Corona:Forscher bauen Virenschutzwand aus Licht

Corona: Unsichtbarer Raumteiler: Christoph Haisch von der TU (links) und Reiner Prohaska stehen sich ohne trennende Glasscheibe gegenüber. Sie können ihre Masken abnehmen, sagen die beiden, weil eine Wand aus UV-C-Licht Coronaviren zerstöre.

Unsichtbarer Raumteiler: Christoph Haisch von der TU (links) und Reiner Prohaska stehen sich ohne trennende Glasscheibe gegenüber. Sie können ihre Masken abnehmen, sagen die beiden, weil eine Wand aus UV-C-Licht Coronaviren zerstöre.

(Foto: Florian Peljak)

Gebündelte UV-C-Strahlen können Krankheitserreger abtöten. Nun hat ein Münchner Team einen unsichtbaren Vorhang entwickelt, der im Kampf gegen Corona helfen soll.

Von Nicole Graner

Es ist kein Spiel in der Fröttmaninger Arena. Dafür leuchtet der Rasen magisch gelb. Wachstumslampen sind aufgestellt und Rasenbestäubungsanlagen. Irgendwo blendet es grün und rosa. Und, ja, auch FC-Bayern-rot. In einem kleinen Raum, hoch oben in der fünften Etage der Arena mit gigantischem Blick auf das Spielfeld, ist allerdings eine andere Farbe signalgebend: lila.

Ein Forscherteam des Tropeninstituts am LMU-Klinikum und der Technischen Universität München (TUM) in Kooperation mit dem Start-up Smart United präsentiert in diesem Raum der Arena eine unsichtbare Schutzwand aus UV-C-Licht, die Aerosole von Sars-CoV-2-Viren, aber auch anderen Krankheitserregern befreien soll. Doch wie kann man sich das vorstellen? Das Gerät, das aussieht wie eine Art schmale, elektrische Wandheizung, hängt am oberen Türrahmen eines imaginären Büros. Unscheinbar. Einen Designerpreis gewinnt das aus einzelnen Modulen bestehende Gerät vielleicht nicht, aber es zaubert auf ganz besondere Weise: mithilfe von Spiegeloptik gebündeltem, parallel nach unten fallenden UV-C-Licht. Wie ein Vorhang teilt es Räume.

Kleine, quadratische Papierschnipsel auf dem Boden leuchten lila. "Damit man einmal sehen kann, dass da tatsächlich dieses Licht ist", sagt Andreas Wieser, der an der Virenschutzwand mitgeforscht hat. Und dass es kein Streulicht gebe, sondern nur dieses "extrem gebündelte". Dann streckt man einen Fuß durch den Lichtvorhang, wartet, dass etwas passiert. Nichts passiert. Auch wenn man unweigerlich das Gefühl hat, in einen anderen Raum zu treten. Ein leises Klacken ist zu hören. Ein Bewegungsmelder aus "Lidar-Sensoren" schiebt den "Vorhang" sozusagen zur Seite, unterbricht sofort die lila Lichtquelle. "Das muss sein", erklärt Wieser, "denn UV-C-Strahlen sind ja nicht gesund."

Corona: Das Licht zerstöre das Erbgut der Erreger, erklärt Andreas Wieser, Arzt und Forscher am Institut für Tropenmedizin der LMU.

Das Licht zerstöre das Erbgut der Erreger, erklärt Andreas Wieser, Arzt und Forscher am Institut für Tropenmedizin der LMU.

(Foto: Florian Peljak)

Aerosol-Partikel, auf denen - so der Forscher am Institut für Tropenmedizin - Viren wie Sars CoV-2 aber auch andere Krankheitserreger "mitreisen", schweben durch den Raum. Fliegen sie durch das UV-C-Licht, dann werden sie lila beleuchtet. "Das Licht zerbricht die Erbsubstanz des Erregers", erklärt Wieser. Auch Luftpartikel, die auf Menschen liegen, die durch die Virenschutzwand gehen, würden zerstört. Und noch etwas könne dieser längliche Kasten: Durch zwei schwarze Gitter werde Luft angesaugt und ins UV-C-Licht geblasen. Das heißt: Es werde nicht nur Luft isoliert, sondern auch umgewandelt. Auf der einen Seite kämen virenbelastete Aerosole hinein, auf der anderen Seite kämen sie inaktiv wieder hinaus.

Eineinhalb Jahre lang haben Forscher der Technischen Universität und der Ludwig-Maximilians-Universität an der Virenschutzwand gearbeitet. Am schwersten sei es gewesen, sagt Christoph Haisch von der Fakultät für Chemie an der TUM, das Licht "parallel nach unten zu bündeln". Scheinbar unlösbare Probleme habe es immer wieder gegeben. Man habe in diesem interdisziplinären Team aber immer Lösungen gefunden, sagt der 53-Jährige. Die Expertise von allen sei "unersetzlich" gewesen. Getestet habe man die Virenschutzwand mit Colibakterien, Krankenhauskeimen und Coronaviren. Schnupfenviren, Influenzaviren - auch davor schütze der lila Vorhang. "Natürlich", sagt Wieser, "ist nichts hundertprozentig." Masken könnten aber, wenn zum Beispiel zwei Menschen durch eine Virenschutzwand getrennt sind, nicht mehr nötig sein.

Corona: Wenn es grün leuchtet, geht eine Person durch die Virenschutzwand. Der Bewegungsmelder hat die Lichtquelle unterbrochen.

Wenn es grün leuchtet, geht eine Person durch die Virenschutzwand. Der Bewegungsmelder hat die Lichtquelle unterbrochen.

(Foto: Florian Peljak)

Die Idee für die Virenschutzwand habe Reiner Prohaska gehabt, als er sich einen Science-Fiction-Film anschaute. In "Tron: Legacy", so erzählt er und schmunzelt dabei, gebe es nämlich "Lichtrenner", die eine undurchdringliche Lichtwand hinter sich herziehen. Eine Lichtwand im Kampf gegen Corona? Der 49-Jährige, der eine kleine Software-Firma hat, wollte etwas tun im Kampf gegen das Virus, wollte nicht nur "rumsitzen", wie er sagt. Er sprach über seine Idee mit Freunden, vernetzte unter anderem Mediziner, Forscher, Techniker - und gründete Smart United, das alle an einen Tisch brachte. Seine Hartnäckigkeit, seine Vision, Menschen zu helfen, vor einer Infektion zu bewahren, trieb das Team an. "Es ist so grandios, dass das tatsächlich entstanden ist", sagt er. Glücklich sei er, stolz. "Seine" Virenschutzwand, die, wie Prohaska sagt "absolut bezahlbar" sei, gehe bereits in Serie. Vom 1. April 2022 an könne ausgeliefert werden. Unter anderem an Krankenhäuser, an Alten- und Pflegeheime, Arztpraxen. Dort soll das lila Licht helfen.

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