Städtischer Haushalt:Grün-Rot will geplante Straßentunnel streichen

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Gerade an der Landshuter Allee wird das neue Regierungsbündnis Mühe haben, die Befürworter des Tunnels zu beruhigen. (Foto: Robert Haas)

Unterfahrungen an Tegernseer Landstraße, Schleißheimer Straße und Landshuter Allee sollen Corona-bedingten Einsparungen zum Opfer fallen. Dafür kommt die Kultur wohl glimpflich davon.

Von Heiner Effern, München

Streichen, um Platz für Neues zu schaffen: Unter diesem Motto wird die Regierungskoalition aus Grünen und SPD an diesem Freitag erklären, welche Prioritäten sie im städtischen Haushalt setzen will. Also wofür sie das durch die Corona-Krise sehr knappe Geld mittelfristig ausgeben möchte - und wofür eben nicht. Seit Wochen wird darüber diskutiert und auch gestritten, noch am Donnerstag trafen sich die Spitzen der Fraktionen zu einem letzten Gespräch. Die Pläne sollten bis zum Freitag geheim bleiben, doch die größten potenziellen Streichposten sind im Koalitionsvertrag bereits festgeschrieben.

"Die Planungen für die Tunnel in der Schleißheimer Straße und der Tegernseer Landstraße werden eingestellt", heißt es dort. Und weiter: "Dies gilt auch für die Landshuter Allee unter der Maßgabe, dass effektive Maßnahmen zum Schutz der Anwohner (vor Lärm und NO₂-Emissionen) umgesetzt werden." Offiziell bestätigen, dass diese Vereinbarung nun vom Papier in die Realität übersetzt werden soll, will vor der gemeinsamen Präsentation der Streichliste am Freitag niemand. Doch dass die Straßentunnel ganz oben stehen, will auch niemand dementieren. Grün-Rot hat schließlich die Verkehrswende ausgerufen, weg vom Auto hin zum Rad und zum öffentlichen Nahverkehr. Dafür wird man auch das Geld umverteilen müssen.

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Die Krise belastet den Etat, große Bauprojekte sollen aber nicht aufgegeben werden. Deshalb setzt die Stadt auf eine neue Sparsamkeit ihrer Behörden, die Freigiebigkeit des Bundes und fast 1,8 Milliarden Euro neue Schulden.

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Bis zu 1,6 Milliarden Euro soll der Verwaltung zufolge allein der Neu- und Umbau von Radwegen kosten, der nach den beiden Bürgerentscheiden im Stadtrat beschlossen wurde. Grünen-Fraktionschef Florian Roth stellte aber schon vor Wochen klar, dass er diese Summer für viel zu hoch gegriffen hält. Trotzdem muss Grün-Rot dafür - und für versprochene Projekte wie die Auflage eines Umweltfonds oder den Mieterschutz - ordentliche Brocken einsparen, wie zum Beispiel den Tunnel an der Landshuter Allee. Allein für diesen sind in der Finanzplanung 550 Millionen Euro veranschlagt. Nimmt man noch die geplanten 200 Millionen für den Tunnel an der Schleißheimer Straße und die 350 bis 560 Millionen Euro für den an der Tegernseer Landstraße hinzu, ergäbe das ein milliardenschweres Sparpaket.

Nur von einem der geplanten großen Tunnel wollen sich Grüne und SPD derzeit offenbar noch nicht endgültig verabschieden, und zwar von dem unter den Englischen Garten hindurch. Dieser wird auf 125 Millionen Euro geschätzt, etwa ein Drittel will der Freistaat beitragen. Die Fraktionen haben sich wohl darauf geeinigt, das Planfeststellungsverfahren zum Abschluss zu bringen. Danach hätte man mehrere Jahre Baurecht und könnte abwägen, ob man dieses ausüben will.

Gerade an der Landshuter Allee wird das neue Regierungsbündnis Mühe haben, die Befürworter des Tunnels zu beruhigen. Der Verweis auf die aktuelle Ausgabe des Luftreinhalteplans der Regierung von Oberbayern wird da nicht reichen. Darin heißt es, dass die Landshuter Allee auch ohne Tunnel im Jahr 2026 den Jahresmittelgrenzwert für den Ausstoß von Stickstoffdioxid erstmals nicht mehr überschreiten werde. Als Ausgleich für den gestrichenen Tunnel wird es deshalb wohl kurzfristig Vorkehrungen für die Anwohner geben. Schon jetzt geplant ist eine Schutzwand, die Lärm und Abgase nach oben und damit weg von den Häusern der Anwohner leiten soll.

Im Gegensatz zu den Tunneln kommt die Kultur wohl glimpflicher davon, als nach den ersten Wochen der Koalition zu vermuten war. Ende Mai hatte Grünen-Fraktionschef Roth angedeutet, dass auch die hohen Investitionen in Kulturbauten zum Thema in Sparrunden werden könnten. Doch die Entscheidung über die bis zu 450 Millionen Euro teure Sanierung des Kulturzentrums Gasteig hat die Koalition schon vor ihren Sparbeschlüssen auf den Herbst verschoben. Da das neue Volkstheater im Bau schon weit fortgeschritten ist, bleiben als große offene Posten zum Beispiel die Sanierung des Stadtmuseums oder der Jutier- und Tonnenhalle im Kreativquartier. Zumindest eines dieser Projekte könnte es erwischen. Möglicherweise streicht Grün-Rot hier aber nichts endgültig, sondern verschiebt die Umsetzung weit in die Zukunft.

© SZ vom 17.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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