Münchner Momente:Von Kindern, Königen und Enten

Namen wollen sorgfältig gewählt sein, sie lassen sich später nur schwer ändern. Sollte die Stadt zufällig demnächst vor dem Problem stehen, gäbe es aber eine naheliegende Lösung.

Glosse von Thomas Anlauf

Jedes Kind braucht einen Namen. In München machen es sich die Eltern von Neugeborenen traditionell einfach. Buben heißen weitgehend Maximilian, bei den Mädchen war es lange die Marie oder Maria, jetzt liegen Emilia, Anna und Emma vorne, Marie rutscht auf Platz fünf. Das ist nicht sonderlich einfallsreich, da kann Bali locker mithalten. Dort gibt es in der Regel vier Vornamen für den Nachwuchs: Wayan, der Erste oder die Älteste, danach kommt Made oder Nengah, das "Kind in der Mitte", schließlich der oder die Jüngste. Wenn balinesische Eltern ein viertes Kind bekommen, ist es "das Ungewollte" oder "der Nachzügler". Jedes weitere Baby auf der indonesischen Insel hat Pech gehabt. Da geht die Namensvergabe wieder von vorne los.

Die meisten Menschen können sich ihre Namen nicht selbst aussuchen. König Charles III. konnte es, musste aber seinen Titel aus einem seiner vier Vornamen wählen - und hat mit seinen königlichen Namensvettern wenig Glück. Charles I. wurde 1649 hingerichtet, Charles II. sollte ermordet werden, doch er starb 1685 an einer Harnvergiftung. Die Welt wünscht Charles III. ein friedlicheres Schicksal. Eindeutig leichter bei der Namensgebung tun sich da beispielsweise Sportvereine. Das neue American-Football-Team aus München, das im kommenden Jahr in der European League of Football spielt, brauchte einen identitätsstiftenden Namen, und so verfielen die Verantwortlichen vor wenigen Tagen auf den Titel "Munich Ravens". Was an kreischenden Krähen so münchnerisch sein soll, erschließt sich nur bedingt, wo sich doch hier von Natur aus der Star in den einschlägigen Etablissements aufplustert. Vielleicht hätte sich die Truppe lieber "Munich Ducks" nennen sollen, nach den allgegenwärtigen Enten.

Die spielen im kommenden Frühjahr eine der Hauptrollen bei einem Großereignis. In der Kleinen Olympiahalle startet dann die Europa-Tournee zum hundertjährigen Bestehen des Walt-Disney-Imperiums - mit Kater Carlo, Goofy und Micky Maus. Natürlich dürfen auch ein tapsiger Erpel namens Donald Duck, seine nerdigen Neffen Tick, Trick und Track sowie natürlich der im Geld schwimmende Enterich Dagobert in der Ausstellung nicht fehlen. Ein Abbild der Münchner Gesellschaft eben. Falls die Stadt 2023 zufällig einen neuen Namen brauchen sollte, hier ist er: Wir nennen uns dann einfach Entenhausen.

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