Süddeutsche Zeitung

CSD:Regenbogen über München

"Der CSD gehört zu München wie Weißwurst und Frauenkirche": Bei der großen Parade demonstrieren mehrere tausend Menschen für Toleranz und LGBT-Rechte. Bunt und politisch.

Mehrere tausend Menschen nehmen trotz des Regens an der Christopher-Street-Day-Parade in der Innenstadt teil. Auf Fahnen, Postern und Kostümen leuchten die Regenbogenfarben. "Der CSD gehört heute zu München wie Weißwurst und Frauenkirche. Und das ist gut so", sagt Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) bei ihrer Begrüßungsrede. Der Weg von der ersten Münchner Stonewall-Demo im Sommer 1980 bis zum heutigen Tag sei für die LGBTQ-Community ein langer gewesen. Niemand, der in München händchenhaltend spazieren gehe, dürfe Angst haben müssen, deswegen Opfer von Gewalt zu werden, sagt Frank und betont: "Homophobe Gewalt hat keinen Platz in unserer Stadtgesellschaft!"

Die Parade bildet, zusammen mit dem CSD-Straßenfest am Samstag und Sonntag, den Abschluss der Münchner "Pride Week". Zwischen 6. und 14. Juli haben mehr als 60 Veranstaltungen stattgefunden: für gleiche Rechte und gesellschaftliche Akzeptanz von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen. Dazu passt das Plakat dieses Teilnehmers: Jungen sind nicht gleich Jungen - sondern das, was man ihnen beibringt.

In München haben auch öffentliche Einrichtungen den CSD und die Pride Week zum Anlass genommen, um Flagge zu zeigen. In Regenbogenfarben natürlich. Seit Tagen fuhren Busse und Trambahnen mit wehenden kleinen Fähnchen ihre Strecken, am Rathaus hingen bunte Banner und auf dem Nationaltheater sieht man sie auch.

Herausgeputzt, oft schillernd, manchmal schrill - und insgesamt mit ernster Botschaft. Dieses Jahr steht der CSD unter dem Motto "50 Jahre Stonewall". Am 28. Juni 1969 war es in New York nach einer Polizeirazzia in der Bar "Stonewall Inn" zum Aufstand von Schwulen und Lesben mit Straßenschlachten in der Christopher Street gekommen.

Ob dieser Rollator auch schon 1969 im Einsatz war? Ausgestattet mit Gehstöcken laufen diese TeilnehmerInnen bei der Parade mit.

Die Laune ist trotz des Regens gut, da gibt es auch Mal ein Küsschen für Oberbürgermeister Dieter Reiter. Er lobt die "tolle und bunte Parade, trotz schlechten Wetters." Und schreibt auf Facebook: "Ich stehe zu meinem Versprechen: 2020 wird das Zentrum für lesbische Frauen im Glockenbach eröffnet! Happy Pride!"

Auch hier eine politische Botschaft: Radeln für Familienvielfalt, steht auf dem Banner über diesem familien- und gruppentauglichen Fahrrad. Diese Forderung kommt beim CSD von den Müttern logischerweise genauso wie den Vätern.

Manche halten kein Schild mit Botschaft, gehen dafür aber selbst als Blickfang umher. Wie lange es dauert, bis das Makeup so aufgetragen ist? Gut zwei Stunden schon. Glücklicherweise ist es offenbar wasserfest - das hilft an diesem Samstag.

Bei diesem Wagen darf man inzwischen schon fast von einer Münchner Institution sprechen: Die Schwuhplattler gibt es seit dem Jahr 1997, als Verein seit 2001. Sie haben sich vorgenommen, das traditionell bayerische Schuhplatteln zu pflegen - inzwischen sind auch ein paar anderen Volkstänze hinzugekommen. Bei Anlässen wie dem CSD fehlen die Schwuhplattler nie.

Der CSD steht weltweit für das Selbstbewusstsein Homosexueller und ihren Widerstand gegen Diskriminierung. Viele Teilnehmer tragen eine Regenbogenfahne mit sich und manche laufen einfach so mit und zeigen ihre Solidarität.

Zwickt was? Wie bequem und atmungsaktiv manche Kostüme sind, lässt sich nur erahnen. Wenn sie wenigstens wasserdicht sind, sind sie an diesem Samstag viel wert. Immer wieder platzt strömender Regen aus den Wolken über München. Die Party auf den Straßen mindert das aber kaum.

Viele Teilnehmer der CSD-Parade weisen auch auf die Verfolgung von Homosexuellen in anderen Ländern hin und demonstrieren für Toleranz. Männer mit T-Shirts der Gruppe "Rainbow Refugees Munich" halten englischsprachige Schilder hoch, mit denen sie darauf hinweisen, dass in ihrer Heimat kein Regenbogen m Himmel leuchte. "Homophobie ist unafrikanisch" steht auf dem rechten Schild.

Man muss nicht bunt angezogen sein, um für politische Farbenvielfalt zu sein - das demonstrieren diese beiden Teilnehmer.

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