München:Christkindlmarkt auf dem Marienplatz wird abgesagt

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Die Inzidenz ist hoch wie nie, die Intensivstationen sind übervoll. Nun reagiert die Stadt München darauf. Nur private Weihnachstmärkte dürfen öffnen.

Von Thomas Anlauf und Anna Hoben

Ein Mann saugt mit einem Staubsauger die Tannennadeln in der Auslage seines Standes weg. Am Rindermarkt umwickeln Arbeiter einen Stapel Küchenutensilien mit Plastikfolie. Ein offen stehender Transporter wird mit Kisten beladen. Gerade waren sie noch am Aufbauen, jetzt bauen sie wieder ab. Weihnachten wird weggepackt. Als wäre es schon vorbei.

Dabei hat es ja noch nicht einmal angefangen. Kommenden Montag hätte der Christkindlmarkt am Marienplatz starten sollen. Und jetzt: abgesagt. Wie ein Lauffeuer hat sich die Nachricht am Dienstagmittag verbreitet. Nach einer Beratung im städtischen Krisenstab hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) entschieden, den Markt abzusagen. "Alles andere wäre eine nicht zu verantwortende Erhöhung des Infektionsrisikos und darüber hinaus auch das falsche Signal", teilte er mit. Es gehe jetzt darum, größere Menschenansammlungen möglichst zu vermeiden. Die Absage sei eine "bittere Nachricht" für die Münchner und besonders für die Standlbesitzer, so Reiter weiter. Aber "die dramatische Situation in unseren Kliniken und die exponentiell steigenden Infektionszahlen" ließen ihm keine andere Wahl.

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Die CSU spricht von einem "erneuten, herben Schlag" für die Betreiber der Stände

Eine bittere, aber richtige Entscheidung, so lautete am Dienstag der Tenor bei den Fraktionen Grünen/Rosa Liste, SPD/Volt und FDP/Bayernpartei. Die CSU sprach von einem "erneuten, herben Schlag" für die Betreiber und Beschicker der Stände. Sie forderte, "umfangreiche, adäquate und vor allem unbürokratische Entschädigungen auf den Weg zu bringen". Die Stadt könnte zum Beispiel bereits beschaffte Waren aufkaufen und an soziale Einrichtungen oder Bedürftige verteilen. OB Reiter hatte für die Standbetreiber einen finanziellen Ausgleich in Aussicht gestellt. Die Fraktion FDP/Bayernpartei kritisierte die Kommunikation der Stadtspitze als "Desaster". Der Oberbürgermeister hätte die Beschicker schon vor vier Wochen mit ins Boot holen müssen, sagte Stadträtin Gabriele Neff (FDP), "als klar war, dass die Infektionszahlen massiv ansteigen. Jetzt stehen viele vor einem Scherbenhaufen."

Aus den Medien habe er es erfahren, sagt Robert Müller. Der 60-Jährige steht neben seinem Stand am Rindermarkt, Lebkuchen hätte er hier verkauft, Glühwein ausgeschenkt. "Wir sind jetzt natürlich alle ein bisschen vor den Kopf geschlagen", sagt er. Neben ihm steht Belinda Distel, 64. Fast zwei Jahrzehnte lang hat sie im Advent am Rindermarkt Feuerzangenbowle ausgeschenkt, heuer wäre sie mit ihrem Stand zum dritten Mal in der Sendlinger Straße gewesen. Der Kupferkessel war schon auf Hochglanz poliert, seit Montag haben sie aufgebaut. "Ich könnte weinen, aber ich will nicht mehr. Wir haben letztes Jahr schon so viel geheult." Er fühle sich einfach nur "leer", sagt Robert Müller.

Die Sieben-Tage-Inzidenz in München war zuletzt innerhalb nur weniger Tage sprunghaft angestiegen, seit die Stadt einen Verzug bei der Meldung der Neuinfektionen abarbeitet. Am Dienstag lag sie dem Robert-Koch-Institut zufolge bei 414. OB Reiter zufolge dürfte sie noch deutlich ansteigen - auf einen Wert zwischen 500 und 600 am Ende der Woche. Und die Zahl der Betten auf den Intensivstationen wird knapp, obwohl bereits zusätzliche Betten bereitgestellt worden waren. Am Montag waren von 455 vorhandenen Betten 422 belegt.

Auch der Winterzauber auf dem Viktualienmarkt ist abgesagt

OB Reiter begründete die Absage auch damit, dass auf dem Marienplatz und den umliegenden Plätzen der Christkindlmarkt nicht abgegrenzt werden könne - die Zahl der Gäste und die Einhaltung der 2-G-Regeln wären damit nicht kontrollierbar. Gleiches gelte für den Winterzauber auf dem Viktualienmarkt. Anders sehe es bei privaten Christkindlmärkten aus, deren Besucherzahl begrenzt werden könne: Diese dürfen stattfinden, mit 2-G-plus-Regel. Besucher müssen also geimpft oder genesen sein - und zusätzlich getestet.

Andreas Miksch ist am Dienstagnachmittag gerade unterwegs zum Weißenburger Platz in Haidhausen. Dem Vereinsvorsitzenden des Haidhauser Weihnachtsmarkts ist völlig unklar, wie er und sein Verein die 2-G-Regeln mit Absperrung überhaupt umsetzen sollen. "Wir werden uns irgendwas überlegen müssen", sagt er. Denn den Platz direkt um den Brunnen könnte man sperren und Einlasskontrollen organisieren, aber der Markt dehnt sich in der kleinen Fußgängerzone bis zum Rosenheimer Platz aus, rundherum sind Geschäfte und Restaurants. Ähnlich geht es dem Verein des Schwabinger Weihnachtsmarkts. Es gebe schließlich eine Feuerwehrzufahrt und einen U-Bahn-Ausgang, der freigehalten werden müsste von Absperrungen. Für ihn und die Budenbetreiber sei die Entwicklung "furchtbar", sagt Martin Dörfler vom Vorstand des Vereins. Einige seien "schon letztes Jahr auf der Strecke geblieben".

Die Weihnachtssterne müssen die Standbetreiber wieder einpacken: Heidemarie Steindl (Mitte) mit Brigitte Ulrich und Wolfgang Scheitzeneder. (Foto: Florian Peljak)

Auch die Veranstalter von Tollwood wissen noch nicht, ob das Festival stattfinden kann

Sogar der größte Veranstalter im Advent, das Tollwood, weiß noch nicht, ob das Festival auf der Theresienwiese überhaupt stattfinden kann. "Wir sind noch ein bisschen ratlos", sagt Tollwood-Sprecherin Christiane Stenzel. Derzeit sei man mit den zuständigen Behörden intensiv im Gespräch. "Wir würden es natürlich gerne durchziehen", sagt Stenzel. In diesem Winter gibt es dort ohnehin keine Veranstaltungen mit Eintrittskarten, und die meisten Attraktionen finden im Freien statt.

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