Bürgerbegehren:Stadtrat könnte noch einmal über Grünflächen abstimmen

Lesezeit: 2 Min.

Zu früh gefeiert? Die Übernahme des Bürgerbegehrens im Stadtrat steht auf der Kippe. (Foto: Lorenz Mehrlich)

Die Regierung von Oberbayern hält die Übernahme des Bürgerbegehrens wegen einer entscheidenden Änderung für nicht vollzogen. Wie es nun weitergeht, ist unklar.

Von Heiner Effern und Anna Hoben

Vergangene Woche hat der Stadtrat mit breiter Mehrheit das Bürgerbegehren "Grünflächen erhalten" übernommen: Die Stadt soll demnach künftig alles unternehmen, damit in München keine Wiesen und Parks mehr bebaut werden. Doch nun könnte die Abstimmung wiederholt werden. Denn die Regierung von Oberbayern als zuständige Aufsichtsbehörde vertritt in einem Schreiben an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) die Auffassung, dass die Übernahme so, wie sie stattgefunden hat, nicht vollzogen ist.

"Ich fühle mich durch die Rechtsmeinung der Regierung bestätigt, freuen kann ich mich darüber allerdings nicht", sagte Reiter. Die Abstimmung sei "ein Schlag ins Gesicht" der Initiatoren und aller Bürgerinnen und Bürger gewesen, "die sich schon sicher gefühlt haben, dass ihr Bürgerbegehren übernommen wurde". Am 1. März will Reiter den Stadtrat nun erneut mit dem Thema befassen. Er appellierte am Donnerstag an die Grünen und die CSU, sich genau zu überlegen, wie sie sich dann verhalten wollen - "und das Bürgerbegehren entweder mit allen Konsequenzen zu übernehmen oder die Bürgerinnen und Bürger selbst entscheiden zu lassen".

Allerdings nennt die Regierung von Oberbayern noch eine dritte Möglichkeit, die OB Reiter in seiner Pressemitteilung nicht anführte, in einem Schreiben an die Fraktionen aber schon: Die Vertreter des Bürgerbegehrens geben sich "auf Anfrage mit der teilweisen Erledigung zufrieden und ziehen den Antrag zurück". Dann müsste der Stadtrat nicht noch einmal abstimmen und das Bürgerbegehren bliebe - mit der Einschränkung - übernommen.

Die Fraktionen von Grünen/Rosa Liste, CSU/Freie Wähler, ÖDP/München-Liste und Die Linke/Die Partei hatten in der Vollversammlung am Mittwoch vergangener Woche dafür gestimmt, das Bürgerbegehren zu übernehmen. SPD/Volt sprach sich dagegen aus, ebenso FDP/Bayernpartei und die AfD. Grüne und CSU hatten mit einem Änderungsantrag aber durchgesetzt, dass bereits begonnene Verfahren ausgenommen werden. Wo die Stadt bereits konkret neue Schulen oder Wohnungen plant, sollen nach ihrem Willen also auch in Zukunft Grünflächen bebaut werden können.

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Genau da liegt der Knackpunkt. In der Stadtratssitzung hatte OB Reiter die Ansicht vertreten, dass dieser Passus die Übernahme des Bürgerbegehrens insgesamt in Frage stellen könnte, und eine juristische Prüfung angekündigt. Nun hat die Regierung von Oberbayern diese Einschätzung bestätigt.

Die ÖDP hält dies für nicht ausschlaggebend. "Für uns ist das Bürgerbegehren trotzdem angenommen", sagte Fraktionschef Tobias Ruff, der auch einer der Sprecher des Bürgerbegehrens ist. Der Stadtrat habe nämlich zwei Anträge beschlossen: einmal den von CSU und Grünen, einmal den der Fraktion ÖDP/München Liste. Diese hätten sich im Wesentlichen nur darin unterschieden, dass die ÖDP den strittigen Passus nicht zur Abstimmung gestellt habe. Sollte der Oberbürgermeister die Übernahme nicht anerkennen, werde er seinerseits die Regierung anrufen, kündigte Ruff an. Er deutete zudem an, dass er den einschränkenden Kompromiss nicht mittragen möchte und eine Rücknahme des Begehrens kritisch sieht.

Die Grünen und die CSU wollen abwarten, wie sich die Vertreter des Bürgerbegehrens zur möglichen Rücknahme und damit zur Anerkennung des jetzigen Beschlusses positionieren. "Der Ball liegt rechtlich nun bei den Initiatorinnen und Initiatoren", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Sie betonten zudem, dass sie die Grundidee des Bürgerbegehrens weiter teilten, ihnen aber auch wichtig sei, "dass es bei bestehenden Bauleitplanverfahren im Wohnungs- und Schulbau zu keinen Einschränkungen kommt". Für die Fraktion SPD/Volt ändere sich grundsätzlich nichts, sagte ihr Vorsitzender Christian Müller, sie bleibe bei der Ablehnung. "Warum sollten wir unsere Haltung ändern? Der Blödsinn wird dadurch nicht besser."

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