Überfüllte Bahnen und Busse:"Alles was rollen kann, rollt"

Coronavirus, Maskenpflicht

Nicht immer können die Abstände in öffentlichen Verkehrsmitteln eingehalten werden.

(Foto: Robert Haas)

In öffentlichen Verkehrsmitteln ist Abstandhalten nicht immer einfach, Studien zufolge ist man trotzdem sicher. Die Bahn empfiehlt Geduld und Gelassenheit.

Von Andreas Schubert

Die Corona-Pandemie bereitet den Verkehrsunternehmen nicht nur wegen der finanziellen Verluste Sorgen. Immer wieder kommt es zu Situationen, in denen S- und U-Bahnen sowie Trambahnen und Busse so voll sind, dass es den Passagieren unmöglich ist, Abstand zu halten. Immer wieder laden Fahrgäste Fotos auf sozialen Medien hoch oder verschicken sie an die Medien.

Doch sowohl die Deutsche Bahn als auch die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) beteuern schon seit Beginn der Pandemie, dass sie ohnehin schon die ganze Zeit das volle Programm fahren, auch bei den ersten Ausgangsbeschränkungen und nun auch beim erneuten teilweisen Lockdown - woher im Übrigen auch die hohen Einnahmeverluste rühren. Ein Sprecher der Bahn erklärt, man biete die aktuell maximal zur Verfügung stehenden Kapazitäten für die Fahrgäste an. "Alles, was rollen kann, rollt", so der Sprecher.

Wie überall im öffentlichen Raum gelte auch im Nahverkehr die Eigenverantwortung eines jeden. "Im öffentlichen Nahverkehr kann ein Mindestabstand nicht immer und überall eingehalten werden, gerade auch im Falle von Störungen." Nun passieren bei der S-Bahn Weichen- oder Signalstörungen immer wieder, was zu massiven Verspätungen führt, derentwegen sich dann die Passagiere in die noch fahrenden Züge quetschen. Ein anderes Beispiel sind Busse der MVG, die sich wegen Staus verspäten. Nicht selten passiert es, dass gleich drei Fahrzeuge fast direkt hintereinander an einer Haltestelle ankommen, viele Fahrgäste - das ist häufig zu beobachten - steigen dann gleich in das erste Fahrzeug ein, während die folgenden dagegen fast leer bleiben.

Die Verkehrsunternehmen verweisen wegen der gelegentlichen Enge auf die gesetzliche Maskenpflicht. "Wenn alle eine Mund-Nase-Bedeckung tragen, schützt man andere und sich selbst", sagt der Bahn-Sprecher. Die S-Bahn München informiere umfassend - sowohl mit Ansagen und Anzeigen im Zug als auch in den Auskunftsmedien und an den Bahnsteigen. Das Prüfpersonal der S-Bahn München weise zudem Fahrgäste auf die Verpflichtung hin und bitte Kunden ohne Mund-Nase-Bedeckung, die Maske aufzusetzen. In den S-Bahnen sei die Tragequote sehr hoch.

"Eigenverantwortung heißt in diesen Zeiten auch, bei einer vollen Bahn gegebenenfalls abzuwarten und die nächste Verbindung zu wählen oder alternative Fahrtmöglichkeiten zu nutzen", so der Bahn-Sprecher. Geduld und Gelassenheit helfe allen in diesen Zeiten. "Außerdem empfehlen wir unseren Fahrgästen, sich an den Bahnsteigen gut zu verteilen und die gesamte Fahrzeuglänge zum Einsteigen zu nutzen." Letzteres rät auch die MVG ihren U-Bahn-Passagieren. Denn oft ist in den mittleren Waggons noch viel Platz, während ganz vorne oder hinten bereits Gedränge herrscht.

Jetzt, da wegen der steigenden Infektionszahlen wieder mehr Arbeitnehmer von zu Hause aus arbeiten, entspannt sich die Lage etwas. Einerseits sind wieder weniger Menschen unterwegs, andererseits bieten die Busse der MVG wieder mehr Platz, seitdem die provisorischen Absperrungen im vorderen Bereich nach und nach durch fest installierte Trennwände zum Schutz der Fahrer ersetzt werden. Die Umrüstung der eigenen Flotte kostet 600 000 Euro, wird aber vom Freistaat gefördert.

Die MVG erklärt zudem, dass die Nutzung des ÖPNV sicher sei. Mehrere Untersuchungen aus dem In- und Ausland bestätigten, dass die Ansteckungsgefahr im öffentlichen Nahverkehr nicht höher sei als an anderen öffentlichen Orten. So habe etwa die Charité Research Organisation rund 1000 Beschäftigte der Deutschen Bahn mit dem Ziel untersucht, wissenschaftliche Erkenntnisse zur Gefährdung von Beschäftigten und Fahrgästen durch Covid-19 zu gewinnen. Das Ergebnis sei eindeutig gewesen: Es gebe keine erhöhte Ansteckungsgefahr in Zügen. Auch unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der kommunalen Verkehrsunternehmen seien bisher nur wenige Corona-Fälle aufgetreten. Das Robert-Koch-Institut und das Münchner Referat für Gesundheit und Umwelt hätten keine Anzeichen dafür, dass der ÖPNV als Infektionsort eine wesentliche Rolle spielt. Führende Virologen kämen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Busse und Bahnen keine Hotspots seien, die große Disziplin der Fahrgäste leiste dazu einen wichtigen Beitrag.

Allen bekannten Auswertungen zufolge trügen vor allem das Bedecken von Mund und Nase, die ständige Luftzufuhr und die zumeist kurze Aufenthaltsdauer im ÖPNV zum geringen Ansteckungsrisiko in Bussen und Bahnen bei. Hinzu komme die gründliche und teilweise intensivierte Reinigung der Fahrzeuge und Anlagen. "Bus- und Bahnfahren ist auch in Covid-Zeiten eine sichere Sache", erklärt MVG-Chef Ingo Wortmann.

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