Wenn es nicht so traurig wäre, dann könnten sie darüber lachen. Vielleicht müssen sie das sogar, um ihre Wahlergebnisse zu ertragen. „Manche verarschen mich, dass ich jetzt der wichtigste Mandatsträger der FDP in Bayern sei“, sagt Jörg Hoffmann, Fraktionsvorsitzender im Münchner Stadtrat, mit einem Lachen am Telefon. „Das weise ich aber weit von mir, wir haben ja noch die Bezirksräte.“
Doch der Humor kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die FDP in einer schwierigen Lage ist: Am Sonntag aus dem Bundestag geflogen, 2023 bereits aus dem bayerischen Landtag ausgeschieden – und kommendes Jahr wird auch in München gewählt. Bei der letzten Kommunalwahl holte die FDP nur 3,5 Prozent – zu ihrem Glück gibt es die Fünfprozenthürde auf kommunaler Ebene nicht. Einen Fraktionsvorsitzenden konnte die Partei aber nur wählen, weil sie die Bayernpartei dazuholte.
Das reiche München hat durchaus Bedeutung für die FDP: Wenn sie hier kein gutes Ergebnis erzielt, wo dann? Im Münchner Stadtrat sitzt die FDP mit drei Vertretern. „Der Stadtrat war immer stabil, da sitzen erfahrene Leute“, sagt Jennifer Kaiser, Vorsitzende der Münchner FDP. Sie selbst wolle nicht auf den vorderen Listenplätzen kandidieren – sie sei sich aber sicher, dass ihre Partei in München auch weiter gut vertreten sein werde.
Die Frage ist nur, wie die Liberalen das sicherstellen wollen. Bei der Bundestagswahl kam die FDP in München auf 6,1 Prozent der Zweitstimmen, bei der vorherigen Bundestagswahl 2021 war die Partei mit 13,7 Prozent noch zweistellig. Ein Verlust von 7,6 Prozentpunkten, aber immerhin noch über der Fünfprozenthürde.
Stadtrat Jörg Hoffmann versucht, das Ergebnis positiv zu interpretieren: „Selbst in diesen schlechten Zeiten haben wir in München 6,1 Prozent geschafft. Das ist unsere Kernwählerschaft. Unsere Aufgabe ist es jetzt, die zu mobilisieren, damit sie uns auch im März ihre Stimme geben.“ Sechs Prozent wären bei der Kommunalwahl ein super Ergebnis, damit bekämen sie fünf Sitze im Stadtrat, sagt Hoffmann. Nur: Viele ihrer Wähler nähmen die Kommunalwahl leider nicht so ernst, gibt Hoffmann zu.
Der Münchner FDP sind in Bund und Land einige Mandate verloren gegangen, da gibt es nun erfahrene Abgeordnete, die vielleicht nach neuen Aufgaben suchen. So machte das etwa der frühere bayerische Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch: Er kandidierte 2014 für den Stadtrat, nachdem es die FDP 2013 nicht in den Landtag geschafft hatte. Ob sich solch eine Geschichte wiederholt? Jennifer Kaiser ist sich da nicht sicher. „Jemand, der sich für Bundespolitik interessiert, hat nicht unbedingt ein Interesse an Kommunalpolitik.“ Vielleicht lasse sich der ein oder andere Kandidat aufstellen – bisher habe sich niemand bei ihr gemeldet.
Susanne Seehofer vielleicht? Sie hat einen prominenten Namen, hat nun vergeblich für Landtag und Bundestag kandidiert. Als Mitglied im Vorstand der Münchner FDP trat sie bei der Bundestagswahl auf Platz drei der Landesliste an – ein sicherer Platz, hätte es die FDP über die Fünf-Prozent-Hürde geschafft. Susanne Seehofer habe einen super Wahlkampf gemacht, sagt Jennifer Kaiser. „Sie wäre eine potenzielle Kandidatin für den Münchner Stadtrat. Natürlich wäre es toll, sie auf der Liste zu haben.“
Susanne Seehofer selbst möchte sich am Dienstag dazu nicht äußern. Es seien noch alle bedrückt, man müsse nun erst einmal intern sehen, was falsch gelaufen sei und wie es weitergehe.
Ein Ansatzpunkt: die sozialen Medien. „Vor vier Jahren waren wir sehr stark bei den jungen Wählern. Das haben wir komplett verloren“, sagt Jennifer Kaiser. „Wenn man sich ansieht, wie viele Follower AfD und Linke bei Tiktok haben, dann sieht man, was wir da an Potenzial liegen gelassen haben.“
Nicht nur bei den Wählern, auch bei den eigenen Leuten braucht es Nachwuchs, auch im Stadtrat, wenn die langjährige FDP-Stadträtin Gabriele Neff im kommenden Jahr aufhört. In dem desaströsen Ergebnis sieht Jörg Hoffmann die Chance auf einen Neuanfang. Er hofft, dass sich einige engagierte Wahlkämpfer für die Kommunalwahl aufstellen lassen – wenn sich der erste Frust gelegt hat.