Süddeutsche Zeitung

Corona-Alternativen:Zum Testbesuch in die Kneipe

Zwischen den Jahren gehört es für viele dazu, mit Freunden in eine Bar zu gehen. Auch in diesem Jahr ist das möglich, nur ohne Freunde. Billig wird es aber nicht.

Glosse von Laura Kaufmann

Für viele ist es Tradition, zwischen den Jahren mit Freunden in eine Kneipe zu gehen. Und, Überraschung, das ist auch in diesem Jahr möglich! Nur ohne Freunde. Es kann dabei sogar Jahresende-Gefühl aufkommen, etwa wenn sich die Schlange vor dem Etablissement so langsam fortbewegt wie sonst nur vor dem Lieblingsclub zu Silvester. In der Kneipe selbst geht es nüchterner zu als gewohnt. Der Tresen samt Spirituosenregal ist mit rotweißem Absperrband verkleidet wie ein Tatort. Die Gastgeber sind in Kittel gehüllt, mit Handschuhen und Mundschutz ausgerüstet.

Tex Mex heißt die Bar, die der Testwillige vielleicht zuvor noch nie betreten hatte. Aber in diesen Zeiten nimmt man, was man kriegen kann. Immerhin gibt es eine Eins-zu-eins-Betreuung von einer der freundlichen Gastgeberinnen. Statt dem Gast einen aufregenden Cocktail zu servieren, bohrt sie ihm aber mit einem überlangen Wattestäbchen in der Nase herum, fängt erst dann, in einem sehr kleinen Gefäß, das Mixen an, und tupft das Ergebnis auf einen Test.

Die Spannung liegt hier nun nicht im Verkosten, sondern darin, zuzusehen, wie sich der Teststreifen vollsaugt, und abzuwarten, ob sich nur die Kontrolllinie oder zusätzlich eine zweite Linie zeigt. Über die freut sich, anders als bei Schwangerschaftstests, nun wirklich niemand. Kaum ist der Test absolviert, komplimentiert einen das Team schon zur Tür hinaus. Sehr nüchtern, dafür im besten Falle nicht nur einfach, sondern doppelt erleichtert, steht der Gast wieder vor der Tür. Erleichtert wegen des Ergebnisses und durchaus auch um Geld, schneller als bei einem Kneipenbesuch letztes Jahr.

Welche Art von Lokal zumindest kurz betreten werden soll, das kann sich der Testwillige aussuchen. Die angeboazte Tex Mex Bar, das Kubaschewski am Stachus, das in besseren Zeiten eine große Auswahl Champagner anbietet; Clubs wie das Pacha oder die Milchbar, und mittlerweile auch eine Striptease-Bar in der Schillerstraße. Eine zünftige Wirtschaft wäre noch schön und vielleicht ein Gourmetrestaurant. Aber in diesen Zeiten nimmt man, was man kriegen kann.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5158032
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 28.12.2020/kafe/van
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.