Schule in der Corona-Pandemie:Positive Tests, Quarantäne und Noten, Noten, Noten

Coronavirus - Berlin

"Der aktuelle Notendruck schadet der Gesundheit": Schülerinnen und Schüler befinden sich erneut in einem schwierigen Schuljahr.

(Foto: Annette Riedl/dpa)

Münchens Schülerinnen und Schüler beklagen, dass keine Rücksicht auf sie genommen wird - Hauptsache, es gibt Noten. Aber ist das Zwischenzeugnis überhaupt noch zeitgemäß?

Von Kathrin Aldenhoff

Die Infektionszahlen an den Schulen sinken, endlich. Die vergangenen Wochen waren geprägt von positiven Testergebnissen, von Schülerinnen und Schülern in Quarantäne und kranken Lehrern. Trotzdem wurden Noten vergeben und am Freitag vergangener Woche Zwischenzeugnisse verteilt. Nun hat sich die Stadtschülerinnenvertretung (SSV) München zu Wort gemeldet und klagt an: "Der aktuelle Notendruck schadet der Gesundheit der Schüler:innen."

"Vor den Zwischenzeugnissen ging es nur darum, Noten zu machen, und nicht mehr darum, etwas nachzulernen", sagt die Elftklässlerin Alexandra Hernadi von der SSV. "Der bestehende Druck wird noch verstärkt", sagt Carolin Fermum, sie besucht die neunte Klasse eines Münchner Gymnasiums und engagiert sich ebenfalls in der SSV. Schüler, die in Quarantäne waren, müssten innerhalb kürzester Zeit Schulaufgaben und Klausuren nachschreiben. "Es wird wenig Rücksicht genommen, wie es uns zuhause ging. Oder wie es uns jetzt gerade geht", sagt Carolin Fermum.

Ende Januar saßen mehr als 6500 Münchner Schülerinnen und Schüler sowie Lehrpersonal zuhause, die einen in Quarantäne, die anderen nach einem positiven Test in Isolation. Inzwischen hat sich die Situation etwas entspannt: In der vergangenen Woche wurden dem Gesundheitsreferat bis einschließlich Donnerstag 1752 positive Tests gemeldet, im Moment sind vier Münchner Schulklassen in Quarantäne, weil sich mehr als die Hälfte der Schüler positiv getestet hatte. Es gebe zwar weiterhin viele Infektionsfälle an den Schulen, oftmals auch mehrere Infizierte in einer Klasse, aber sehr selten gravierende Häufungen, teilte das Münchner Gesundheitsreferat am Freitag mit. In der Altersklasse sei eine sinkende Inzidenz zu beobachten.

"Hinten und vorne fehlen die Lehrkräfte."

Noch immer ist die Situation an vielen Schulen aber schwierig. "Hinten und vorne fehlen die Lehrkräfte", sagt Martin Schmid, Vorsitzender des Münchner Lehrer- und Lehrerinnenverbands. An einer Münchner Grundschule seien zum Beispiel elf von 16 Lehrern krank. "Da geht nichts mehr." Und er erzählt von einer anderen Grundschule in München, an der ein Elternpool eingerichtet wurde. Findet sich kein Vertretungslehrer, betreut eine Mutter oder ein Vater eine Klasse. So wie vergangene Woche zum Beispiel. Pädagogen seien diese Eltern nicht, sie hätten aber ein erweitertes Führungszeugnis, sagt Schmid, und würden nur eingesetzt, wenn alle Eltern einverstanden sind. Das sei eine Alternative dazu, dass ein Lehrer zwei Klassen bei offenen Türen betreut. Oder drei Klassen in der Turnhalle.

Die Beispiele machen die schwierige Situation an vielen Schulen deutlich. "Ein geregelter Unterricht findet schon lange nicht mehr statt", sagt Schmid. Beständiges Lernen sei nicht möglich, wenn immer wieder Schüler und Lehrer fehlen. Zeugnisse gab es an vielen Schulen trotzdem.

Wunsch nach einem anderen Bildungssystem

"Das Zwischenzeugnis an sich ist total veraltet, sagt die 14-jährige Carolin Fermum. Noten seien immer nur eine Momentaufnahme, sie fände Lernentwicklungsgespräche zwischen Schülern und Lehrern viel sinnvoller. "Wir wünschen uns ein besseres Bildungssystem", sagt die 16-jährige Alexandra Hernadi. "Es sollte mehr ums Lernen und Verstehen als um Noten gehen."

Am Münchner Max-Planck-Gymnasium gibt es seit 15 Jahren keine Zwischenzeugnisse mehr. Stattdessen bekommen die Schüler Anfang Dezember und Anfang April eine Übersicht über alle Einzelnoten. "Das macht es transparenter", sagt Schulleiter Ulrich Ebert.

Notendruck gibt es im Moment allerdings trotzdem. Zwar seien die Lehrkräfte etwas flexibler mit den Terminen, aber zu Noten zu kommen, sei für alle schwierig gewesen, sagt Ebert. Mal waren Schülerinnen krank, dann Lehrer, es gab Nachholschulaufgaben und mehrmals verschobene Termine - "wir waren immer mit wechselnder Besetzung unterwegs", sagt Ulrich Ebert. "Das war definitiv stressiger, als es normalerweise ist." Es hätte geholfen, sagt er, die ein oder andere Leistungserhebung weniger durchzuführen. "Aber diese Freiheit haben wir nicht bekommen."

Abiturienten stehen vor einer großen Herausforderung

Die unteren und mittleren Jahrgänge könnten das, was sie in dieser unruhigen Zeit verpasst haben, bis zu den Sommerferien aufholen, sagt Ulrich Ebert. Und größere Lücken könnten sie im Laufe ihrer Schulzeit noch schließen. Für die Abiturientinnen und Abiturienten aber sei es eine große Herausforderung. Denn die Abiprüfungen sollen in diesem Schuljahr nicht um einige Wochen nach hinten geschoben werden, wie es in den vergangenen beiden Jahren passiert war, um den Schülern mehr Zeit zur Vorbereitung zu geben. Sie sollen Ende April beginnen. Ende Mai steht dann das Abitur an den Fach- und Berufsoberschulen an, Ende Juni beginnen die Abschlussprüfungen an Mittel- und Realschulen.

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