Chinesisches Restaurant „Jackie Chan“ in München„Deutsche kommen sehr selten“

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Das China-Restaurant „Jackie Chan“ ist besonders bei Chinesen beliebt. Inhaberin ist die Chinesin Yao Chen (rechts), die dort zusammen mit ihrem Sohn Linquan Chen serviert.
Das China-Restaurant „Jackie Chan“ ist besonders bei Chinesen beliebt. Inhaberin ist die Chinesin Yao Chen (rechts), die dort zusammen mit ihrem Sohn Linquan Chen serviert. (Foto: Joscha F. Westerkamp)

Seit gut zehn Jahren führt Yao Chen zusammen mit ihrem Sohn das chinesische Restaurant „Jackie Chan“ in Ramersdorf. Als sie es übernommen haben, war es ein typisch eingedeutschter Laden. Doch mittlerweile haben sie alles auf eine neue Zielgruppe umgestellt: Chinesen.

Von Gregor Scheu und Joscha F. Westerkamp

Wer im „Jackie Chan“ chinesisch essen geht, erhält auf der Verpackung der Essstäbchen eine Anleitung, wie man diese zu benutzen hat. Die wäre wohl selbst für die meisten deutschen Besucher überflüssig. Doch von denen gibt es dort generell nur wenig.

Zwei Deutsch sprechende Männer sitzen an einem Tisch im Eingang. Der Rest der Menschen in dem Restaurant an der Rosenheimer Straße spricht Chinesisch. Den ganzen Abend über strömen sie hinein, Grüppchen an Chinesen, die sich an große, reservierte Tische setzen und so laut miteinander reden, dass es durch das ganze Lokal schallt.

Vor der Tür halten mehrere Busse, die sie hinbringen, an diesem Tag sind es nur kleine, an anderen Tagen kommen auch mal zwei große Reisebusse direkt hintereinander. Die Autobahn ist nur eine gute Minute entfernt, das Münchener Stadtzentrum dafür deutlich weiter: Laufkundschaft gibt es kaum. Doch auf die ist die Inhaberin Yao Chen, 62, auch nicht angewiesen.

Sie ist chinesische Staatsbürgerin, lebt aber seit etlichen Jahren in Deutschland, ihr 31-jähriger Sohn Linquan Chen ist hier aufgewachsen. Zusammen mit seiner Mutter arbeitet er in dem Restaurant.

Vor gut zehn Jahren, erzählt er, hätten sie das Lokal übernommen. Damals sei es ein klassisch eingedeutschtes China-Restaurant mit vielen europäischen Kunden gewesen. Der Name „Jackie Chan“ ist geblieben.

Doch ansonsten ist seit der Übernahme nicht mehr viel gleich geblieben. Ein paar typisch deutsch-chinesische Gerichte stehen noch auf der Karte, gebratene Nudeln mit Gemüse zum Beispiel. Aber für die muss man weit blättern.

Nur wenige Hundert Meter trennen den Eingang des Restaurants von der Auffahrt zur Autobahn.
Nur wenige Hundert Meter trennen den Eingang des Restaurants von der Auffahrt zur Autobahn. (Foto: Joscha F. Westerkamp)
Qie Zi Bao: Auberginen mit Tofu.
Qie Zi Bao: Auberginen mit Tofu. (Foto: Joscha F. Westerkamp)

Davor kommen Gerichte wie „Qie Zi Bao“ (Auberginen mit Tofu), „Hui Guo Rou“ (gebratener Schweinebauch) oder „Ma Po Dou Fu“ (Tofu mit Hackfleisch). Und die werden hier standardmäßig geteilt. Die großen Gruppen an chinesischen Kunden haben teils zehn verschiedene Gerichte vor sich, von denen sich alle ein bisschen was in ihre Schälchen mit Reis nehmen. Manche Gerichte stehen dafür extra auf metallenen Töpfchen, die über einer kleinen Flamme den Abend lang warmgehalten werden.

Die Gerichte sind intensiv gewürzt. Selbst zum an sich recht faden Tofu empfiehlt es sich, eine große Menge Reis zu nehmen – wie in China. Diese Vertrautheit kommt an bei den meisten Gästen.

„Chinesen sind einfach ihr Essen gewöhnt“, sagt Linquan Chen. Chinesische Reisegruppen würden zwar auch in typisch deutsche Restaurants geführt: „Aber nach einer halben Schweinshaxe haben sie genug davon. Deutsches Essen schmeckt denen einfach nicht.“

Mit dieser Erkenntnis stellten die Chens ihre Karte zunehmend auf die chinesischen Gerichte um und bauten Verbindungen zu Reiseführern auf. Mittlerweile hätten sie auch feste Kooperationen mit Reiseagenturen, erzählt Linquan Chen, dann gebe es ein vorbereitetes Menü. Manche Chinesen fragten bei ihnen auch direkt über WeChat an, dem chinesischen WhatsApp.

Die vielen Reisegruppen setzen sie nun sogar als Verkaufsargument ein, für die Deutschen, einen Abend China nebenan quasi: „Zu Hochzeiten besuchen uns täglich mehr als 200 Touristen aus dem asiatischen Raum“, schreiben sie auf ihrer Website. Viele nicht asiatische Gruppen erreichen sie allerdings nicht. „Deutsche kommen sehr selten“, sagt Linquan Chen.

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Das „Jackie Chan“ ist nicht das einzige Restaurant in München, das auf die chinesischen Reisegruppen setzt. An der Einsteinstraße, gar nicht so weit entfernt, gibt es das „Mok Asia“. Als während Corona keine Touristen mehr dorthin kommen konnten, musste das ganze Konzept umgearbeitet werden. Die Inhaberin setzte süßsaure Schweinerippchen und Kartoffeln auf die Speisekarte, um wieder Deutsche anzulocken. Die süßsauren Rippchen gibt es immer noch, bestellbar per Lieferservice.

Auch bei ihnen im „Jackie Chan“ seien es längst nicht mehr so viele Reisegruppen wie vor der Pandemie, sagt Linquan Chen. Dafür setzen sie nun noch auf etwas anderes: ihre Lage, nah am Messegelände. Chinesische Geschäftsleute legten, anders als chinesische Touristen, ohnehin keinen Wert darauf, die deutsche Küche zu probieren.

Auch an diesem Abend ist eine Gruppe da, die offenbar direkt von einer Messe kommt: Sie trinkt besonders viel zum Essen. Auch das gehört in China dazu; auf Dienstreisen wird oft Alkohol getrunken. Die Heiterkeit der Gruppe beschallt das ganze Restaurant. Auf der Getränkekarte stehen chinesisches Bier und Reisschnaps. Aber als Yao Chen ein Tablett voller Getränke aufträgt, bietet das eine Überraschung: Serviert wird Helles vom Fass.

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