Coronavirus und Schule:"Dieser Lutschtest ist besser als ein Abstrich aus dem Hals"

Coronavirus - Tests an einer Grundschule

Die Grundschüler einer vierten Klasse lassen sich Watte aus einem Teströhrchen in den Mund fallen.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

An Münchner Grundschulen läuft ein Pilotversuch mit speziellen Corona-Tests. Diese sollen kinderleicht in der Handhabung sein - und kommen offenbar gut an.

Von Sabine Buchwald

Die Münchner Schulen warten auf Schnelltests, um mit dem Coronavirus infizierte Schüler ausfindig zu machen. Während diese Tests erst nach und nach ausgeliefert werden, läuft an Grundschulen ein umfangreiches Testprojekt mit dem Namen "Münchner Virenwächter 3.0". Es ist ein Pilotversuch, der nur stichprobenartige Ergebnisse bringt. Er soll vor allem wissenschaftliche Erkenntnisse liefern. Herausgefunden werden soll damit etwa, wie sicher Grundschulen und die dortigen Hygienekonzepte wirklich sind.

Man möchte zudem aufdecken, ob sie tatsächlich keine "Pandemie-Treiber" sind und welche Virenarten an den Schulen gefunden werden können. Außerdem möchte man im Kleinen die Inzidenzen der Stadt abbilden, sagt Martin Koch, einer der Studienleiter. Er ist Teil der "Task Force Infektiologie" des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), zu dem auch Kinderärzte und Infektiologen des Doktor-von-Haunerschen Kinderspitals der LMU gehören.

Diese Grundschulstudie soll die Schulöffnung an etwa zehn Prozent der 137 staatlichen Münchner Grundschulen begleiten. Seit Mittwoch, 3. März, laufen Testungen an ausgewählten Schulen mit Kindern und Schulpersonal, das Pädagogen ebenso wie Reinigungspersonal miteinbezieht. In den nächsten Wochen sollen weitere Schulen dazukommen. Sie alle wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und liegen in verschiedenen Vierteln der Stadt.

Ziel ist es, zwei Mal wöchentlich pro Schule zu testen, münchenweit insgesamt 2800 Tests pro Woche. Nach zwei Monaten wird dann evaluiert. Keiner der Probanden wird gezwungen. Die Eltern können am Abend vorher ihr Kind online für einen Test anmelden. Mit einem neunstelligen Code ist es dann identifizierbar. Das Ergebnis kommt innerhalb von zehn bis maximal 20 Stunden ebenfalls online an die Eltern zurück.

Die Grundschule an der Stielerstraße in der Isarvorstadt gehört zu den Schulen, bei denen diese Tests zum Einsatz kommen. Am Mittwochmorgen machte sich Kultusminister Michael Piazolo ein Bild davon, er setze auf eine umfangreiche Test- und demnächst auch Impfbereitschaft der Schulfamilie, betonte er.

Wie man einfach und schmerzfrei Speichelproben nehmen kann, demonstrierten Kinder einer vierten Klasse. Für die Tests muss kein Abstrich aus Nase oder Rachen genommen werden. Vielmehr wird der Speichel mit einer kleinen Vliesrolle aufgefangen, wie man sie aus Zahnarztpraxen kennt. Dieses zylinderförmige Stück Watte steckt in einem durchsichtigen, wieder verschließbaren Plastikröhrchen. Die Kinder werden angehalten, den Deckel dieser sogenannten Salivetten abzunehmen und die Öffnung an den Mund zu halten. Dann müssen sie an der herausrutschenden Watterolle für zwei Minuten lutschen. Danach wird das Röhrchen fest verschlossen, in einer Box gesammelt und ins Labor gebracht.

Etwa einen Milliliter Mundflüssigkeit werde auf diese Weise aufgefangen, erklärt Hoch. Ein Vorteil der Salivetten-Methode: Sie ist hygienischer als es etwa die Spuck- oder Gurgeltests sind. In Gebrauch seien sie schon seit einigen Jahren vor allem bei Kindern, etwa in der Immunschwäche- und Cortisoldiagnostik, erklärt Ulrich von Both vom Haunerschen Kinderspital. Wichtig sei, dass die Kinder eine halbe Stunde vorher nichts gegessen haben. Den meisten leuchte das ein, wer wolle schon ein Stück von seinem Frühstücksbrot in der Teströhre haben.

"Dieser Lutschtest ist besser als ein Abstrich aus dem Hals", erzählt Johann, nachdem er ihn ausprobiert hat. Er habe nach seinem ersten Corona-Test Halsschmerzen gehabt. Sie habe an etwas Leckeres gedacht, sagt seine Mitschülerin Martha. "Die Watte schmeckt nach nichts."

Vorstudien wurden bereits von Juni bis November 2020 an fünf Grundschulen und fünf Kitas gemacht. Neu ist nun, dass die Schulen ihre Tests selbst organisieren. Da zu keinem Zeitpunkt jemand vom Schulpersonal mit Speichel in Kontakt komme, sei das problemlos, sagen die Virenwächter.

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