HIV-Prävention:"Die Tests aus der Tabuzone rausholen"

HIV-Test

Bei den Schnelltests muss kein Arzt mehr anwesend sein (Symbolbild).

(Foto: Britta Pedersen/dpa)

Die Caritas will mit einer Kampagne die HIV-Prävention stärken. Was sich die Leiterin der Aids-Beratungsstelle davon erhofft und wie Corona die Arbeit erschwert hat.

Interview von Tiana Zoric

Mit einer Plakatkampagne in der Münchner Innenstadt und einer Online-Aktion in den sozialen Medien will die Caritas auf die HIV-Prävention aufmerksam machen. Regina Lange-Rönning ist seit sechs Jahren Leiterin der Aids-Beratungsstelle, die nun auch als HIV-Teststation fungiert. Rund 180 Personen kommen jedes Jahr, um sich beraten zu lassen. Im Interview erklärt sie, was sie sich von der Kampagne erhofft und wie Corona die Arbeit erschwert hat - denn während der Pandemie mussten nicht nur Gastronomie und Freizeitbetriebe schließen, sondern auch HIV-Teststationen.

SZ: Ist die Gefahr durch die Infektionskrankheit HIV während der Corona-Pandemie in Vergessenheit geraten?

Regina Lange-Rönning: Ja, sicher ist HIV während der Pandemie weiter in den Hintergrund gerückt. Wir haben lange überlegt, ob wir zusätzlich zu Corona eine Kampagne zu einem anderen Virus starten sollen, haben uns dann aber doch dafür entschieden, da in den letzten Monaten viele öffentlichkeitswirksame Aktionen in der HIV-Prävention ausfallen mussten.

HIV-Prävention: Regina Lange-Rönning ist Leiterin der psychosozialen AIDS-Beratungsstelle der Caritas. Mit der Kampagne "Zeig HIV den Finger" will die Psychologin auf die HIV-Vorsorge und das Testangebot der Caritas aufmerksam machen.

Regina Lange-Rönning ist Leiterin der psychosozialen AIDS-Beratungsstelle der Caritas. Mit der Kampagne "Zeig HIV den Finger" will die Psychologin auf die HIV-Vorsorge und das Testangebot der Caritas aufmerksam machen.

(Foto: oh)

Wie hat die Corona-Pandemie Ihre Arbeit erschwert?

Die Beratung der Klienten, die wir schon kannten, lief weiterhin. Aber die Infektiolgie des München Klinikums in Schwabing wurde schnell zu einer reinen Corona-Station. Dann waren relativ schnell keine HIV-Patienten mehr da, die wir hätten beraten können. Normalerweise hatten wir in der Woche ein bis zwei Patienten.

Und wie war die Situation bei den Teststellen?

Viele Teststellen waren aufgrund der Überlastung wegen Corona geschlossen oder personell stark heruntergefahren. Als der Arztvorbehalt für den HIV-Schnelltest durch das Masernschutzgesetz fiel, sind wir so schnell wie möglich bei den Testungen mit eingestiegen.

Das heißt, jetzt muss beim Testen kein Arzt mehr dabei sein?

Bei den Schnelltests muss kein Arzt mehr anwesend sein. Wir haben zuerst Selbsttests angeboten, aber die sind sehr teuer, und die Leute müssen sich selbst in den Finger stechen. Jetzt testen unsere Mitarbeiterinnen. Fällt ein Test positiv aus, stellen wir jedoch keine Diagnose. Der Test wird dann ärztlich wiederholt beziehungsweise bestätigt.

Wie hoch ist denn die Hemmschwelle, zu Ihnen in die Beratung zu kommen?

Die kann tatsächlich immer noch sehr hoch sein. Es kommt immer auf den Einzelfall an. Ich treffe mich zum Teil auch mit den Betroffenen draußen im Café, weil sie nicht in die Beratungsstelle kommen wollen. Viele haben Angst, diskriminiert zu werden, wenn andere erfahren, dass sie HIV-positiv sind.

Weil HIV in der Gesellschaft immer noch negativ behaftet ist.

Ja. HIV generiert nach wie vor stereotype Bilder. Es sind immer noch dieselben alten Vorurteile, mit denen es die Betroffenen zu tun haben.

Dabei gibt es doch Medikamente, die das Virus im Zaum halten.

Genau. Es ist noch nicht angekommen, dass die Medikamente das Virus soweit in Schach halten, dass man andere nicht mehr anstecken kann. Die Menschen haben es nicht verinnerlicht, dass es hochwirksame Behandlungsmöglichkeiten gibt.

Wie läuft der HIV-Test genau ab?

Im Normalfall nimmt die Person zu uns Kontakt auf. Dann klären wir telefonisch oder per Mail, ob denn tatsächlich ein Risikokontakt vorliegt oder ein Test vielleicht gar nicht nötig ist. Falls doch, kommt die Person zu uns in die Beratungsstelle und wird von einer Mitarbeiterin getestet. Nach zehn Minuten ist das Ergebnis dann auch schon da. Wenn ein Test positiv ausfällt, begleiten wir die Menschen zu HIV-Schwerpunktpraxen. Aber nur, wenn sie das wollen.

Was erhoffen Sie sich von der Kampagne?

Ganz einfach: Prävention. Wir wollen damit wieder auf das Thema aufmerksam machen und die Tests aus der Tabuzone rausholen. Und auch Leute dazu motivieren, ihren eigenen Status wissen zu wollen, um im Falle schnell mit einer antiretroviralen Therapie einsteigen zu können.

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