Süddeutsche Zeitung

Coronavirus:Streit um die Selbsttests in der Schule

Schülerinnen und Schüler sollen regelmäßig auf das Coronavirus getestet werden. Doch die Frage, ob zu Hause oder in der Schule, polarisiert Lehrkräfte und Eltern.

Von Kathrin Aldenhoff

Viele Elternverbände und Lehrkräfte protestieren weiter dagegen, dass sich Schüler vor dem Unterricht in den Klassenzimmern selbst testen sollen. "Das Testen ist unumgänglich, aber das Klassenzimmer ist nicht der richtige Ort dafür", sagt die Vorsitzende des Landeselternverbands der Bayerischen Realschulen, Andrea Nüßlein. Ähnlich ist die Einschätzung an den Gymnasien. "Alle sind daran interessiert, dass die Schulen so lange wie möglich offen sind", sagt Daniel Schmidt, Vorsitzender der Elternbeiräte an den Münchner Gymnasien. Die Selbsttests seien dabei ein kleiner Baustein. Es müsse aber zu Hause getestet werden, mit den Eltern.

Das Thema polarisiert innerhalb der Elternschaft. Während die einen von einem hohen Infektionsrisiko beim Testen und sozialen und psychologischen Folgen für die Kinder sprechen, wünschen sich die anderen ein Ende langer Diskussionen. Der Elternbeirat der Grundschule an der Gebelestraße hat einen Brief an Kultusminister Michael Piazolo geschrieben, nennt die Selbsttests in den Klassenzimmern darin "nicht praktikabel und den Kindern schwer zuzumuten". Es sei zweifelhaft, ob Grundschulkinder in der Lage seien, den Test selbst zu machen. Und es sei für ein Kind eine Belastung, im Beisein aller anderen Kinder, in Abwesenheit der Eltern zu erfahren, dass es positiv getestet wurde.

Auch Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) sprach sich am Donnerstag für Selbsttests zu Hause aus. Dort "wäre nicht nur die Umgebung vertrauter, auch der logistische Aufwand wäre deutlich geringer".

Dieser Meinung sind aber nicht alle Eltern an der Schule. Cornelia Logemann sagt, man habe den Kindern in der Pandemie oft zu viel zugemutet: "Die Isolation, der Bewegungsmangel, unsere Überforderung mit der Situation." Selbsttests in der Schule halte sie aber für zumutbar. Viele Eltern würden die Lehrer dabei sicherlich auch gerne unterstützen. Eine andere Mutter sieht das ähnlich, sie möchte anonym bleiben. "Ich bin für die Tests", sagt sie. "Sie ermöglichen eine Normalität. Warum können wir das nicht umsetzen?" Sie sieht auch ein positives Testergebnis nicht als Problem. "Wenn sich ein Kind in der Schule übergibt, wird es auch an die Seite gesetzt und muss abgeholt werden."

Laut Referat für Bildung und Sport (RBS), das für die Verteilung der Selbsttest zuständig ist, wurden bereits rund 100 000 Tests an Schulen ausgeliefert, weitere knapp 484 000 müssen noch verteilt werden. Für kommende Woche sei außerdem eine Lieferung von weiteren 864 000 Tests angekündigt. Damit, so das RBS, "wäre eine Abdeckung von zirka 70 Prozent bis zum 19. April erreicht, bezogen auf eine Testung aller Schüler und Lehrer zweimal pro Woche". Andrea Nüßlein sagte, im Kultusministerium habe man ihr mitgeteilt, wenn Schüler sich zu Hause testen, sei keine Kontrolle gegeben: "Aber auch die Lehrer haben nicht die Möglichkeit, alle Schüler genau zu beobachten." Eine Möglichkeit ist es ihrer Meinung nach, wenn die Schüler sich in einem anderen Raum in der Schule nacheinander testen, am besten unter der Anleitung von medizinischem Personal.

Vielleicht, sagen auch viele, hat sich die Diskussion bald erledigt - wenn nach den Ferien wegen einer zu hohen Inzidenz fast alle Schüler wieder Distanzunterricht haben.

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SZ vom 26.03.2021/sbeh, van
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