Es ist ein Bauvorhaben, das auch einen Einschnitt für die Münchner Clubkultur mit sich bringt: An der Ecke Sonnenstraße 8/Schwanthalerstraße 2-6, wo der Techno-Club "Harry Klein" seine Heimat hat, plant der Münchner Unternehmer Harry Habermann den Abriss zweier Gebäude und den Neubau eines Hotels mit 276 Zimmern. Der Mietvertrag des derzeit wegen der Corona-Beschränkungen geschlossenen Harry Klein läuft nach den Worten des Geschäftsführers Peter Fleming Ende März 2022 aus. "Vielleicht", hofft er, "bekommen wir ein paar Monate mehr, das hängt vom Fortschritt des Bauprojekts ab." Ein wichtiger Termin dafür war am Dienstag die Präsentation der Architektur in der Stadtgestaltungskommission, die die Stadt zu bedeutenden Bauvorhaben berät. Deren Urteil spricht gegen schnelle Fortschritte: Der Entwurf des Architekten Carlos Maltzan fiel in der Kommission durch.
Das Harry Klein ist seit 2003 ein Fixpunkt des Münchner Nachtlebens und von bundesweiter Relevanz für die Technokultur. Zunächst war es auf dem Optimol-Gelände (heutiges Werksviertel) nahe dem Ostbahnhof ansässig. Als es dort nicht weiterging, folgte der Umzug in die Innenstadt, wo sich entlang der Sonnenstraße ein lebendiges Nachtleben entwickelte, die so genannte "Feierbanane". Dass es an der Sonnenstraße nicht ewig weitergehen würde, wussten die damaligen Betreiber um David Süß, inzwischen Grünen-Stadtrat und deshalb als Geschäftsführer des Clubs ausgeschieden, von Anfang an.
Newsletter abonnieren:München heute
Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.
2017 kaufte Habermann den Komplex und nahm seine Planungen auf. "Wir sind ein familienbetriebenes Unternehmen und Bestandshalter, wir beabsichtigen keine Veräußerung", sagte Habermann in der Kommissionssitzung. "Wir planen auch kein Luxushotel, sondern ein Drei-Sterne-plus-Haus." Mit der Amano-Hotelgruppe betreibe man bereits ein Haus in der Sendlinger Straße namens "Mio". Die Corona-Pandemie, die die Hotelbranche schwer getroffen hat, habe keine Auswirkung auf die Planung an der Schwanthalerstraße gehabt, so Habermann. Was sagt er zum Unbehagen, das es in der Nachbarschaft und in Teilen der Stadtpolitik über die stetig wachsende Zahl von Hotels im südlichen Bahnhofsviertel gibt?
Das Areal sei baurechtlich als Kerngebiet ausgewiesen, erwidert Habermann. Deshalb entspreche das Projekt dem Charakter des Quartiers und "insbesondere auch der Aufwertung, die es durch den Neubau des Hauptbahnhofs erfährt". Zum Mietverhältnis mit dem Harry Klein und anderen Nutzern der Gebäude, vor allem Büros und Praxen, sagt Habermann, man habe "durchgängig einvernehmliche Regelungen gefunden. Dies gilt auch für Harry Klein, dem jenseits der Corona-Malaise als Mieter mehrfach über bestehende Verträge hinaus entgegengekommen wurde". Dessen Geschäftsführer Fleming bestätigt, dass die Vermieter Mietnachlässe gewährt hätten. Nun suche man einen Standort, aber bisher ohne Ergebnis.
In seiner Präsentation vor der Kommission schilderte Architekt Maltzan die Historie der Umgebung, insbesondere mit der evangelischen Matthäuskirche, die ursprünglich auf der Sonnenstraße stand, bevor sie 1938 unter dem NS-Regime abgerissen wurde. Auch die Schwanthalerstraße, die sich zur Sonnenstraße hin etwas erweitert, erwähnte er. Dieses Eck will er mit einer Rundung am Gebäude betonen.
"Es ist eine aufregende Ecke in der Stadt", sagte Kommissionsmitglied Jürg Sulzer, Architekt aus Zürich. Da müsse man "einen Ort schaffen, der unverwechselbar wird". Das sei hier nicht zu erkennen. Seine Münchner Kollegin Karin Schmid kritisierte: "Das Gebäude versucht, mit der durchlaufenden Fassade alles zu erschlagen." Dass der Architekt an der Fassade "je zwei Geschosse zusammenzieht, sprengt alles, das schafft einen neuen fremden Maßstab an der Stelle", urteilte Schmid.
Piero Bruno (Berlin) sagte, er verstehe, "dass der Auftraggeber das Haus als großen Bau präsent haben will". Aber zum Ort besser passen würden zwei Gebäude, deshalb solle die Fassade differenziert sein. Der Landschaftsarchitekt Peter Wich (München) monierte "die extreme Versiegelung" und warf die Frage auf, "ob das Projekt nicht auch einen Beitrag für die Stadt geben muss in ökologischer Hinsicht". Die Hotelzimmer würden profitieren, wenn das Dach der eingeschossigen Bebauung im Hof einen Garten bekäme.
Maltzan versprach, dass er "die Anregungen gern mitnimmt", hielt aber im Kern an der Planung fest. "Wir wollten mit dem gestalterischen Anspruch etwas zurücktreten", erklärt er, damit Denkmäler wie der Kaufhof am Stachus oder das Deutsche Theater "mehr zur Geltung kommen". Die Sitzungsleiterin, Grünen-Stadträtin Anna Hanusch, trug ihm auf, für die Wiedervorlage, unter anderem die gesamte Fassade zu überarbeiten, auch über mehr Begrünung sollen Architekt und Investor nachdenken.