Es braucht nur ein paar Mausklicks am PC, um bei einem Münchner Unternehmen medizinisches Cannabis zu bestellen – sehr zum Missfallen der Apothekerkammer, die jetzt mit Erfolg gegen die Firma in einem Zivilverfahren vor dem Landgericht München I geklagt hat. Unter anderem wandte sich die Klägerin dagegen, dass der Anbieter von medizinischem Cannabis eine telemedizinische Fernbehandlung anbietet, und zwar mit dem Ziel, sich eine Verschreibung für medizinisches Cannabis ausstellen zu lassen.
Nach Überzeugung der Apothekerkammer verstößt das Unternehmen auf seiner Website damit gegen das normierte Werbeverbot für Fernbehandlungen nach dem Heilmittelwerbegesetz. Denn es widerspreche „anerkannten, fachlichen Standards“, medizinisches Cannabis via Fernbehandlung zu verschreiben. Aber nicht nur dies, monierte die Apothekerkammer, sondern auch, dass einem Besteller bis zum Zeitpunkt der Bezahlung des Cannabis nicht mitgeteilt wird, um welchen Arzt es sich eigentlich handelt, der das Rezept ausstellt.
Nach Überzeugung der Apothekerkammer ein klarer Verstoß gegen Paragraf 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Außerdem kritisierte die Klägerin die Darstellung von Behandlungsmöglichkeiten mit medizinischem Cannabis auf der Website der Beklagten. Denn nach dem Heilmittelgesetz sei es unzulässig, für verschreibungspflichtige Arzneimittel gegenüber Endverbrauchern zu werben.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung hatte die Apothekerkammer vor der 4. Handelskammer am Landgericht München I gefordert, ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro anzuordnen.
Das beklagte Münchner Unternehmen indes hatte beantragt, die Klage abzuweisen. Unter anderem machte es deutlich, dass es auf seiner Website wiederholt und ausdrücklich darauf hinweise, dass jede Patientenanfrage vor einer Diagnose von einem Arzt begutachtet werde. Somit werde gewährleistet, dass eine Verschreibung nur auf der Grundlage einer „umfassenden Anamnese“ und einer ärztlichen Prüfung im Einzelfall ausgestellt werde.
Überdies sei jeder Kunde bei der Wahl der Apotheke, über die er die Produkte erhalte, frei – was die Apothekerkammer in ihrer Klage allerdings bestritt. Das Münchner Unternehmen wies allerdings den Vorwurf zurück, wonach auf seinen Websites ein eindeutiger Hinweis darauf fehle, in welchem Land die behandelnden Ärzte niedergelassen seien.
Die Richter der 4. Handelskammer indes überzeugten die Argumente des beklagten Unternehmens nicht. Sie gaben vielmehr der Klage der Apothekerkammer in vollem Umfang statt. In den Entscheidungsgründen ihres 14-seitigen Urteils stellen sie unter anderem fest, dass nur unter bestimmten Bedingungen für eine telemedizinische Fernbehandlung geworben werden dürfe.
Nämlich dann, „wenn nach allgemein fachlich anerkannten Standards ein persönlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist“. Nach Überzeugung der Kammer entspricht es jedenfalls nicht medizinischen Standards, wenn ein Medikament, das Suchtpotenzial habe und gerade bei jungen Patienten schon bei einmaligem Konsum Psychosen auslösen könne, ohne einen ärztlichen Kontakt verschrieben werde.
Und nicht zuletzt sieht das Gericht die „schwerwiegende Gefahr“, dass medizinisches Cannabis durch die Art und Weise, wie das beklagte Unternehmen dafür wirbt und zum Verkauf anbietet, zweckentfremdet verwendet werden könne. Gewissermaßen als Kiffen auf Rezept. Das Urteil der 4. Handelskammer ist noch nicht rechtskräftig.