"Querdenker"-Proteste:Verwaltungsgerichtshof bestätigt Auflagen für Münchner Corona-Demo

"Querdenker"-Proteste: Die Polizei rechnet mit hohem Zulauf und stellt sich auf einen "arbeitsreichen Sonntag" ein.

Die Polizei rechnet mit hohem Zulauf und stellt sich auf einen "arbeitsreichen Sonntag" ein.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Ein Sternmarsch der Gegner von Corona-Maßnahmen zur Theresienwiese ist damit endgültig verboten. Auch die Teilnehmerzahl bei der für Sonntagnachmittag geplanten Kundgebung bleibt begrenzt.

Von Isabel Bernstein, Julian Hans und Ekaterina Kel

Kurz vor dem zweiten Lockdown wollen die Gegner der Corona-Maßnahmen am Sonntag in München wieder ihren Unmut äußern: Die Initiative "Querdenken 089" hat mehrere Demonstrationen angekündigt. Die Pläne wurden allerdings bereits am Freitagabend vom Kreisverwaltungsreferat (KVR) eingeschränkt, wogegen die Veranstalter der Demonstration Klage einreichten - zunächst vor dem Verwaltungsgericht (VG) München. Dieses lehnte zwei am Samstag eingereichte Eilanträge am späten Samstagabend ab.

Die Veranstalter haben daraufhin gegen den Beschluss des VG Beschwerde eingelegt, wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) am Sonntag mitteilte. Auch der VGH hat nun die Beschwerden der Veranstalter zurückgewiesen. Das teilte das Gericht am frühen Sonntagnachmittag mit.

Die Beschwerden richteten sich nach Angaben eines VGH-Sprechers unter anderem gegen die Beschränkung auf 1000 Teilnehmer und die Anordnung einer Maskenpflicht. Der Verwaltungsgerichtshof ist die letzte Instanz, die Demonstrationen finden am Sonntagnachmittag nun zwar statt - allerdings unter den nun bestätigten Einschränkungen: Auf der Theresienwiese darf unter Beachtung von Mindestabständen und Maskenpflicht lediglich eine Versammlung mit 1000 Teilnehmern stattfinden. Ein Sternmarsch zur Theresienwiese bleibt laut VGH untersagt.

Die Stadt gehe zurecht davon aus, dass Versammlungen der Querdenken-Bewegung "nur mit einer reduzierten Teilnehmerzahl und unter Einhaltung von Hygienemaßnahmen (Mindestabstände und das Tragen von Masken) infektionsschutzrechtlich vertretbar seien", begründete Bayerns VGH seine Entscheidung. Wenn sich ein Veranstalter ausdrücklich weigere, Hygienemaßnahmen zu ergreifen, sei auch eine Untersagung gerechtfertigt. Das Selbstbestimmungsrecht von Versammlungen finde seine Grenze in den Rechtsgütern Dritter und der Allgemeinheit.

Ursprünglich war ein Sternmarsch geplant, von sechs Standorten aus wollten die Demonstranten um 14.30 Uhr starten und durch die Stadt ziehen. Angemeldet als Startpunkte waren Wittelsbacherplatz, Sendlinger Tor, Sendlinger Park, Stachus und Königsplatz. Auch bei der Stadelheimer Straße war eine Versammlung angemeldet. Das gemeinsame Ziel: eine große Kundgebung am Schluss gegen 16.30 Uhr mit 5000 Teilnehmern auf der Theresienwiese.

Das KVR beschränkte die Teilnehmerzahl auf der Theresienwiese auf 1000 Teilnehmer. Außerdem untersagte es die Demozüge Richtung Theresienwiese, lediglich an den Startpunkten am Gärtnerplatz, Harras, Karlsplatz und Wittelsbacherplatz dürften sich jeweils 200 Menschen für eine Stunde zu Kundgebungen versammeln, an der Stadelheimer Straße sind es nur 100 Menschen. Beides bestätigte bereits das Verwaltungsgericht, auch der VGH untersagte nun einen gemeinsamen Aufzug zur Theresienwiese.

Eine Besonderheit der geplanten Demo: Der angemeldete Versammlungsleiter wurde vom KVR abgelehnt. "Aufgrund seines bisherigen Verhaltens und verschiedener öffentlicher Redebeiträge" bestehe der Verdacht, er könne keine "Gewähr für einen friedlichen Verlauf der Versammlung bieten", heißt es. Das bestätige auch das VG in seinem Beschluss: "Nach ausdrücklicher Vorstellung des Veranstalters", so heißt es in der Mitteilung von Samstagabend, soll "weder der Missachtung von Mindestabständen und der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung entgegengewirkt noch das Umarmen Fremder unterbunden werden." Dem gegenüber stellte das Gericht das Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung von Gesundheit und Leben Einzelner sowie den Schutz des Gesundheitssystems vor einer Überlastung.

Angesichts der aktuellen Corona-Lage - am Samstag lag der Sieben-Tage-Inzidenzwert bei 133,2 und die Zahl der Neuinfektionen bei 228 - waren Beschränkungen für die Demo abzusehen. Bei der Polizei hieß es bereits vorab, dass es bei der Einsatzplanung darum gehe, flexibel zu sein. Man bereitet sich aber auf einen "arbeitsreichen Sonntag" vor, zumal die Wettervorhersage gut und die Regeln noch einmal verschärft worden seien, man müsse mit einem Zulauf rechnen.

Bei einer ähnlichen Kundgebung im September hat das KVR nur 1000 Teilnehmer zugelassen - das wurde aber kurzfristig vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof aufgehoben. Letztendlich versammelten sich etwa 10 000 auf der Theresienwiese. Auch dieses Mal könnte sich die Lage sehr kurzfristig klären.

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