Susanne Wess, 53, hat 150 Gutscheine für Pflegerinnen und Pfleger organisiert, die mit Covid-Patienten arbeiten. Sie sollen ein Dankeschön sein für Menschen, die in den vergangenen zwei Jahren beruflich besonders gefordert waren - und immer noch sind. Wess ist freie Autorin und arbeitet unter anderem als PR-Texterin und Reise-Journalistin. Sie hat ihre vielen Kontakte für diese Aktion genutzt und Voucher für Kino-Besuche und Abendessen gesammelt. Sogar Wochenenden in Wellness-Hotels, Urlaube in Yoga-Retreats und Hausboot-Reisen werden vergeben. An der Aktion haben mehrere hundert Mitarbeitende aus den vier Standorten der München Klinik teilgenommen. Die Gutscheine wurden dort unter Aufsicht von Betriebsratsmitgliedern verlost. Am Dienstagabend findet ein Charity-Dinner im Restaurant Acetaia statt. In diesem Rahmen will Wess Spender, Klinik-Mitarbeiter und noch andere Unterstützer zusammenbringen.
SZ: Frau Wess, gibt es einen persönlichen Grund, warum Sie sich beim Personal der Kliniken bedanken möchten?
Susanne Wess: Sie meinen, ob ich selbst infiziert im Krankenhaus lag? Nein, zum Glück nicht.
Was hat Sie dann motiviert zu der Aktion?
Was ich in den vergangenen Monaten in den Medien über die Situation in den Kliniken erfahren habe und vor allem von einer guten Freundin, die auf einer Covid-Station arbeitet, das hat mich auf die Idee gebracht. Sie war plötzlich spontan da. Mein Gedanke war, dem Pflegepersonal Genuss-Momente zu schenken, die sie sich sonst vielleicht nicht leisten würden.
Ende Januar verloste Susanne Wess die Gutscheine. Diese Woche findet nun ein Charity-Dinner statt.
(Foto: München Klinik)Sie haben bei vielen Reiseveranstaltern, Agenturen, Hotels und der Dehoga München angeklopft. In der Gastronomie und Reisebranche läuft es wegen der Pandemie gerade auch nicht besonders gut. Wie war die Resonanz?
Durch meine Arbeit kenne ich viele Leute, das hat mir Türen geöffnet. Die Rückmeldungen waren sehr, sehr positiv. Sonst hätte ich auch nicht mehr als 150 Gutscheine zusammenbekommen.
Warum durfte nur Pflegepersonal der München Klinik mitmachen?
Es ist mir schon klar, dass es noch in anderen Krankenhäusern in München und Umgebung Covid-Stationen gibt und das Personal dort genauso am Limit ist. Aber ich wollte den Beteiligten eine reelle Chance geben, etwas zu bekommen. Am allerliebsten würde ich natürlich jedem eine Reise oder ein Abendessen vermitteln. Ich glaube, das haben alle in der Pflege gerade verdient.
Das ist nicht Ihr einziges Projekt, in dem Sie sich ehrenamtlich engagieren. Was treibt Sie an?
Sie meinen das private Helfer-Netzwerk, das ich aufgebaut habe?
Ja, wollen Sie davon erzählen?
Das ist ein Zusammenschluss von Menschen verschiedenen Alters, die sich regelmäßig treffen und sich gegenseitig unterstützen. Es ist so eine Art Mehr-Generationen-Modell. Der Jüngste ist 40, die Älteste 96 Jahre alt. Dieses Netzwerk ist 2016 entstanden durch einen persönlichen Schicksalsschlag. Ich habe keine Geschwister und in diesem Moment standen mir ganz unerwartet Menschen zur Seite. Dieses tolle Erlebnis hat mich auf die Idee mit diesem Netzwerk gebracht. Gerade in großen Städten wie München kann man ziemlich einsam sein, wenn man keine große Familie hat.
Sie haben sich also selbst eine Großfamilie geschaffen?
So könnte man das sehen. Die Leute kommen aus allen Stadtteilen und haben ganz unterschiedliche Berufe. Ich habe es geschafft, diese Gruppe über die Corona-Zeit zu retten. Darauf bin ich ein bisschen stolz. Man kann sich ja derzeit nicht so einfach treffen. Das Schöne ist: Wenn man selbst etwas auf die Beine stellt und sich engagiert, dann findet man immer Menschen, die mitmachen. Wir können übrigens weitere Mitglieder brauchen. Und mehr Gutscheine für Pflegepersonal nehme ich auch noch gern.
Kontakt zu Susanne Wess unter www.wort-werkstatt.com