Betriebserlaubnis entzogen:Zahlreiche Mängel bei Corona-Schnelltests

Coronavirus - München

Bei einigen Teststationen in München wurden Mängel festgestellt. (Symbolbild)

(Foto: dpa)

Das Gesundheitsreferat hat jeder siebten der 250 privaten Teststationen die Betriebserlaubnis wieder entzogen. Mal stellten die Betreiber falsche Bescheinigungen aus, mal wurden die Tests falsch angewendet.

Von Linus Freymark und Klaus Ott

Wer sich kostenlos auf das Corona-Virus testen lassen will, informiert sich am besten auf der Homepage der Stadt München, statt irgendwelchen Werbesprüchen irgendwelcher Anbieter zu vertrauen. "Die interaktive Karte wird laufend aktualisiert und zeigt so immer aktuell, wo es in München Möglichkeiten für Schnelltests gibt", verspricht das Stadtportal. Dass die Übersicht laufend auf den neuesten Stand gebracht wird, ist auch bitter nötig. Das städtische Gesundheitsreferat hat in den ersten knapp sechs Monaten der kostenlosen, vom Staat bezahlten Bürgertests einer beachtlichen Zahl von Betreibern wegen Missständen die Betriebserlaubnis wieder entzogen.

38 von insgesamt rund 250 Stationen seien dauerhaft oder zumindest vorübergehend geschlossen worden, teilte das Gesundheitsreferat auf SZ-Anfrage mit. Von den 250 Stationen werden oder wurden immerhin 241 vom Staat bezahlt. 38 von 250 Teststellen, bei denen es Ärger gab, das entspricht in etwa 15 Prozent dieser Stationen in der Landeshauptstadt. Oder anders ausgedrückt: Jede siebte derartige Anlaufstelle für jene, die wissen wollen, ob sie sich infiziert haben, hat sich aus dem ein oder anderen Grund als unzuverlässig erwiesen. Eine durchaus immense Zahl.

Man stelle sich vor, jede siebte Gaststätte in München müsste wegen Hygienemängel oder verdorbenem Essen geschlossen werden. Die Aufregung wäre groß. Auch bei den 38 vorübergehend oder gar dauerhaft geschlossenen Teststationen geht es um die Gesundheit. Wer sich infiziert hat und das nicht merkt, kann andere anstecken, die dann vielleicht sogar im Krankenhaus behandelt werden müssen. Aus gutem Grund wird der Zutritt zu Veranstaltungen und anderen Gelegenheiten also auf jene beschränkt, die geimpft, genesen oder eben getestet sind.

Umso bemerkenswerter, aus welchen Gründen nach Angaben des Gesundheitsreferats Betriebserlaubnisse entzogen wurden. Mal stellten die privaten Betreiber falsche Bescheinigungen aus, wonach Bürgerinnen und Bürger negativ auf das Corona-Virus getestet worden seien. Mehrere solcher Fälle waren bereits Anfang Juni bekannt geworden. Anderswo verwendete das Personal "nicht zugelassene Schnelltests". Oder die Tests wurden falsch angewendet. Bei weiteren Stationen begründete das städtische Gesundheitsreferat die Schließung schlicht mit Unzuverlässigkeit der Betreiber. "Oft spielen mehrere Faktoren zusammen", so die Behörde.

Diese Zwischenbilanz bestätigt, was sich schon kurz nach der Zulassung privater Testanbieter durch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) abgezeichnet hatte. Die Aussicht auf schnelles Geld vom Staat, der die Teststationen monatelang sehr großzügig honorierte, lockte neben vielen seriösen Betreibern auch manche Glücksritter an. Oder Firmen, die sich mehr zutrauten als sie zu leisten imstande waren. Zeitweise waren es in München bis zu 103 Firmen, die im öffentlichem Auftrag und gegen staatliches Geld Corona-Schnelltests anboten. Die 38 von Schließungen betroffenen Stationen verteilen sich auf 13 verschiedene Firmen.

Seitdem im Frühsommer bundesweit immer wieder Fälle von mutmaßlichem Abrechnungsbetrug oder anderen Missständen bekannt wurden, haben die lokalen Gesundheitsbehörden die Kontrollen verstärkt. Oder überhaupt erst damit begonnen. Geld vom Bund bekam das Münchner Gesundheitsreferat nach eigenen Angaben nicht dafür. Vielmehr seien acht Mitarbeiter aus anderen Bereichen des Gesundheitsreferats oder anderen städtischen Bereichen abgezogen worden, um mehr Kontrollen möglich zu machen.

Dabei sei man einerseits nach Hinweisen von Bürgerinnen und Bürgern auf Missstände tätig geworden. Zudem habe es stichprobenartige Überprüfungen gegeben. Somit wurden offenbar nicht alle der rund 250 Stationen dieser Art in München kontrolliert. Das Gesundheitsreferat begründet das mit dem hohen Zeitaufwand, der für die Überprüfungen notwendig ist: "Die Kontrollen müssen ausführlich dokumentiert werden und bringen insbesondere bei Beanstandungen umfangreichen Nachbearbeitungsaufwand mit sich", sagt eine Sprecherin. Zudem sei es durch die zusätzliche Arbeit, die wegen der Schnelltestbetreiber anfalle, nicht mehr möglich, andere Aufgaben im selben Umfang wie gewohnt zu erledigen. Die Kontrolle der Teststationen "bindet wertvolle Kräfte", so die Sprecherin des Gesundheitsreferats.

Der Grund des Übels liegt in Berlin und bei den Bundesländern. Spahn hatte im Frühjahr beim Kampf gegen die dritte Corona-Welle die sogenannten Bürgertests in Abstimmung mit den Länderregierungen überstürzt eingeführt. Kontrollen brachte Spahn dann erst später auf den Weg, nach Presseberichten über Missstände.

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