Spendenaktion:"Die Idee mit den Buggys hat mich wie ein Blitz getroffen"

Spendenaktion: Mandy Hentschel nimmt gespendete Buggys in ihrem Kinder-Secondhand-Laden "Romy's Room" an. Jeden Abend bringt die Münchnerin sie zum Hauptbahnhof.

Mandy Hentschel nimmt gespendete Buggys in ihrem Kinder-Secondhand-Laden "Romy's Room" an. Jeden Abend bringt die Münchnerin sie zum Hauptbahnhof.

(Foto: Catherina Hess)

Mandy Hentschel organisiert Kinderwagen für Mütter aus der Ukraine und verteilt sie am Münchner Hauptbahnhof.

Von Sabine Buchwald, München

In ihrem Laden "Romy's Room" verkauft Mandy Hentschel gut erhaltende Secondhand-Kindermode. Seit neun Jahren ist das Geschäft in der Seitzstraße im Lehel auch ein Treffpunkt für Eltern, um Tipps rund ums Elternsein auszutauschen. Mandy Hentschel, 50, selbst Mutter von drei Töchtern, ist eine Frau, die anpackt, wo etwas zu tun ist. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine engagiert sie sich: Sie hat Flüchtende bei sich untergebracht und einen Aufruf über ihr Netzwerk gestartet, gebrauchte Buggys zu spenden. Die bringt sie nach Ladenschluss an den Hauptbahnhof, wo derzeit täglich viele Mütter mit kleinen Kindern ankommen. Wie viele Buggys sie mittlerweile verteilen konnte? Mandy Hentschel rechnet bei dem Gespräch am Telefon laut nach und kann doch keine genaue Zahl nennen. Täglich seien es so fünf bis zehn, sagt sie dann. Am Mittwoch waren es sogar 17.

SZ: Frau Hentschel, wie kamen Sie auf die Idee mit den Buggys?

Mandy Hentschel: Vor zwei Wochen habe ich Klamotten und Bettdecken zusammengepackt und sie zusammen mit meiner Schwester zum Hauptbahnhof gefahren. Als ich die Situation dort gesehen habe, bin ich erst mal wieder auf die Straße raus und habe geheult. Dann habe ich mir eine Zigarette angezündet und gesagt: Hier muss geholfen werden.

Viele Münchner wollen helfen, aber nicht alle wissen wie.

Ich habe mich am Hauptbahnhof umgeschaut und bei den Helfern nachgefragt, was man tun könnte. Am Anfang ging es vor allem darum, Übernachtungsplätze zu beschaffen. In diesen ersten Tagen habe ich mich in mein Auto gesetzt und bin nächtelang zu Hotels oder Privatadressen gefahren. Die Idee mit den Buggys hat mich wie ein Blitz getroffen, als ich die Kinder gesehen habe, die müde und tapfer auch noch morgens um drei Uhr auf ihren eigenen kleinen Füßen standen.

Wo bekommen Sie die Kinderwagen her?

Ich bin über meinen Laden mit vielen Familien verbunden und habe einen Aufruf über die sozialen Medien gestartet. Es ist unglaublich, wie viele Leute in ihren Kellern Buggys stehen haben. Vielleicht, weil sie denken: zu schade zum Wegwerfen. Da sind teure Marken dabei.

Wie reagieren die ukrainischen Mütter auf Ihr Angebot?

Manche lehnen erst mal ab oder fragen: "How much?" Ich sage dann: "It's for free, der Buggy ist umsonst. It's for your Baby." Wenn sich die Kinder reinsetzen und plötzlich etwas Fröhlichkeit in ihren Augen haben, dann ist das jedes Mal ein schöner Moment für mich.

Und ein Stückchen Gewohnheit für die Kinder?

Ja, vielleicht etwas, das sie von zu Hause kennen. Vor allem aber ist so ein Kinderwagen eine Entlastung für die Eltern. Weiß man ja, wenn man selber Kinder hat.

Stimmt es, dass einige der Buggys gestohlen wurden?

Ich bin fast ausgeflippt, als ich das bemerkt habe. Bahnhöfe sind wahrscheinlich fast überall auf der Welt Orte, an denen Diebe unterwegs sind. Mit Hilfe der Polizei habe ich die Buggys wieder zurückbekommen. Es waren zwölf Stück. Jetzt haben wir ein Auge drauf. Was nicht verteilt wird, wird nun eingeschlossen.

Werden Sie die Aktion weitermachen?

Auf jeden Fall, der Bedarf ist ja da. Aber ohne die Leute, die mir ihre gebrauchten Buggys bringen, geht es nicht. Ich hatte nur die Idee.

Aber Sie kümmern sich um die Verteilung.

Na ja, man hilft halt, wo man kann.

"Romy's Room" in der Seitzstraße 13 hat montags von 10 bis 16 Uhr, dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr und an Samstagen von 10 bis 14 Uhr geöffnet. https://romysroom.de/

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