Süddeutsche Zeitung

Genießen in München und Bayern:Glück au Chocolat

Das Ende der Fastenzeit naht. Zeit, die süßen Vorräte aufzufüllen. Wo man sich in München und Umgebung zart schmelzende Träume erfüllen kann.

Von Fiona Rachel Fischer

Sämige, glänzende Schokolade wird gerührt, tropft vom Löffel. Man kann den Kakao förmlich riechen, wenn man der Chocolatière Vianne im Film "Chocolat" bei ihrer Arbeit zusieht. Der Sinnlichkeit von Schokolade verfielen die Deutschen im Jahr 2019 mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 9,2 Kilogramm. Auch in München können Schokoladenliebhaber den Zauber von "Chocolat" erleben. Ein Kompass auf den Spuren der Münchner Viannes.

Sama Sama Pralinen

Süßer, buttriger Duft heißt die Besucher im "Sama-Sama" in der Westenriederstraße 21 willkommen. Passiert man die kleine Manufaktur rechts, läuft man an allerlei hübschen Gebilden aus Schokolade und Blumendekorationen vorbei zur Pralinentheke, die mit handgemachten Rohkostpralinen lockt. Wie kleine Törtchen, geradezu feenhaft, sehen sie aus. Dieses Design hat die Inhaberin und selbsternannte Schokoladenzauberin Wilhelmine Raabe über Jahre entwickelt. Auf der Suche nach immer neuen Besonderheiten sei die hauseigene Rohkostpraline entstanden - aus einem Experiment mit getrockneten und kandierten Früchten und Schokolade. "Ich war immer schon ein Freigeist", sagt Raabe heute. Das Experiment wurde zum Selbstläufer. Besonders als der Film "Chocolat" in die Kinos kam. Der Münchner Boulevard-Journalist und Kinobesitzer Michael Graeter bat sie, eine Praline für die Vorstellungen des Films zu entwickeln, den "Venusnippel", ein Schokoladentropfen mit Chili. Er ist heute eine von rund 250 Pralinenkreationen, die das Sama Sama zu bieten hat. Buttrig-cremige Kugeln, mit Glitzer und Blattgold, mit kandierten Blütenblättern oder Kürbiskernen verziert. "Ich denke mal, in jedem Menschen schlummert ein Künstler. Der eine auf die Art, der andere auf die." Dekorieren, das ist ihre Art.

Chokoin Schokogalerie

Die Schönheit der Schokolade präsentiert das "Chokoin" (Nordendstraße 52) vor einer Mischung aus Bauhausstil und barockem Stuckdesign mit leisen Beats im Hintergrund. "Die beste Schokolade aus der ganzen Welt", das ist das Motto der Inhaberin Kerstin Weise. Als sich die ehemalige Stewardess entschied, ein Fachgeschäft für die Süßigkeit zu eröffnen, begann sie, alles darüber zu lesen. Denn Weises größter Albtraum war und ist, dass ein Kunde ihr eine Frage zu Schokolade stellt, die sie nicht beantworten kann. Sie besuchte Fortbildungen und lernte in Chocolatier-Kursen die Praxis kennen. Wenn heute jemand in den Laden kommt, kann er auf eine umfassende Beratung zählen. Weise bezieht ihre Ware bevorzugt von kleinen Manufakturen aus der ganzen Welt und ist dabei stehts auf der Suche nach dem Besonderen. So auch bei den Pralinen. Zusammen mit dem Chocolatier ihres Vertrauens experimentiert die Inhaberin immer wieder mit Komponenten aus der deftigen Küche. Neben den klassischen Pralinen gibt es deshalb auch solche, die mit einer Blauschimmelkäse- oder Safrancreme gefüllt sind. "Sowohl das Visuelle als auch das Geschmackliche ist dann immer sowas Besonderes", sagt Weise.

GötterSpeise

"Wo die Götter kaufen", das ist in dem Ladencafé GötterSpeise (Jahnstraße 30) im Glockenbachviertel. Um ein Häusereck herum über mehrere Räume stehen Regale, Etageren und Körbe voll bunter Schokoware. Dazwischen gibt es Tassen und Dekoartikel. Süße Pralinen und hausgemachte Kuchen locken in mehreren Theken. "Jeder kann einfach so schwelgen und schauen," sagt die Inhaberin Priti Henseler. In der Fülle ihres Ladens spiegelt sich ihre tiefe Wertschätzung für Schokolade. Diese Affinität komme aus ihrer Kindheit in Indien. Hochwertige Schokolade wäre dort schwer zu bekommen gewesen: "Das war, wie wenn jemand einem Gold schenken würde." Einen Augenblick des Staunens, einen Moment Zeit für die schönen Dinge, das möchte Henseler ihren Kunden ermöglichen: "Wir werden mit Schokolade nicht die Welt retten, aber dass es einen kleinen Moment um etwas anderes geht", das sei ihr wichtig. Sich in farbenfrohen Macarons, blumenförmigen Sesampralinen und zart schmelzender Karamellschokolade zu verlieren, das ist, was den Laden zur Götterspeise macht.

Münchner SchokoLaden

Flüssige, glänzende Schokolade dabei beobachten, wie sie in die Form von Tieren und Autos gebracht wird, kann man durch das Fenster des Münchner SchokoLadens (Viktualienmarkt Abt. III, Stand 18/19). Hinter dem Fenster, hinter der Pralinentheke stehen Thea Gamringer und Kathrin Fertl. Den größten Teil des Ladens nimmt ihr Reich, der Manufakturbereich ein. Die letzten Meter sind vollgestellt mit abgepackter Schokoware, die süßlich durch die Folien duftet. Das Geschäft ist der Münchner Ableger des Confiserie Josef Obermeier aus Lengmoos und bringt die feinen Pralinen in die Landeshauptstadt. "In einem kleinen Laden etwas Besonderes zu finden", das macht für Fertl den Charme dieses Geschäfts aus. Hübsche Geschenksets zum Beispiel, doch die Pralinen in Form von Schneckenmuscheln und Ahornblättern sind schon ein Zuckerl fürs Auge.

Walter Cordes Pralinen

Wer hätte gedacht, dass hinter einer Firma namens Walter Cordes eine ganze Reihe Frauen stehen? Im Jahr 1985 übernahm Ingeborg Ruchner das Unternehmen ihres Vaters Walter. Mit mehr als 80 Jahren arbeitet sie zusammen mit ihrer Tochter Doris noch heute in der Pralinenproduktion. Ruchners Enkelin Gwendolyn Büntig und ihre Schwester kümmern sich um Online-Shop und Versand. Das gegenseitige Helfen und Vertrauen im Familienunternehmen ist den Frauen so wichtig, wie die Qualität ihrer handgemachten Pralinen. Doris Büntig stellt die süßen Happen mit viel Liebe und Leidenschaft her und entwickelt neue Sorten: "Allein schon der Geruch, das befriedigt mich irgendwie. Damit etwas zu schaffen, was so hochwertig ist und mir selbst auch so schmeckt." Ein Alleinstellungsmerkmal ist die fruchtige, rosafarbene Ruby Chocolate, die Büntig auch für Bruchschokoladen und Pralinen verwendet. In den zwei Münchner Filialen in der Wasserburger Landstraße 252 und in der Plinganserstaße 37 am Harras können die kleinen Genusstücke erworben werden. Die Häppchen, die in der weißen und goldenen Rundtheke liegen, sei es Joghurttrüffel oder Pflaumenhütchen mit Rum, wecken Gelüste.

Elly Seidl

Ein Münchner Traditionsunternehmen, das ist Elly Seidl. 1918 wurde der Süßwarenvertrieb von Barbara Grathwohl gegründet, die durch die süße Zuwendung einen Ausbruch wagte. Viel ist zwar nicht überliefert, doch als Bankiersfrau muss die Gründung eines eigenen Unternehmens für Grathwohl ein extremer Schritt in die Selbstständigkeit gewesen sein - auch wenn sie den Laden nicht nach sich selbst, sondern nach ihrer Tochter Elly und ihrem eigenen Mädchennamen Seidl benannte. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die eigene Pralinenproduktion, die die Tochter und ihr Mann übernahmen. "Daheim im Wohnzimmer", so geht die Sage laut dem aktuellen Geschäftsführer Maximilian Rambold. Sein Vater hatte die Firma jahrzehntelang beliefert und im Jahr 2000 schließlich übernommen. Der Qualitätsanspruch ist seit mehr als hundert Jahren derselbe: "Das ist definitiv schon immer ein Motto gewesen von Elly Seidl", so Rambold. Tafel- und pralinenweise wird diese Qualität dann in den Filialen mit edlem Holzdesign (Hauptgeschäft Am Schützeneck 10) feilgehalten. Wer nicht zu kleine Pralinen mag, ist bei Elly Seidl richtig.

Pralinenschule Kerstin Spehr

Wie Schmuckstücke sind die glänzenden und wie geschliffenen Pralinen in der Vitrine aufgereiht, schokoladige Tierfiguren schauen mit großen Augen auf eine Wand mit Schokoladentafeln mit kandierten Blüten, Früchten und Pistazien. Kerstin Spehrs Pralinenschule (Schulstraße 38) ist bis auf ein kunstvolles Schaufenster schlicht gehalten und lässt die sorgfältig hergestellte Ware für sich sprechen. Die Leidenschaft der Inhaberin und Patissier Kerstin Spehr für Schokolade ist groß: "Riecht gut, schmeckt gut, fühlt sich auf der Zunge gut an, man kann andere Menschen damit beglücken." Vor genau 20 Jahren hat sie den Laden eröffnet. Seit 16 Jahren gibt sie Kurse und auch an vier Büchern mit schokoladigen Rezepten hat sie schon mitgeschrieben. Ihre Pralinenjuwelen wird ihr trotzdem niemand abschauen. Außergewöhnliche Sorten wie Birne-Rosa-Pfeffer oder Orange-Karamell-Balsamico halten eine wahre Geschmacksexplosion bereit.

Konditorei Barbara Krönner

Barbara Krönner wurde in die Schokolade hineingeboren. Schon im 19. Jahrhundert hat ihre Familie mit Schokolade gearbeitet. Vor 22 Jahren hat sich Krönner in Murnau mit ihrer eigenen Konditorei (Obermarkt 8, 82418 Murnau am Staffelsee) selbstständig gemacht. Dem Film "Chocolat" dankt sie es, dass das Interesse an Schokolade gestiegen ist. 2015 hat sie in der Seidlstraße eine Schokoladenmanufaktur mit Café eröffnet. Selbst hergestellte Pralinen verkauft sie aber auch in einer großen mehrstufigen Theke in der Konditorei. Ihre Schokolade bezieht sie von Felchlin aus der Schweiz. Nicht nur die Qualität sei Krönner wichtig, sondern auch die sozialen Aspekte. Mit Yayra Glover, der ersten Biokakao-Kooperative in Ghana, arbeitet sie seit fünf Jahren eng zusammen und hat so eine eigene Schokolade entwickelt. Muhum heißt die Sorte, mit Kakao aus Ghana und Milch aus dem Berchtesgadener Land - eine schokoladige Wortverschmelzung von Murnau und Suhum, dem Anbauort in Ghana. Zudem engagiert sich Krönner sozial in dem afrikanischen Land und plant dort den Bau eines Frauenhauses. "Als selbstständige Unternehmerin schau ich natürlich auch, was uns Frauen so passiert." Wenn man bei Krönner ein Häppchen schnabuliert, dann schmeckt die Praline nach gutem Gewissen und Qualität.

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