Iranisches Filmfestival in München:Kämpferisches Kino

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Der Film "Winners" des schottisch-iranischen Regisseurs Hassan Nezer eröffnet das Festival "Cinema Iran" – als Deutschlandpremiere.
Der Film "Winners" des schottisch-iranischen Regisseurs Hassan Nezer eröffnet das Festival "Cinema Iran" – als Deutschlandpremiere. (Foto: Cinema Iran)

Das iranische Filmschaffen hat einen exzellenten Ruf. Beim Festival „Cinema Iran“ im Gasteig HP8 stellen einige Regisseure ihre Werke persönlich vor – diese sind zum Teil brisant.

Von Josef Grübl

Einen Oscar gewinnen nur die allerwenigsten Filmemacher. Einen Oscar verlieren aber noch sehr viel weniger: Matt Damons Oscar etwa ging bei einem Wasserschaden baden – und ward seitdem nie mehr gesehen. Whoopi Goldbergs Oscar verschwand angeblich auf dem Postweg, Frances McDormands zweiter Oscar wurde auf einer Party gestohlen. Auch der iranische Regisseur Asghar Farhadi („Nader und Simin – Eine Trennung“) hat einen seiner beiden Oscars verloren. Behauptet zumindest der schottisch-iranische Regisseur Hassan Nezer in einem Spielfilm.

In „Winners“ erzählt er die Geschichte einer verschwundenen Oscar-Statue – und von zwei Kindern, die sie finden und dem rechtmäßigen Besitzer zurückgeben wollen. Nezers Film lief auf mehreren internationalen Festivals und wurde 2023 von Großbritannien ins Rennen um eine Oscar-Nominierung in der Kategorie „Bester internationaler Film“ geschickt.

Das mit dem Oscar hat zwar in diesem Fall nicht geklappt – immerhin konnte er so aber auch nicht verloren gehen. Jetzt eröffnet der Film das zum neunten Mal stattfindende Länderfilmfestival „Cinema Iran“. Hassan Nezer will zur Deutschlandpremiere nach München kommen, diese findet am Donnerstag, 11. Juli, im Gasteig HP8 statt.

Das iranische Kino hat einen exzellenten Ruf, Filmemacher wie Asghar Farhadi, Jafar Panahi oder Mohammad Rasoulof werden regelmäßig zu den großen Festivals nach Cannes, Berlin oder Venedig eingeladen, sie gewinnen Bären, Löwen oder Oscars. Einen existenzbedrohenden Ruf haben dagegen die iranischen Behörden, die ihre eigenen Regisseure seit Jahren sabotieren und schikanieren, sie mit jahrzehntelangen Berufsverboten belegen oder ins Gefängnis stecken. Daran wird sich wohl auch nach der Wahl des aus dem Lager der sogenannten Reformer kommenden Politikers Massud Peseschkian zum neuen Präsidenten des vorderasiatischen Staats kaum etwas ändern.

Das Filmemachen in Iran ist stets eine politische Angelegenheit, das Münchner Festival thematisiert das auch: Es werden Filme gezeigt, die regimekritisch sind („Celluloid Underground“ etwa oder „Achilles“), es gehe um die Risiken und Schwierigkeiten, mit denen Filmschaffende in diesem Land konfrontiert werden, teilen die Veranstalter mit. Gleichzeitig spüre man die Leidenschaft, mit der sie ihrer Kunst nachgehen würden. Acht Filme stehen auf dem Münchner Spielplan, das Motto lautet: „Aus Liebe zum Kino“.

„The Sun Will Rise“ heißt der Hybridfilm des Exiliraners Ayat Najafi, der seine Arbeit persönlich in München vorstellen will.
„The Sun Will Rise“ heißt der Hybridfilm des Exiliraners Ayat Najafi, der seine Arbeit persönlich in München vorstellen will. (Foto: Cinema Iran)

Dass iranische Filme nicht nur auf Festivals, sondern auch im regulären Kinoprogramm reüssieren, wollen die Festivalmacher mit der Vorpremiere von „Ein kleines Stück vom Kuchen“ beweisen (am Mittwoch, 10. Juli, im Neuen Maxim). Es geht um eine ältere Dame aus Teheran, die sich nach dem Tod ihres Mannes einsam fühlt und etwas Trost bei einem ebenfalls alleinstehenden Taxifahrer findet. Das Regiepaar Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha wurde damit zur Berlinale eingeladen, durfte aber nicht ausreisen und ist bis heute in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Sehen kann das deutsche Publikum ihren Film aber: „Ein kleines Stück vom Kuchen“ startet bereits diese Woche bundesweit in den Kinos.

Um die Proben zum Frauenstreik-Stück Lysistrata geht es in dem Hybridfilm „The Sun Will Rise“, der Exiliraner Ayat Najafi kehrte dafür vor anderthalb Jahren in sein Heimatland zurück. Dort erlebte er noch einen anderen Frauenstreik, nach dem gewaltsamen Tod von Mahsa Amini skandierten die Demonstrantinnen auf den Straßen „Frau, Leben, Freiheit“. Ayat Najafi wird seinen Film in München persönlich vorstellen. Und auch Narges Kalhor schaut persönlich vorbei: Die gebürtige Iranerin, die an der HFF München zur Regisseurin ausgebildet wurde, stellt ihren Film „Shahid“ vor. Darin erzählt sie von sich, ihrem Urgroßvater und von bayerischen Beamten.

Cinema Iran, Mi., 10., bis So., 14. Juli, Gasteig HP8 - Projektor, Hans-Preiβinger-Straße 8

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