Hotels in München:"Ein bisschen Eigendisziplin, und dann läuft das"

Hotels in München: Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger testet die Maßnahmen der Münchner Hoteliers.

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger testet die Maßnahmen der Münchner Hoteliers.

(Foto: Catherina Hess)

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger erklärt Münchner Hoteliers, wie er sich die Lockerungen der Corona-Beschränkungen vorstellt. Die haben fleißig vorgearbeitet und in ihren Häusern nun neue "Customer Journeys".

Von Franz Kotteder

Hier im Bierstürberl des Firstclass-Hotels The Westin Grand an der Arabellastraße scheint Hubert Aiwanger ganz in seinem Element zu sein. "Wenn Sie jetzt meine Kontaktperson sind", sagt er mit der für ihn typischen, überdeutlichen Betonung jedes einzelnen Wortes, "dann dürfen wir uns hier selbstverständlich ohne Maske gegenübersitzen, solange der erforderliche Mindestabstand von 1,5 Meter zu den nächsten gewahrt bleibt." Dann holt der bayerische Wirtschaftsminister noch ein bisschen weiter aus: "Hätten wir jetzt eine Plexiglasabtrennung zu den nächsten am Tisch, über die man nicht drüberspucken kann, dann geht meines Erachtens noch mal ein bissl was." An eine Plexiglasabtrennung ist zwar weder drinnen noch draußen im Biergarten gedacht. Aber Aiwanger wollte ja auch nur noch einmal das Prinzip erklären.

Er ist an diesem Donnerstagmittag auf Einladung der Munich Hotel Alliance, einem Zusammenschluss von 27 Münchner Spitzenhotels, ins Westin Grand gekommen, um beispielhaft darzulegen, worauf es jetzt ankommt in den Beherbergungsbetrieben der Stadt. In gut 14 Tagen, vom 30. Mai an, dürfen sie ja wieder Gäste aller Art aufnehmen, allerdings halt unter den Bedingungen, die Corona und die Staatsregierung zulassen. Die beinhalten beispielsweise eine Reihe von Abstandsregeln und das Tragen eines Mundschutzes; detailliertere Angaben will die Staatsregierung in den kommenden zwei Wochen noch herausgeben. Bis zum Donnerstag ist sie ja gerade mal mit dem Kriterienkatalog für die Gastronomie fertig geworden.

Hotels in München: Auf Treppen sind die Laufwege mit Klebestreifen trassiert.

Auf Treppen sind die Laufwege mit Klebestreifen trassiert.

(Foto: Catherina Hess)

Die Hotellerie hat freilich schon fleißig vorgearbeitet und dem Ministerium bereits vor knapp drei Wochen ein umfangreiches Konzept vorgelegt. Bislang dürfen die Hotels ja nur Geschäftsreisende aufnehmen. Davon kann man aber keinen Betrieb finanzieren. Lediglich neun der 27 Mitgliedshotels der Munich Hotel Alliance hatten deshalb geöffnet, und im Hotel Vier Jahreszeiten etwa hatte die Auslastung der gut 300 Zimmer seit Mitte März nur noch knapp ein Prozent erreicht. Derzeit ist es ganz geschlossen, was gar nicht mal unpassend kommt, weil derzeit und in den nächsten Tagen gerade ein großer Stromgenerator im Haus ausgetauscht werden muss und man ohnehin keine Gäste hätte aufnehmen können.

Die Hotels können im Unterschied zu vielen Gaststätten immerhin schon auf Erfahrungen aus der Praxis zurückgreifen. "Unser Konzept bündelt die Erfahrungen und Standards, die einige Großkonzerne wie Marriott International, Hilton Hotels & Resorts oder auch Kempinski Hotels bereits in China gesammelt haben", sagt Paul Peters, der General Manager des Westin Grand. Das gehört zur Arabella Hospitality, einer Tochter der Schörghuber-Gruppe. Zusammen mit den anderen Hotels, etwa dem Vier Jahreszeiten, hat man in den vergangenen Wochen und Tagen direkt im Hause die neuen Sicherheitsmaßnahmen durchgespielt und auf ihre praktische Anwendung hin im Westin Grand erprobt, dessen 600 Zimmer derzeit auch gerade weitgehend leer stehen. Trotzdem war das alles gar nicht so einfach. "Jeder Kontaktpunkt musste neu bedacht werden", erzählt Holger Schroth, General Manager des Hotels Vier Jahreszeiten, "die gesamte Customer Journey wurde en détail durchgespielt, um einen kontaktfreien Ablauf unter Einhaltung der Abstandsregelung sicherzustellen."

Hotels in München: In Konferenzräumen mahnen Flipcharts zum Abstandhalten.

In Konferenzräumen mahnen Flipcharts zum Abstandhalten.

(Foto: Catherina Hess)

Das Ergebnis war dann die "Customer Journey", auf den die Hoteldirektoren den Minister am Donnerstag schickten. Vom kontaktlosen, digitalen Einchecken vor der freundlichen Rezeptionsdame mit der großen Plexiglasscheibe davor über die allgegenwärtigen Gesichtsmasken bis hin zum Leitsystem mit verschiedenen Spuren auf den Treppen bis hin zu neuen, stark aufgelockerten Sitzordnungen in den Ball- und Tagungsräumen. Im großen Sitzungssaal des Westin passten früher zum Beispiel 518 Personen an die Tische, heute sind es mit den neuen Abstandsregeln nur noch 131.

Überhaupt: Die Hoteliers sind natürlich gespannt, was die staatliche Verordnung bringen wird. Sie hoffen, dass sich da noch etwas erreichen lässt, weil die Konkurrenz in Österreich mit den Lockerungen ja schon etwas Vorsprung hat. Das Tagungsgeschäft ist ihnen wichtig. Und auch die Themen Wellness und Spa werden wieder wichtiger. "Spätestens, wenn Mitte Juni die Grenzen wieder geöffnet werden", sagt Thomas Geppert, der Geschäftsführer des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands.

Essen mit Abstand

470 Hotels gibt es in München, alleine im vergangenen Jahr eröffneten 20 neue Häuser, die Zahl der Betten stieg dadurch auf 88 000. Wegen der Corona-Krise dürfen momentan nur Geschäftsreisende übernachten, die Hotels stellen sich aber derzeit darauf ein, dass sie vom Pfingstwochenende an auch wieder Touristen beherbergen dürfen - immer vorausgesetzt, es gibt keine neue Welle von Corona-Infektionen. Gleiches gilt für Campingplätze und touristische Angebote wie Freizeitparks und die Seenschifffahrt. Hotels müssen dann strenge Hygieneauflagen beachten. Saunen oder Schwimmbäder bleiben dort zu. Die Gastronomie, die Speisen bislang nur zum Liefern oder Abholen anbieten darf, nimmt schrittweise wieder den Betrieb auf - ebenfalls unter strengen Hygieneauflagen. Generell muss ein Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen verschiedenen Gästen eingehalten werden. An einem Tisch zusammensitzen wird aber dürfen, wer sich auch sonst trotz der generellen Kontaktbeschränkung treffen darf, Familienangehörige zum Beispiel. Vom 18. Mai an soll es wieder Gastronomie im Freien geben, also Biergärten zum Beispiel, aber nur bis 20 Uhr; vom 25. Mai an auch in Speisegaststätten im Inneren, aber nur bis 22 Uhr. Generell geschlossen bleiben Discos und Bars. SZ

Minister Aiwanger macht da am Donnerstag noch keine Zusagen. Aber er ist mit einer wahren Schafsgeduld bereit, die Notwendigkeit der Maßnahmen eingehend zu erläutern. Und er strahlt auch eine große Zuversicht aus. "Der Spuk ist fast gegessen", sagt er; das ist zwar nicht ganz unfallfrei formuliert, aber er will damit sagen: Die Menschen haben inzwischen größtenteils verstanden, worauf es ankommt. Die Bevölkerung sei inzwischen entsprechend geschult, meint Aiwanger, die Vorsichtsmaßnahmen seien den meisten schon "in Fleisch und Blut übergegangen". Schwer zu verstehen seien die Maßnahmen schließlich nicht: "Ein bisschen Eigendisziplin, und dann läuft das!"

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