Coronavirus in München:Welle um Welle, immer schneller, immer intensiver

Coronavirus in München: Feuerwehr-Chef Wolfgang Schäuble war zuletzt auch Leiter des städtischen Corona-Krisenstabs.

Feuerwehr-Chef Wolfgang Schäuble war zuletzt auch Leiter des städtischen Corona-Krisenstabs.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Mit einem Festakt löst die Stadt München ihren Corona-Krisenstab auf. Dessen Leiter Wolfgang Schäuble könnte erleichtert sein, doch ganz ist die Krise nicht vorbei - außerdem sind ja schon wieder neue dazu gekommen.

Von Heiner Effern

Um Wolfgang Schäuble aus der Ruhe zu bringen, braucht es mehr als ein Ende mit Ansage. Auch wenn das Ende schon etwas Historisches hat: Exakt 194 Mal hat der städtische Corona-Krisenstab getagt, von Anfang an mit Schäuble an der Spitze. Nun hat Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) das Gremium offiziell aufgelöst, wenig überraschend, aber mit einem kleinen Festakt im Rathaus. Er sei "dankbar", dass er wieder in den Normalbetrieb wechseln könne, sagt Schäuble danach am Telefon. "Es hat insgesamt gut geklappt."

Der Oberbürgermeister findet das auch. "Allen, die in diesen letzten drei Jahren alles gegeben haben, oft auch auf Wochenenden oder Feierabende verzichten mussten, möchte ich an dieser Stelle nochmal herzlich Danke sagen. Ohne Sie wären wir nicht so gut durch diese schwierige Zeit gekommen", erklärte er schriftlich. Reiter habe sich auch bei ihm persönlich bedankt, erzählt Schäuble auf Nachfrage. Man darf annehmen, dass der Oberbürgermeister auch für ihn herzliche Worte fand. Man weiß, wie sehr er Schäuble schätzt, den Chef der Münchner Berufsfeuerwehr. Ihm vertraute er nicht ohne Grund das Krisenmanagement der Pandemie an.

Erstmals berief Reiter den Stab für außerordentliche Ereignisse, so der städtische Name des Gremiums, am 2. März 2020 ein - gut einen Monat, nachdem im Klinikum Schwabing am 27. Januar der erste deutsche Corona-Patient aufgenommen worden war. Die ersten Monate seien "sehr herausfordernd gewesen", erinnert sich Schäuble. Es mussten völlig neue Strukturen geschaffen werden für eine Bedrohung, die sich zur härtesten Gesundheitskrise des Jahrhunderts entwickeln sollte. So stuft Schäuble die Pandemie heute ein.

Anfangs traf sich der Krisenstab jeden Tag: Schäuble, die Stadtspitze, Vertreter der betroffenen Referate, zugeladene Gäste mit wichtigen Aufgaben in der Stadt. "Alle haben konzentriert und auf das Thema fokussiert gearbeitet", sagt Schäuble. Das bleibe als positive Erkenntnis. Dabei hat sich das Gremium hauptsächlich mit negativen Erkenntnissen herumschlagen müssen. Zu wenige Masken, zu wenig medizinisches Personal, zu wenige Impfwillige, Probleme mit der Erfassung der Fälle - die Pandemie schuf viele Brandherde, die zu löschen waren. Dazu die Fragen, wer wann das Haus verlassen darf, sich mit wem treffen darf, ob die Regeln des Landes ausreichten oder zu restriktiv waren, ob die Stadt selbst handeln muss und darf.

Auch die Vorgaben für die städtische Verwaltung mussten bei der Bekämpfung der Pandemie immer wieder neu justiert werden. 42 Mal wurde in den gut drei Jahren eine neue Version der Dienstanweisung erstellt. Nicht nur der Stab, sondern viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung hätten drei harte Jahre gehabt, sagte Reiter laut Mitteilung beim Festakt. "Nur durch das Zusammenwirken und das Engagement von so vielen unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren haben wir die Krise alles in allem gut gemeistert." Der Oberbürgermeister erinnerte aber auch an die 2571 Münchnerinnen und Münchner, die an den Folgen von Covid gestorben sind. Und er sprach denjenigen Mut zu, die noch unter den Auswirkungen leiden.

Corona sei keineswegs verschwunden, sagt auch Schäuble, nur so weit abgeschwächt, dass nun das reguläre Verwaltungssystem das weitere Vorgehen managen könne. Er sei schon auch froh, dass es mit dem Krisenstab ein Ende habe. Zwischendrin sei es ihm ergangen wie so vielen Münchnerinnen und Münchnern. "Erste Welle, zweite Welle, dritte Welle, immer schneller, immer intensiver. Da kommt man an einen Punkt, an dem man sich fragt: Hört das denn nie auf?" Zumindest die Arbeit im Krisenstab ist nun beendet. Doch das bedeutet für Schäuble nicht das Ende seiner Sonderaufgabe als oberster Krisenmanager der Stadt.

Erst im Herbst musste er einen Stab leiten, der die Stadt auf einen drohenden Energiemangel vorbereiten sollte. Wegen des Kriegs in der Ukraine drohte ein Winter mit zu wenig Strom und möglicherweise auch Engpässen beim Heizen. Parallel führt der Chef der Berufsfeuerwehr auch den Krisenstab, der die Ankunft und die Unterbringung der geflüchteten Menschen aus der Ukraine koordinierte. Eine Zeit lang leitete Schäuble drei Krisenstäbe gleichzeitig. Möglicherweise bald auch mal wieder keinen. Was das für ihn bedeutet? Es folgt ein typisch unaufgeregter Schäuble-Satz. "Ich kann gut ohne Krisenstab leben. Aber auch gut mit. Ich weiß ja jetzt, wie es geht."

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