Corona-Krise in München:Die Stadt ist in Alarmbereitschaft

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Ein Großteil der infizierten Münchner sind Reiserückkehrer, die sich etwa am Flughafen haben testen lassen. Doch auch die Daheimgebliebenen sind nicht vor einer Infektion gefeit. (Foto: dpa)

Die Corona-Zahlen steigen, und das liegt nicht nur an den vielen Reiserückkehrern, sondern zu einem großen Teil auch an den Daheimgebliebenen.

Von Ekaterina Kel

Die Corona-Zahlen steigen, auch in München. Am Freitag wurden 84 Neuinfektionen innerhalb der zurückliegenden 24 Stunden gemeldet. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz ist auf 27,05 gestiegen und kommt damit der ersten kritischen Marke, dem Wert 35, immer näher. Berechnet wird damit, wie viele neue Corona-Infektionen in den vergangenen sieben Tagen pro 100 000 Einwohner verzeichnet worden sind. Liegt das Ergebnis bei 35, spricht die Stadt von einem ersten Signalwert und einem "Frühwarnsystem". Was das in Gang setzt, kann niemand so ganz genau beantworten. Nur so viel: "Es sollen dann lageabhängig Maßnahmen geprüft werden, um ein Ansteigen der Sieben-Tage-Inzidenz auf den Schwellenwert 50 zu verhindern."

Erreicht die Sieben-Tage-Inzidenz diesen noch höheren Wert, könnten strenge Maßnahmen wie im Frühjahr ergriffen werden, so sieht es eine bundesweite Regelung vor. Das liegt allerdings im Ermessen der Kommune - abhängig davon, ob die Behörden das Infektionsgeschehen eingrenzen können oder ob ein Ausbruch nicht mehr kontrollierbar ist. In der Vergangenheit zeigte sich in mehreren Landkreisen, dass Schließungen von Lokalen oder Absagen von Veranstaltungen keinesfalls automatisch in Kraft treten.

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Die Stadt ist jedenfalls in Alarmbereitschaft: Der Stab für außergewöhnliche Ereignisse tage nach wie vor jede Woche, heißt es. Das Infektionsgeschehen in München beobachte man "genau". Dass die Zahl der Covid-19-Fälle im ganzen Bundesgebiet und auch in München steigen, hat mehrere Gründe. Zum einen wurden die Testkapazitäten großzügig ausgebaut - allein im Testzelt auf der Theresienwiese innerhalb von wenigen Wochen von 200 auf 1000 Tests täglich. Es werden zurzeit schlichtweg mehr Menschen getestet, was unweigerlich dazu führt, dass auch mehr positive Fälle entdeckt werden. Zum anderen kann ein großer Teil der neuen Fälle auf die Urlaubsrückkehrer zurückgeführt werden. Beispielsweise wurden am vergangenen Montag knapp mehr als die Hälfte der neuen Münchner Fälle in den Testzentren entdeckt, die der Freistaat für Reiserückkehrer eingerichtet hat.

Doch wo stecken sich die Münchner an? Laut dem Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) entfiel vergangene Woche ein Großteil auf den Balkan: 66 von insgesamt 297 Corona-Infizierten waren in Kroatien, 29 in Bosnien und 19 im Kosovo. Die andere Wahrheit ist: Auch Daheimgebliebene sind nicht vor Infektionen gefeit: In München selbst steckten sich 60 Menschen an.

In den Krankenhäusern herrscht noch relative Ruhe. In der München Klinik behandelt man zurzeit sieben Patienten mit Covid-19-Diagnose oder Verdacht darauf, einer davon ist auf der Intensivstation. Vom Klinikum rechts der Isar und von den LMU-Kliniken hört man Ähnliches: Zahlen im einstelligen Bereich. Im Gegensatz zum April, wo man mit mehreren Dutzend gleichzeitig fertig werden musste. Die schweren Verläufe landen meist nach bis zu zwei Wochen im Krankenhaus. Zurzeit stecken sich mehr junge Menschen an, die Wahrscheinlichkeit, dass sie ins Krankenhaus müssen, gilt als geringer.

Möchte man sich als Münchner testen lassen, hat man die Wahl. Man kann es direkt über den Hausarzt probieren, sich aber auch, falls man aus dem Ausland zurückkehrt, am Hauptbahnhof, am Flughafen oder an mehreren Autobahnstationen testen lassen. Oder man besorgt sich online über corona-testung.de einen Termin auf der Theresienwiese. Seit die Stadt die Teststation Ende Juli wiedereröffnet hat, wurden dort laut RGU 5177 Personen getestet, davon 1279 Reiserückkehrer. Die Termine sind sehr begehrt: Die ganze kommende Woche ist bereits ausgebucht.

Gesundheitsreferentin Stephanie Jacobs ist das Problem bekannt. In den vergangenen Tagen seien aber bis zu einem Drittel der vereinbarten Termine nicht genutzt worden. Man sollte, falls verhindert, den Termin rechtzeitig stornieren und ihn so für andere Münchnerinnen und Münchner frei machen, appelliert sie.

Corona sei "immer noch da" und müsse ernst genommen werden, sagt Jacobs. Sie ruft alle dazu auf, sich bei ihrer Rückkehr aus dem Urlaub testen zu lassen, egal ob Risikogebiet oder nicht. Wer aus einem Risikogebiet komme, müsse sich "zwingend in häusliche Quarantäne begeben", solange kein negativer Test vorliegt. Man solle außerdem auch im Urlaub die Hygieneregeln einhalten, erinnert sie. "Wir haben uns die neue Normalität hart erarbeitet", sagt Jacobs. Und schickt noch eine Warnung nach: "Niemand möchte Verhältnisse wie im März oder April dieses Jahres wieder haben."

© SZ vom 22.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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