schlossen sich Gastronomen in vielen deutschen Städten der Aktion an. Sie soll künftig jeden Freitag wiederholt werden - solange die Zwangsschließungen andauern.

In München wurde das große Stühlerücken vor allem getragen von der Initiative Save Our Local Gastro, dem Hotel- und Gaststättenverband Dehoga sowie dem Leaders Club Germany. Für den sprach Marc Uebelherr, der nicht nur für die in München entstandene Italo-Kette OhJulia! steht, sondern auch verschiedene Restaurants vom Gast im Gasteig bis hin zum Oskar Maria im Literaturhaus oder das Koi am Wittelsbacherplatz betreibt. "Wir brauchen dringend eine langfristige, planbare Perspektive", sagt er in vielen Einzelgesprächen, denn eine richtige Kundgebung mit Lautsprechern und Rednerbühne ist derzeit ja coronabedingt unmöglich. Die angekündigte Senkung der Mehrwertsteuer für Speisen sei ein Hoffnungsschimmer für die Branche, Bars hingegen hätten davon wenig, schließlich mache man dort den Hauptumsatz mit Getränken. Und solange die Schließung andauere, fehle es sowieso an Umsätzen. "Bis zum Juni könnte die Hälfte der Betriebe schon aufgegeben haben", sagt Uebelherr.

Auch Christian Schottenhamel (Nockherberg und Menterschwaige), der Münchner Dehoga-Vorsitzende und Wiesnwirt, hält eine baldige Wiederöffnung von Lokalen für wichtig, "natürlich unter gesundheitlich unbedenklichen Voraussetzungen. Auch Virologen gehen ja in Gaststätten, die können doch sagen, was möglich und notwendig ist".

Notwendig sind für die Branche vor allem auch schnelle finanzielle Hilfen. Das kann der Erlass von Pachten oder Gebühren sein. Der SPD-Stadtrat Christian Vorländer, der "aus Solidarität" vorbeigeschaut hat, findet auch die Idee der CSU-Kollegen im Stadtrat gut, den Wirten in diesem Jahr die Gebühren für Freischankflächen zu erlassen: "Das ist sinnvoll. Viele Wirte sind jetzt schon in großer Not."

Auch die staatliche Soforthilfe kann da helfen - sofern sie denn kommt. Aber auch die scheint so ihre Tücken zu haben. Zum Beispiel würden kleinere Umsätze, wie sie durch einen Lieferservice entstehen, von der Hilfssumme abgezogen. Personalkosten für Auszubildende oder Mini-Jobber, für die kein Kurzarbeitergeld beantragt werden kann, werden hingegen vom bayerischen Wirtschaftsministerium, anders als etwa in Baden-Württemberg, nicht als Betriebskosten anerkannt. Dagegen hatte am Freitagmorgen der Koch und Betreiber des Lokals Broeding, Manuel Reheis, vor der Staatskanzlei demonstriert, in Kochjacke und mit einem Protestschild. Der Adressat, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), entwischte ihm nur knapp. Aiwangers Pressesprecherin Katrin Nikolaus teilte der SZ auf Nachfrage mit, wegen der Menge an Anträgen auf Soforthilfe könne es zu Verzögerungen kommen, und für Personalkosten sei die Bundesagentur für Arbeit zuständig.

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